Die VRV 2015 ist also nun angekommen. Seit Anfang Jänner arbeiten alle Gemeinden nach den neuen Regeln mit neuen Softwareapplikationen. Nach den Maßnahmen zum Voranschlag 2020 und zur Eröffnungsbilanz ist jetzt die Zeit, die Prozesse rund um das Rechnungswesen unter die Lupe zu nehmen und auf Effizienz und Digitalisierungsmöglichkeiten zu prüfen.
In vielen Bereichen ist die digitale Transformation bereits angekommen. Gerade der Bereich des Rechnungswesens ist für Digitalisierung aufgrund der zunehmenden Automatisierung der Abläufe einfach zugänglich. Neben Einsparungspotenzialen, Steigerung der Effizienz und Steigerung der Arbeitsqualität stellt sich aber auch die Frage nach der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes einer zukünftigen Buchhalterin und eines Buchhalters. Der Ablauf im Rechnungswesen ist in vielen Gemeinden noch nach einem klassischen Schema aufgebaut:
Rechnungen kommen mit der Post oder per Mail, werden ausgedruckt und in Ordnern abgelegt. Die materielle und rechnerische Richtigkeit der Rechnung wird manuell überprüft. Die ordnungsgemäße Leistung oder Lieferung wird ebenso manuell dokumentiert. Die Rechnungsdaten werden auch manuell in das jeweilige Buchhaltungssystem eingepflegt.
Eine der Anforderungen an das Rechnungswesen einer Gemeinde ist auch die schnelle und effiziente Bereitstellung von Daten und die Erfordernis, Entscheidungen vorbereiten zu können. Diese Entscheidungen – z.B. der Zeitpunkt von Investitionen oder die Beschaffung von Arbeitsmitteln und Dienstleistungen – sollte auf validen Fakten und zuverlässigen Auswertungen basieren. Wenn daher Belege automatisch verarbeitet werden und die Bankenstände durch die digitale Verarbeitung einen tagesaktuellen Status haben, können derartige Entscheidungen verantwortlich und nicht „aus einem Gefühl heraus“ getroffen werden. Folgende Prozesse sind der Automatisierung und damit der Erhöhung der Informations- und Datensicherheit zugänglich:
• Elektronische Beschaffung – Purchase-to-Pay-Prozess
• Rechnungsausstellung – Order-to-Cash-Prozess
• Archivierung von Belegen
Elektronische Beschaffung. Dieser Prozess umfasst alle Tätigkeiten, die in Zusammenhang mit dem Einkauf von Waren oder Dienstleistungen anfallen, daher die Funktionskette Bestellung – Erfassen des Wareneingangs – Verbuchung der Eingangsrechnung – Bezahlung des Lieferanten. Es handelt sich um einen Prozess, der eine hohe Affinität für Automatisierungen birgt, aber erfahrungsgemäß einen geringen Digitalisierungsgrad aufweist. Dies kann mit der nach wie vor hohen Anzahl an Rechnungen in Papier oder nicht lesbaren Scans erklärt werden.
Neue Technologien, wie OCR (Optical Character Recognition) – Erkennung oder e-Rechnungen, bringen ein deutliches Potenzial zur automatisierten Erfassung von Rechnungsdaten in den Systemen. OCR hat sich in den letzten Jahren im Rechnungswesen-Bereich als gut genutztes System etabliert, da es sich durchwegs eignet, um Informationen auszulesen und automatisiert weiterzuverarbeiten. Aufgrund der noch immer vorhandenen Fehlerquote wird es aber oft nur als Zwischenschritt anerkannt. E-Rechnungen bringen hier eine deutliche Verbesserung der Datenqualität. Die bestehenden Systeme über e-rechnung.gv.at und die PEPPOL-Transport-Infrastruktur stellen erprobte Datenübertragungsverfahren für die Einbringung elektronischer strukturierter Rechnungen (e-Rechnungen) an die öffentliche Verwaltung und Unternehmen dar. Der Prozess der Rechnungsbearbeitung kann dadurch sowohl bei den Rechnungsstellern als auch bei den Rechnungsempfängern optimiert und auch automatisiert werden.
Unsere Erfahrung auch bei größeren Gemeinden zeigt, dass die Einrichtung eines digitalen Workflows und Prozesses zur Beschaffung und Freigabe der Eingangsrechnungen noch keine Selbstverständlichkeit ist. Gerade ein digitaler Workflow im Prozess Puchase-to-Pay gehört bei vielen Unternehmen – auch solchen der öffentlichen Hand – durchwegs schon zum Alltag. Eine derartige Investition sollte daher auch für Ihre Gemeinde überlegt werden.
Workflows und Archivierung von Belegen. Um die Prozesse und Abläufe optimal und effizient zu gestalten, ist zu empfehlen, alle Rechnungen auch elektronisch zu archivieren. Ein elektronisches Archiv ist ein System, bei dem Informationen und Dokumente ausschließlich auf einer Hardwarekomponente gespeichert werden. Wesentliche Komponenten solcher Dokumenten-Management-Systeme sind neben einem Ablagesystem zur gesicherten Speicherung derartiger Daten und Dokumente auch die Einrichtung von Workflows zur Abbildung von Freigabe- und Genehmigungsprozessen.
Eingehende Papierrechnungen können elektronisch aufbewahrt werden, wenn die vollständige, geordnete, inhaltsgleiche und urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist (revisionssichere Archivierung).
Ausgangsrechnungen, die mithilfe eines EDV-Systems ausgestellt werden, müssen nicht nochmals ausgedruckt werden. Das Einscannen und Abspeichern von Rechnungen im PDF-Format ist für die revisionssichere Archivierung jedoch zu wenig, da jede einzelne Datei verändert, gelöscht oder deren Reihenfolge geändert werden kann. Echtheit der Herkunft der elektronischen Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit sind nach § 11 Abs. 1 und Abs. 1a UStG die Voraussetzungen für das Vorliegen einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden elektronischen Rechnung. Dies haben sowohl LeistungserbringerIn und LeistungsempfängerIn unabhängig voneinander in ihrem jeweiligen Verfügungsbereich sicherzustellen.
Die Archivierung von Dokumenten ist auch die Basis für die Abbildung von Arbeitsprozessen. Die Erledigung von Geschäftsprozessen kann dadurch in unmittelbarem Zusammenhang mit den entsprechenden Dokumenten gestaltet werden, wodurch der Zugang zu den dafür notwendigen Daten allen erforderlichen Stellen und Personen zur Verfügung gestellt werden kann. Die Erledigung von Aufgaben, Freigaben und Zahlungen wird damit in logischer und zeitlicher Abfolge durch einen hinterlegten Arbeitsablauf unterstützt.
Fazit. Die vorhandenen Systeme, Ressourcen und die verfügbare Technik ermöglichen auch im Bereich des Rechnungswesens und der Finanzwirtschaft die Abwicklung von Prozessen, wie dies im elektronischen Rechtsakt auch schon länger in Verwendung ist. Die Implementierung der VRV 2015 kann als Start einer Digitalisierungs- und Automatisierungsinitiative genutzt werden.