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Alles neu: Elektronische Zustellung

Umfassende Systemänderungen mit 1.12.2019, weitreichende Verpflichtung zur Nutzung mit 1.1.2020

Die elektronische Zustellung als Ersatz für nachweisliche Sendungen (RSa, RSb) gibt es schon seit vielen Jahren, jedoch konnte sich diese – ganz im Gegensatz zur Handysignatur – bis dato nicht so recht durchsetzen. Mit einer weitreichenden Änderung des E-Government-Gesetzes und des Zustellgesetzes nahm der Gesetzgeber vor zwei Jahren – konkret mit dem Deregulierungsgesetz 2017 (BGBl. I Nr. 40/2017) – einer Sammelgesetzesnovelle – einen neuerlichen Anlauf, um das System der „E-Zustellung“ in die Fläche zu bringen; diesmal mit Maßnahmen, die einen Erfolg quasi gesetzlich verordnen!

Verpflichtung zur Teilnahme an der E-Zustellung für Behörden und Unternehmen: Im E-Government-Gesetz wurden zwei maßgebliche Erweiterungen vorgenommen, die zu einer weitreichenden Nutzung des Systems der E-Zustellung verpflichten:

1.    Ein neuer § 1a verankert für „jedermann in den Angelegenheiten, die in Gesetzgebung Bundessache sind, ein Recht auf elektronischen Verkehr mit den Gerichten und Verwaltungsbehörden“. Gemäß § 24
Abs. 5 zweiter Satz E-GovG tritt diese Regelung nach einer zweijährigen Übergangsfrist nunmehr mit 1.1.2020 in Kraft. In der Praxis bedeutet das, dass bei allen behördlichen Verfahren auf Grundlage von Bundesgesetzen ein Anrecht auf eine elektronische Abwicklung der Interaktion mit der Behörde besteht. Dies betrifft den gesamten Verkehr, also sowohl die Antragstellung als auch die Kommunikation im laufenden Verfahren und eben auch die Übermittlung von Erledigungen in einer der vom Zustellgesetz normierten elektronischen Formen. Im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung und allen übrigen Verfahren, bei denen Bundesrecht direkt angewandt wird, trifft diese Neuregelung sowohl Bund, Länder als auch Städte, Gemeinden und alle Beliehenen, also jene Organisationen, die quasi als „verlängerter Arm“ einer Behörde aktiv werden.

Aus den Erläuterungen zum Deregulierungsgesetz 2017 geht auch klar hervor, dass dem Gesetzgeber in seiner Intention lediglich downloadbare Formulare zu wenig sind und mit „elektronischem Verkehr“ Online-Verfahren sowie E-Zustellung lt. Zustellgesetz gemeint sind.

2.    Ein ebenfalls neues § 1b E-Government-Gesetz verpflichtet weiters alle Unternehmen zur Teilnahme am System der E-Zustellung. Bestand bisher ein Opt-Out-Recht, endet diese Übergangsfrist ebenfalls mit 31.12.2019. Das E-GovG. stellt dabei auf den Unternehmensbegriff gem. Bundesstatistikgesetz 2000, § 3 Z 20 (BGBl. I Nr. 193/1999) ab, somit sind von der weitreichenden Verpflichtung alle natürliche Personen (z. B. freie Dienstnehmer, freiberuflich Tätige), juristische Personen, Personengesellschaften, Personengemeinschaften und Personenvereinigungen betroffen.

Eine Ausnahmeregelung gilt nur für jene Unternehmen,
a.    die nicht über die dazu erforderlichen technischen Voraussetzungen bzw. keinen Internet-Anschluss verfügen oder
b.    die wegen Unterschreiten der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind.

Wahl der elektronischen Zustellform: Handelt es sich um ein Verfahren im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung oder auf Grundlage von Bundesrecht und wird von einem Antragsteller/einer Antragstellerin eine elektronische Abwicklung gewünscht, so sind behördliche Erledigungen auch elektronisch zuzustellen. Die Form der E-Zustellung hängt von der jeweiligen Formerfordernis im Verfahren ab. Muss im Verfahren eine Sendung nachweislich übermittelt werden, so ist jedenfalls dafür das System der E-Zustellung zu nützen. Nicht nachweisliche Sendungen können auch über alternative (allerdings elektronische) Übermittlungsformen, die das Zustellgesetz vorsieht, versandt werden.

Welche alternativen elektronischen Übermittlungsformen sieht das Zustellgesetz vor? Neben der E-Zustellung über einen der zugelassenen Zustelldienste (§ 30 ZustellG., als elektronisches Äquivalent zur eigenhändigen Zustellung und optional auch für nicht-nachweisliche Zustellungen) kennt das Zustellgesetz die Übermittlung an eine elektronische Zustelladresse (§ 37 Abs. 1 ZustellG., im Prinzip jede Form von E-Mail-Versand unter Beachtung der Einschränkung des § 2 Z 5 ZustellG), die unmittelbare elektronische Ausfolgung (§37a ZustellG., jeder Übermittlungsvorgang im Rahmen einer elektronischen Session, wenn also ein Antrag eine unmittelbare – meist automatisierte – Erledigung nach sich zieht) und die Übermittlung über das sogenannte „Kommunikationssystem der Behörde“ (§ 37 ZustellG., darunter werden behördeneigene Zustellapplikationen verstanden).

Weitreichende Änderung des Systems hinter der E-Zustellung ab 1.12.2019. Neben dieser recht weitreichenden Verpflichtung zur Nutzung der E-Zustellung wurde das System dahinter ebenfalls deutlich verändert und gelangt ab 01.12.2019 zur Anwendung. Mussten Behörden früher Sendungen dem jeweiligen (zugelassenen) Zustelldienst übermitteln, bei dem sich EmpfängerInnen registriert hatten, so erfolgt die Übermittlung nun zentral an ein neues „Anzeigemodul“ des Bundes, also quasi eine Art „staatliche Mailbox“ für BürgerInnen und Unternehmen. Alle Zustelldienste sind verpflichtet, übernommene Sendungen an dieses „Anzeigemodul“ zu melden. SendungsempfängerInnen erhalten per E-Mail eine Verständigung vom Anzeigemodul und können ihre Sendungen auch über dieses abholen.

Aber auch der potenzielle Empfängerkreis wurde deutlich erweitert – und zwar nicht nur durch die gesetzlichen Verpflichtungen zur Nutzung der E-Zustellung, sondern durch eine weitere Verpflichtung zur Übertragung von bereits registrierten AnwenderInnen sogenannter „Kommunikationssysteme der Behörden“, und auch der Databox von Finanz-Online in ein neues, zentrales Teilnehmerverzeichnis. Zu einer deutlichen Vergünstigung des Zustelltarifs, der schon bisher nur die Hälfte des Standard-Briefportos zuzüglich USt. ausgemacht hat, wird der Wegfall der gesetzlichen Preisbindung für den Versand elektronischer Zustellstücke über elektronische Zustelldienste führen. Der Tarif unterliegt nun den freien Marktkräften. Allerdings fallen für erfolgreiche Einlieferungen in das Anzeigemodul ab einem definierten Schwellwert geringe Kosten gegenüber dem Bund an.
Mit all diesen Maßnahmen – von der gesetzlichen Verpflichtung zur Nutzung der E-Zustellung über eine empfängerseitige Zentralisierung des Zustellpostkastens, eine Reduktion der Kosten für die versendenden Behörden durch Freigabe der bis dato gesetzlichen Preisbindung bis hin zu einer Erweiterung des Empfängerkreises durch verpflichtende Bündelung von (in diversen Systemen) registrierten EmpfängerInnen in einem zentralen Teilnehmerverzeichnis – wurden seitens des Bundes die Voraussetzungen geschaffen, um die E-Zustellung doch noch zu einem Erfolg zu bringen. Man wird sehen, ob das ambitionierte Vorhaben gelingt …!

 

Gastbeitrag

Dr. Ronald Sallmann
Beauftragter für Digitalisierung,
E-Government und IKT
des Österreichischen Städtebundes