Das zehnte große Ranking der 250 bonitätsstärksten Gemeinden Österreichs, dem public in Zusammenarbeit mit dem KDZ jährlich seine Sommer-Sonderausgabe widmet, steht heuer – wenig überraschend – im Zeichen der Pandemie. Damit die Krise die Daseinsvorsorge, das öffentliche Leben und die öffentlichen Haushalte nicht wie ein zerstörerischer Vorschlaghammer trifft, sind große Kraftakte gefordert – von Bund, Ländern und nicht zuletzt von den Gemeinden selbst. Die Sieger-Gemeinden 2021 sind Leuchttürme der Resilienz, um die sich in den kommenden Jahren alles dreht.
Von Alexandra Keller
Sie ist das Gebot der Stunde wie der Zukunft. Und das auf vielen, wenn nicht allen Ebenen des Lebens, das die Corona-Pandemie in ihrem Takt stoppte, auf den Hintern fallen und auf heimtückische Weise durcheinandergeraten ließ. Resilienz. Mag das Wort dem einen oder der anderen auch schon ein wenig auf die Nerven gehen, so steckt darin nicht nur ein hipper Begriff, der seit ein paar Jahren durch die Welt der ökonomischen Theorien und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen wabert.
Resilienz leitet sich vom lateinischen resilire ab und wird beispielsweise mit zurückprallen übersetzt. Physikalische Materialforscher verbinden Resilienz mit der Eigenschaft eines Materials, nach einer extern herbei geführten Deformation wieder die ursprüngliche Form einnehmen zu können. Für die ökonomischen Schocks im Ausmaß der Pandemie greift diese Definitionsanleihe möglicherweise zu kurz, weil fraglich ist, ob es ein Zurück zur Zeit vor der Pandemie geben wird. Wobei die Frage, ob es überhaupt ein Zurück geben soll, auch ihre Berechtigung hat. Angesichts der Stärken der Gemeinden bei der Bewältigung des Krisenalltags etwa. Und angesichts dessen, dass diese Stärken im Kräfteparallelogramm der österreichischen Gebietskörperschaften kaum Niederschlag finden.
„Resilienz lässt sich mit ‚Widerstandsfähigkeit‘ oder auch der ‚Kraft, sich Herausforderungen und Veränderungen zu stellen und sie zu meistern‘ übersetzen. Gemeinden sind es seit Jahrzehnten gewohnt, mit verschiedenen Veränderungen umzugehen“, findet Alfred Riedl, Präsident des österreichischen Gemeindebundes eine stimmigere, lebensnähere Definition von Resilienz und verweist auf die traditionelle Krisenfestigkeit der österreichischen Gemeinden.
Unterschiede in den Gemeinden. 2.095 Gemeinden sind es und ihre Ausgangslagen waren und sind – mit wie ohne Corona – höchst unterschiedlich. „Gemeinden in den Ballungszentren haben mit steigenden Preisen und rasch steigenden Einwohnerzahlen zu kämpfen und Gemeinden in den ländlichen Regionen sorgen sich um Abwanderung und Landflucht. Begehrte Tourismusregionen ärgern sich über zu hohe Freizeit- oder Zweitwohnsitzerzahlen, während manche Gemeinden froh wären, wenn ein Zweitwohnsitzer ein leer stehendes Haus – wenn auch nur zeitweise – wieder beziehen würde. So vielfältig wie alle 2.095 Gemeinden, so spezifisch muss die lokale Resilienz ausgeprägt sein“, sagt Präsident Riedl und betont: „Was aber für alle Gemeinden gleichermaßen gilt, ist die finanzielle Ausstattung der Gemeinden und die Gewährleistung der Daseinsvorsorge.“
Angesichts der von Riedl beschriebenen, ziemlich schönen Vielfalt der österreichischen Gemeinden wird klar, dass es kein allgemeingültiges kommunales Resilienz-Rezept geben kann. Wohl aber ist die Daseinsvorsorge eine Marke und es gibt Parameter, die anzeigen, wie die Gemeinden finanziell „dastehen“.
Das Gemeinderanking. Die Bonität einer Gemeinde ist durchaus ein Gradmesser für ihre Resilienz und ihre Urkraft, die an sich schon höchst diffizilen Anforderungen und auf dieser Basis auch eventuelle Veränderungen positiv zu meistern. Und die Bonität der Gemeinden ist es, die public in Zusammenarbeit mit dem KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung – seit zehn Jahren in den sommerlichen Fokus der kommunalen Aufmerksamkeit rückt. Um die 250 besten, also bonitätsstärksten Gemeinden Österreichs vor den Vorhang zu holen, weil sie in diesem Härtetest aus der Gemeinschaft der 2.095 Gemeinden herausstechen. Die Bundeshauptstadt Wien wird nicht gereiht. Sie ist diesbezüglich nicht zu vergleichen und schlicht zu groß, um mit ihren umfassenden Aufgaben und ihren rund 1,9 Millionen Einwohnern in Relation mit anderen Kommunen gesetzt werden zu können.
Alle anderen Gemeinden werden aber jährlich dem KDZ-Quicktest unterzogen, den die Experten des Zentrums für Verwaltungsforschung erarbeitet haben, um die Gebarung der Gemeinden vergleichbar zu machen. Und damit in gewisser Weise eben auch ihre Resilienz. Die Haushalte werden dabei anhand ihrer Ertragskraft, Eigenfinanzierungskraft, Verschuldung und freien Finanzspritze auf ihre Bonität abgeklopft. Der Quicktest ist eine Momentaufnahme und kein finanzielles Orakel für die Zukunft. Die Ergebnisse zeigen aber auf, wo die Gemeinde steht, wie es um die Gemeinde steht und an welchen Rädchen sie drehen kann, um – noch – besser zu werden. Selten sind in den vergangenen zehn Quicktest-Jahren extreme Überraschungen passiert, was darauf hindeutet, dass die 250 besten Gemeinden nicht zufällig im Ranking landen, sondern ihre gute Bonität der Kontinuität ihrer ebenso guten beziehungsweise umsichtigen Arbeit zu verdanken haben.
„Wir haben relativ stabile Top 5. Es sind tendenziell finanzstarke Gemeinden, die da brillieren“, sagt KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald mit Blick auf das Stockerl des Rankings, das heuer zum zweiten Mal in Folge von der Marktgemeinde Sattledt (OÖ) angeführt wird, gefolgt auch 2021 von der Gemeinde Pfaffing (OÖ). Den beiden außergewöhnlichen und doch so unterschiedlichen Kommunen folgen auf Rang drei die Gemeinde Geinberg (OÖ), auf Rang vier Großgöttfritz (NÖ) und auf Rang fünf die Marktgemeinde Gresten (NÖ).
Den fantastischen Fünf ein herzliches Chapeau! Das gebührt ihnen, haben sie es doch geschafft, für ihre Einwohner eine Basis zu schaffen, um den zu erwartenden Krisenwellen zu trotzen.
„Ein tolles Ergebnis“, freut sich der Bürgermeister der Marktgemeinde Gresten, Harald Gnadenberger, über Rang fünf und darüber, gegenüber dem Jahr 2020 um 52 Ränge im Ranking gut gemacht zu haben. Gresten hat schon einmal Top-Luft im public-Gemeinderanking geschnuppert. 2016 nahm die fast 2.000 Einwohner zählende Gemeinde, die in der niederösterreichischen Eisenwurzen im südwestlichen Mostviertel liegt, Rang vier ein.
„Die durchgemachten Veränderungen der Marktgemeinde Gresten im Ranking vom Platz vier im Jahr 2016 auf Platz 174 im Jahr 2019 war letztlich das Ergebnis einer Großinvestition, nämlich der Erneuerung der Kläranlage mit Baubeginn 2016. Eine 3,5 Millionen-Investition ist für eine Gemeinde mit einem Durchschnittsbudget von ca. sechs Millionen Euro schon ein großer Batzen. Dafür musste auch eine Million Euro Fremdkapital aufgenommen werden. Darauf folgten die absteigenden Platzierungen bis 2019 und anschließend eben wieder die aufsteigenden Platzierungen bis 2021“, erklärt Bürgermeister Gnadenberger das „Rangieren“ seiner Gemeinde auf hohem Niveau, das er auf die vorausschauende Planung, „das heißt, die Einkommenssituation einer Kommune gut zu analysieren und nicht zu überfordern“, zurückführt.
Dass die Marktgemeinde Gresten im Vergleich mit anderen niederösterreichischen Gemeinden gleicher Größe überdurchschnittliche Einnahmen aus eigenen Steuern hat, haben die Experten des KDZ analysiert. In ihrer Kurzanalyse stellen sie beispielsweise fest: „Auffällig sind die Einnahmen aus Leistungen. Diese sind rund doppelt so hoch wie in den niederösterreichischen Vergleichsgemeinden gleicher Größe. […] Aufgrund der überdurchschnittlichen laufenden Einnahmen ergibt sich ein deutlich überdurchschnittliches Ergebnis der laufenden Gebarung.“
Bürgermeister Gnadenberger kann erklären, warum Gresten in puncto Einnahmen derart hervorsticht. Auf den „Mix“ befragt, der dahintersteht, sagt er: „Ein kompaktes Gemeindegebiet, der Wirtschaftsstandort an sich, die Ausprägung als Zentrumsgemeinde, hohe Anschlussdichten und eine gute Gemeinschaft der hier lebenden Bürgerinnen und Bürger.“
Die ihnen zur Verfügung stehenden Stellhebel versteht der Grestener Gemeinderat offensichtlich positiv zu bedienen. Die Vielfalt an Unternehmen, die sich in Gresten angesiedelt haben, spricht für sich. Und der „Mix“, den Gnadenberger beschreibt, ist für die Resilienz der Marktgemeinde eine starke Säule für eine starke Zukunft. „Der Blick in die Zukunft zeigt, dass jetzt die Zeit für Investitionen ist, insbesondere in solche, die auch für die Umwelt gut sind und die angepeilten Klimaziele unterstützen. Es wäre nicht schlau, in bestehende Systeme zu investieren ¬– die Welt braucht nachhaltige Erneuerung“, weiß der Bürgermeister, dessen Team es gewohnt ist, in mittel- und langfristigen Orts-Entwicklungsprojekten zu denken. Dieser Zugang schützt auch vor massiven Auswirkungen exogener Schocks und Gnadenberger sagt: „Die Pandemie hat gezeigt, dass jederzeit Unvorhergesehenes geschehen kann.“
Dieses Unvorhergesehene spricht auch Johann Hofbauer, Bürgermeister der von Gresten knapp 90 Kilometer nördlich gelegenen Marktgemeinde Großgöttfritz, an, wird er danach gefragt, wie die Pandemie den Zukunftsblick verändert hat: „Aus den Pandemie-Turbulenzen ziehe ich die Lehre, dass überhaupt nichts selbstverständlich ist und es sehr wichtig ist, dass die Gemeinde finanziell gut aufgestellt ist, um für Unvorhergesehenes gut gewappnet zu sein.“
Im aktuellen Bonitätsranking wurden die Zahlen des ersten Corona-Jahres noch nicht analysiert, aber vor allem Kommunalpolitiker wissen, dass mit der Krise eine neue Zeitrechnung für die Haushaltsführung begonnen hat und Hofbauer untermauert mit seinen Worten das Gewicht des Rankings und die Strahlkraft der Leuchttürme.
Großgöttfritz war im letzten Jahr schon als beste Gemeinde Niederösterreichs ausgezeichnet worden, hatte Rang drei belegt und 2021 ist es der Rang vier, den die Gemeinde im Bezirk Zwettl zelebrieren darf. „Ich freue mich sehr darüber, dass unsere von Engagement, Herz und Hausverstand geprägte Gemeindepolitik auch in den Gemeindefinanzen beständig ihren Niederschlag findet“, sagt Hofbauer, der hier seit 1990 Bürgermeister ist. Wie seine Handschrift die Gemeinde prägt, lässt sich nicht nur daran ablesen, dass Großgöttfritz 1989, also im Jahr vor seinem Amtsantritt, den vorletzten Platz in einer – die Finanzkraft der niederösterreichischen Gemeinden beleuchtenden – Rangliste einnahm. „Gschtopfte und Armutschkerln“ lautete damals der Titel des Rankings und es bleibt eine Sensation, dass Großgöttfritz zum zweiten Mal in Folge bewiesen hat, dass bedauernde Verniedlichungen fehl am Platz sind. „Die Ursachen für die anhaltend ausgezeichnete Bonität der Gemeinde sind, dass wir im laufenden Betrieb der Gemeinde sehr sparsam sind und die möglichen Synergieeffekte nutzen, um die großen Herausforderungen und außerordentlichen Vorhaben finanziell gut bewältigen zu können“, erklärt der Bürgermeister.
Die KDZ-Analyse der aktuellen Top-Gemeinden bestätigt und adelt seine Worte: „Insgesamt ergibt sich für die laufenden Einnahmen ein unterdurchschnittliches Ergebnis im Vergleich zu anderen niederösterreichischen Gemeinden gleicher Größe. Auf der Ausgabenseite sind sowohl Personalaufwendungen und der Verwaltungs- und Betriebsaufwand sehr gering. Aufgrund der niedrigen laufenden Ausgaben ergibt sich trotz unterdurchschnittlicher laufender Einnahmen ein überdurchschnittliches Ergebnis der laufenden Gebarung.“ Über den Durchschnitt. Stimmt.
„Die Schwelle für die Top 250 war mit 1,69 sehr hoch, so hoch war sie noch nie. Das zeigt, dass die letzten, vor allem die letzten drei Jahre, sehr gute Jahre für die Gemeinden waren. Es ist immer schwieriger, da oben reinzukommen“, umschreibt KDZ-Geschäftsführer Biwald die Bonitäts-Bravour der besten österreichischen Gemeinden.
Die Pandemie hinterlässt Spuren. Es ist schlicht undenkbar, dass der Höhenflug so weitergehen wird. Die Corona-Pandemie hinterlässt Mindereinnahmen der Gemeinden in Höhe von rund vier Milliarden Euro. Mit den Gemeindepaketen des Bundes konnte zwar die größte Liquiditätsnot gestopft werden, doch die Rechnung bekommen sie spätestens 2023 präsentiert, denn die Gemeinden müssen den Großteil des zweiten Gemeindepaketes zurückzahlen, womit das bestehende Problem schlicht in die Zukunft verschoben wurde. Sollten keine einschneidenden Reformen zur Entlastung der Gemeinden passieren, droht mittelfristig nicht nur ein deutlicher Anstieg der Abgangsgemeinden, sondern auch sinkende Spielräume und Leistungskürzungen.
„Das werden noch herausfordernde Jahre“, weiß Peter Biwald, der erwartet, dass die Corona-Budgets schon im Gemeinderanking 2022 schlagend werden: „Ich denke, dass in den nächsten ein bis zwei Jahren die Eintrittsschwelle in die Top 250 von 1,7 auf über 2 steigen wird.“
Detaildaten wird es erst im Herbst 2021 geben und es ist trotz oder gerade wegen der eventuell tristen Aussichten wichtig und richtig, bei den besten Gemeinden des aktuellen Rankings nachzuschauen, wie mit der Bonität die Resilienz gesteigert werden kann.
Neu in den absoluten Top-Gemeinden, aber nicht allzu neu unter den besten des Landes ist die oberösterreichische Gemeinde Geinberg. „Wir waren schon im letzten Jahr über den Platz 7 sehr überrascht. Das Ergebnis heuer mit Platz 3 freut uns sehr“, hält Franz Ludwig Reitinger, Bürgermeister von Geinberg, fest. Die Drittplatzierte ist vor allem für die Therme bekannt, die auch der Grund dafür ist, dass das wahrlich tolle Abschneiden ein wenig überrascht, war doch ein Aufenthalt im 1998 eröffneten Thermenzentrum ein absolutes Corona-No-Go. „Die Therme Geinberg ist der größte Arbeitgeber im Ort und durchlebt derzeit die schwierigste Situation ihres Bestehens. Sie musste durch die monatelange Schließung erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen“, sagt Bürgermeister Reitinger und stellt weiter fest: „Dennoch hat die Therme Geinberg alles versucht, den derzeitigen Mitarbeiterstand von ca. 340 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu halten. Ermöglicht hat das die Kurzarbeit der Bundesregierung. Umso mehr freut sich die Therme derzeit, endlich den lang ersehnten Betrieb als touristischer Leitbetrieb der Region wieder aufnehmen zu können.“
Dass Geinberg wieder an die Spitze des Rankings katapultiert wurde, liegt daran, dass die Innviertel-Gemeinde nie auf touristische Monokultur setzte. „Die Gründe für die Bonität liegen in der außergewöhnlichen Wirtschaftskraft der Gemeinde“, so Reitinger. Die Mischung der Betriebe am Standort kann sich wirklich sehen lassen. Berglandmilch, Lagerhausgenossenschaft, Saatbau Linz, Meisterbrezen GmbH, Schrotshammer Metalltechnik, IWK Maschinenbau, Post AG Verteilerzentrum sowie eine Webdesign- und eine Softwareentwicklungsfirma zählen beispielsweise dazu. Doch damit nicht genug: „Neu entsteht derzeit ein weiterer großer Betrieb, das modernste Biogewächshaus Österreichs. Im Gemeindegebiet Geinberg gibt es mit ca. 1.450 Einwohnern an die 1.000 Arbeitsplätze, was zu der guten wirtschaftlichen Situation führt.“
Eine wirtschaftliche Situation, die geschickt im Sinne der Gemeinde genutzt wird und die KDZ-Experten feststellen lässt: „Die eigenen Steuern sind in Geinberg rund 1,5-mal so hoch wie in anderen oberösterreichischen Gemeinden dieser Größe. Die Gebühreneinnahmen sind rund 2,5-mal so hoch wie in anderen Vergleichsgemeinden. Die Einnahmen aus Ertragsanteilen befinden sich über dem Durchschnitt der oberösterreichischen Gemeinden mit vergleichbarer Größe. Insgesamt ergeben sich daraus deutlich überdurchschnittliche Einnahmen der laufenden Gebarung. […] Insgesamt liegen die laufenden Ausgaben über dem Durchschnitt, aufgrund der hohen Einnahmen ist die Gemeinde finanziell sehr leistungsfähig.“ So rundum positiv die Situation der Gemeinde ist, so bewusst ist sich Bürgermeister Reitinger, dass das kein Ruhekissen sein darf. Er sagt: „All das Erreichte ist keine Selbstverständlichkeit, man muss sich auch in Zukunft um jeden Betrieb und jeden Arbeitsplatz bemühen. Besonders auch im Tourismus, man hat sich nicht vorstellen können, dass so ein Betrieb über Monate geschlossen sein könnte.“
Wo hat Corona zugeschlagen. Die Schließung der touristischen Betriebe hat logischerweise vor allem in jenen Gemeinden ein tiefes Loch hinterlassen, in denen ein weniger breiter Branchenmix den Standort prägt. Ein Branchenmix lässt sich nicht verordnen, Topografie und Infrastruktur sind entscheidende Faktoren für unternehmerische Möglichkeiten. „Die Grundfrage ist, warum die Gemeinden durch die Pandemie finanziell so stark betroffen wurden. Das liegt einerseits an den Ertragsanteilsausfällen, andererseits waren sie zusätzlich betroffen durch den Kommunalsteuerausfall und den Ausfall bei den Fremdenverkehrsabgaben, wobei das Minus in Höhe von rund 350 Millionen Euro überschaubar ist“, sagt KDZ-Geschäftsführer Biwald und hält weiter fest: „Arbeitslosigkeit führt dazu, dass die Kommunalsteuer auf null geht und hinzu kommt, dass die Kurzarbeit nicht kommunalsteuerpflichtig, wohl aber lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig geregelt wurde.“
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass die direkten kommunalen Krisen-Betroffenheiten höchst unterschiedlich und ungleich verteilt waren. Jene Gemeinden, in denen die Kurzarbeitsbranchen überwiegen, mussten besonders harte Einschnitte verzeichnen.
Dass das Schicksal bisweilen ein feines Gespür für Ironie hat, ist an einer anderen Logik abzulesen. „Wenn nicht viel da ist, kann nicht viel wegfallen“, sagt Peter Biwald. Das trifft gewissermaßen auf jene Gemeinde zu, die schon seit Jahren im public-Gemeinderanking brilliert: Pfaffing, die oberösterreichische Gemeinde, die auch heuer wieder den zweiten Ranking-Platz einnimmt. „Ich bin schon ein bisschen stolz auf unsere Gemeinde, denn zweimal den 1. Platz und zweimal den 2. Platz in Serie, ich glaube, das hat überhaupt noch keine Gemeinde geschafft“, freut sich Gabriele Aigenstuhler, Bürgermeisterin von Pfaffing, über die Bravour in Serie.
Froh ist Aigenstuhler ganz konkret darüber, dass die Gemeinde ihre Projekte fertigstellen konnte: „Der Freizeitpark mit Funcourt und Pumptrack ist bereits in Betrieb und erfreut sich größter Beliebtheit. Das Wirtshaus steht kurz vor der Eröffnung – Ende Juli ist es so weit. Hier hat sich die Krise auch insofern gezeigt, dass wir große Mühe haben, alle benötigten Materialien zu bekommen.“ Die Kostenexplosion bei den Baumaterialien, unter der die Budgets privater Häuslbauer genauso leiden wie jene der kommunalen Investoren, trifft Pfaffing nicht mehr ganz so hart, weil die gewichtigen Arbeiten am Wirtshaus schon vor der Explosion erledigt werden konnten. „Beim Geh- und Radweg haben wir den ersten Abschnitt, der sehr aufwendig war, im Juni fertiggestellt. Auch hier sind wir noch knapp davongekommen, was die enormen Preiserhöhungen betrifft.“
Diese Gunst der zuvor schon genutzten Stunden bewahrt Pfaffing vor noch härteren, krisenbedingten finanziellen Einbußen und die KDZ-Analyse der aktuellen Ergebnisse zeigt, wie geschickt und umsichtig die Gemeindeführung mit ihren Mitteln umzugehen versteht: „Auffällig sind die deutlich über dem Mittelwert liegenden laufenden Transfereinnahmen von Trägern des öffentlichen Rechts. Zum größten Teil sind dies Transfers im Bereich der Betriebe der Abwasserbeseitigung und im Rahmen der Kinderbetreuung. Insgesamt ergibt sich für die laufenden Einnahmen ein unterdurchschnittliches Ergebnis im Vergleich mit anderen oberösterreichischen Gemeinden gleicher Größe. Auf der Ausgabenseite sind sowohl Personalaufwendungen, Verwaltungs- und Betriebsaufwand und Transfers an Träger des öffentlichen Rechts vergleichsweise gering. Aufgrund der niedrigen laufenden Ausgaben ergibt sich trotz geringer laufender Einnahmen ein rund 1,5-mal höheres Ergebnis der laufenden Gebarung als in den oberösterreichischen Vergleichsgemeinden gleicher Größe.“
Sehr gut durch die Krise gekommen. Nicht vergleichbar in Größe und Ausgangslage oder Lage an sich ist Pfaffing mit der Marktgemeinde Sattledt, die 2021 zum zweiten Mal in Folge Siegerin des public-Gemeinderankings ist. Sattledt ist eine der wenigen Gemeinden Österreichs, die mehr oder weniger unbeschadet aus der Krise hervor- und mit wenigen Sorgen in die Zukunft gehen kann. „Der neuerliche erste Platz ist für mich nicht ganz überraschend, da das Jahr 2020 trotz der außergewöhnlichen Umstände aus wirtschaftlicher Sicht für die Gemeinde Sattledt durchaus ein gutes war“, sagt Bürgermeister Gerhard Huber und erklärt: „Die Kommunalsteuer als wichtigste und größte Einnahmensäule der Gemeinde blieb auch im letzten Jahr auf hohem Niveau stabil.“
Der Branchenmix in der äußerst günstig gelegenen Marktgemeinde im Bezirk Wels-Land ist es, der sich als corona-resistent erwiesen und die Gemeinde vor harten Einschnitten bewahrt hat. Zu diesem Mix zählen neben zahlreichen Klein- und Mittelbetrieben beispielsweise die Hofer KG, Fronius, XXXLutz, Quarzolith oder Gmundner Milch. Der Mix hat sich durch Zufall ergeben und dieser Zufall ist es, den die Marktgemeinde getrost feiern darf. „Im Vergleich mit anderen oberösterreichischen Gemeinden gleicher Größe hat Sattledt deutlich überdurchschnittliche Einnahmen aus eigenen Steuern, überdurchschnittliche Einnahmen aus Gebühren und durchschnittliche Einnahmen aus Ertragsanteilen“, heißt es in der KDZ-Analyse. Überdurchschnittlich ist das Zauberwort, mit dem sich Sattledt von allen anderen österreichischen Gemeinden abhebt. In eine tolle Position. Bravo.
Das Ranking genauer zu studieren, ist auch abseits der Top 5, die allesamt in Oberösterreich und Niederösterreich liegen, eine spannende Geschichte und hinter jedem Rang stecken auch spannende Geschichten. Geschichten, die beispielsweise erklären, warum Eggendorf im Traunkreis (OÖ) als Neueinsteigerin gleich auf Platz 19 landete, oder die steirische Gemeinde Tannhausen diretissima auf Rang 23. Spannend sind auch die Bundesländer-Rankings, die im Burgenland von der Gemeinde Frankenau-Unterpullendorf (gefolgt von Weiden am See und Großwarasdorf) angeführt werden, in Kärnten von Bad Kleinkirchheim (gefolgt von Schiefing am Wörthersee und St. Kanzian am Klopeiner See), in Salzburg von der finanzkräftigen Gemeinde Tweng (gefolgt von Dorfgastein und Untertauern), in der Steiermark von der überdurchschnittlichen Gemeinde Hartl (gefolgt von Raaba-Grambach und Premstätten), in Tirol von der so idyllisch gelegenen wie schuldenfreien Gemeinde Alpbach (gefolgt von Ried im Oberinntal und Aurach bei Kitzbühel) oder Vorarlberg mit der offenkundig geschickt geführten Gemeinde Viktorsberg (gefolgt von Röthis und Reuthe).
Weil die österreichischen Gemeinden so unterschiedlich sind, lassen sie sich – abseits des Wirtschaftskraft, Ertragsanteile, Demografie, Transferpolitik und Gemeindemanagement berücksichtigenden Bonitätsrankings – nicht über einen Kamm scheren. Was diese 2.095 an vorderster Front das Leben der Österreicher gestaltenden Gebietskörperschaften eint, ist die Tatsache, dass die kommenden Jahre sehr schwer werden. „Gemeinden sind es seit Jahrzehnten gewohnt, mit verschiedenen Veränderungen umzugehen“, sagte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl eingangs und betonte die lokale Resilienz. Sie ist das Gebot der Stunde wie der Zukunft.
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