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Umwelt, Klimaschutz, Nachhaltigkeit – Begriffe die immer mehr in den gesellschaftspolitischen Fokus rücken, und kaum wo geht es noch ohne sie. Mit dem Nationalen Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung (kurz: NAP-NaBe) erhält die Thematik nun auch verstärkt Einzug in das öffentliche Vergaberecht. Und das mit weitgehenden Auswirkungen!
Die ursprünglich grundlegende Idee des Vergaberechts, der Sicherung des fairen (europäischen) Wettbewerbs, der Hintanhaltung von Korruption und der effizienten Nutzung öffentlicher Mittel ist mittlerweile selbstverständlich. Sie wird zunehmend um Regelungen erweitert, durch die das umfassende Volumen der staatlichen Beschaffung genutzt werden soll, um die Wirtschaft in nachhaltigere Bahnen zu stoßen. So begründet die EU-Kommission die, von uns bereits in der vorletzten Ausgabe ausführlich behandelte, „Clean-Vehicles-Directive“ – die Verpflichtung zur Beschaffung umweltfreundlicher Fahrzeuge im öffentlichen Bereich – klar mit dem Ziel, „den Markt für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge zu fördern und zu beleben“ – ein klares Bekenntnis zu einer interventionistischen Wirtschaftspolitk der Europäischen Union.
In dasselbe Horn stößt nun auch die österreichische Bundesregierung mit dem Nationalen Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung, der vom Umweltministerium gemeinsam mit der Bundesbeschaffungsgesellschaft erarbeitet wird. Dies mit ebengleicher Argumentation: „Mit einem Anteil von ca. 14 % des BIP ist die öffentliche Beschaffung ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Österreich. Diesen Hebel gilt es für eine nachhaltige Zukunft nutzbar zu machen.“ Wenngleich die Grundlagen bereits im Jahre 2010 aufgestellt wurden, stellt das aktuelle Regierungsprogramm erneut auf regionale sowie ökosoziale Vergabekriterien ab und veranlasst die Überarbeitung des Aktionsplans.
Doch was genau ist der „Aktionsplan“? Der Staat möge als Vorbild dienen – so die Devise. Bereits 2010 ausgearbeitet, wird der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung nun durch die neu gegründete Plattform „Nachhaltige Beschaffung“ detailliert überarbeitet und für eine verbindliche Umsetzung katalogisiert. Dem Begriff der Nachhaltigkeit im Beschaffungsprozess werden im Allgemeinen drei Kategorien zugeordnet:
• Umweltverträglichkeit – Ziel ist der Fokus auf geringe CO2-Emissionen, Energieeffizienz, Recycling und Abfallvermeidung sowie Tierwohl.
• Soziales – zu achten ist auf Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, ordnungsgemäße Entlohnung, die Unterbindung von Zwangs- und Kinderarbeit sowie die Förderung von Diversität.
• Wirtschaftlichkeit – es geht um gute Qualität, regionale Lieferanten, Wettbewerbsförderung und Geldwäscheverhinderung.
Die Umsetzung dieses Katalogs soll im Rahmen der Möglichkeiten des bestehenden Vergaberechts geschehen und richtet sich in erster Linie an Einrichtungen des Bundes, ist allerdings als Empfehlung für alle anderen öffentlichen Auftraggeber zu verstehen. Insbesondere mit Blick auf § 20 Bundesvergabegesetz 2018, der die Bedachtnahme auf Umweltkriterien bereits im Grundsatz vorschreibt, ergibt sich allerdings auch die Relevanz des Aktionsplans für die übrigen normunterworfenen Auftraggeber.
Wie geht es weiter? Der vergaberechtliche Trend in Richtung Nachhaltigkeit in verschiedensten Aspekten gewinnt an Fahrt. Zunächst wird voraussichtlich mit August das Straßenfahrzeugbeschaffungsgesetz schlagend werden, welches bis auf wenige Ausnahmen Mindestquoten bei der Ausschreibung CO2-neutraler Fahrzeuge einführen wird, eine Entwicklung, die sich bis zum Ende des Jahrzehnts deutlich verstärken wird. Ebenso wird die Beschlussfassung des Aktionsplans NaBe noch für die erste Jahreshälfte mit Verbindlichkeit für den Bund erwartet. Insoweit sich dies als praktikabel erweist, wird wohl auch eine Ausweitung für die übrigen öffentlichen Auftraggeber nicht auszuschließen sein. Mit Sicherheit können wir jedenfalls davon ausgehen, dass der Faktor Umwelt auch im Vergabewesen verstärkt in Erscheinung treten wird und der Gesetzgeber hier sowohl auf nationaler wie auf europäischer Ebene weiter aktiv sein wird; dies mit all seinen Implikationen für die jeweiligen Beschaffungsvorgänge.
Rechtstipp
von Prof. Dr. Michael Breitenfeld und Mag. Robert Ertl, Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG
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