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Gebührencheck

Gebühren haben für Gemeinden einen großen Stellenwert. Es werden damit zahlreiche Leistungsbereiche der Daseinsvorsorge finanziert. Folglich sollten die Gebührenhaushalte regelmäßig überprüft und auf Basis nachfolgender Fragen beurteilt werden. Von Peter Biwald, Dalilah Pichler

Der Stellenwert der Gebühren hat in den letzten Jahren tendenziell zugenommen. Allein im Jahr 2019 lagen die Gebührenerlöse bei 2,15 Mrd. Euro, das sind 12,1 Prozent der laufenden Einnahmen. Sie gehören damit nach den Ertragsanteilen und eigenen Steuern zu den wichtigsten Einnahmen. Dies wurde auch in der COVID-19-Krise deutlich, da die Gebühren im Gegensatz zu den Ertragsanteilen und Gemeindesteuern (v.a. Kommunalsteuer und Fremdenverkehrsabgabe) stabil geblieben sind. Umso wichtiger ist eine solide betriebswirtschaftliche Kalkulation, damit die Finanzierung der Daseinsvorsorge gesichert ist. Bei der Analyse der Gebührenhaushalte gilt es daher folgende Fragen zu beantworten:

Welche Ziele werden mit den Gebühren verfolgt? Mit der Gebührengestaltung können unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Dies reicht von Finanzierungszielen (z.B. Kostendeckung) über lenkungspolitische Ziele (z.B. Abfallvermeidung) bis zu nachfrage- wie auch verteilungspolitischen Zielen (z. B. Be- oder Entlastung bestimmter Nutzergruppen).

Mit der Wahl der passenden Gebührenmaßstäbe (z.B. Flächen- oder Verbrauchsmaßstab) sowie der Tarifgestaltung (z.B. Verhältnis Grund- zu Verbrauchsgebühr) können die verschiedenen Ziele unterstützt werden.

Sind die Gebührenkalkulationen vollständig? Nach der Definition von Zielen sollten Kalkulationen für die Gebührenhaushalte auf Vollständigkeit und Ausmaß der Kostenüberschüsse – nach Möglichkeit der letzten 10 Jahren – überprüft werden. Deshalb ist zu klären, was als kostendeckende Gebühr anzusehen ist.
Das FAG 2017 regelt, dass Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtungen sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigen dürfen.

Die Kosten für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung umfasst neben den laufenden Betriebskosten insbesondere auch Verwaltungsgemeinkosten sowie Zinsen für das eingesetzte Eigenkapital. Mit Tilgung der Errichtungskosten entsprechend der Nutzungsdauer der Einrichtung sind die Abschreibungen vom Anschaffungs- und Herstellungswert gemeint.

Weitere Kosten umfassen beispielsweise kalkulatorische Mieten und kalkulatorische Wagnisse.

Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bei der Gebührenkalkulation vom betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff auszugehen. Mit der Umstellung auf die VRV 2015 kann man nun mit dem Ergebnishaushalt näherungsweise die Kosten ableiten, die im kameralen Haushalt nicht erfasst wurden. Davon betroffen sind vor allem die Abschreibungen sowie die Dotierung und Auflösung von Rückstellungen.

Kostenüberschüsse entsprechen also jenem Wert, der über dem auf Basis der betriebswirtschaftlichen Kosten ermittelten Jahreserfordernis liegt. Somit sind die Kosten und nicht die kameralen Ausgaben der Maßstab. Diese Überschüsse über den Kosten sind in einem inneren Zusammenhang mit der Gebühreneinrichtung zu verwenden.

Werden Überschüsse im inneren Zusammenhang verwendet? In einem nächsten Schritt sollte die bereits erfolgte Verwendung der Überschüsse analysiert und auf Plausibilität überprüft werden. Gebühren sind keine Steuern, da es für die Leistung einer Gebühr eine konkrete Gegenleistung gibt. Folglich sind in Gebührenhaushalten erzielte Überschüsse im inneren Zusammenhang mit diesem zu verwenden. Dazu zählen insbesondere:
•    Rücklagenzuführung im Gebührenhaushalt

•    Rückführung in den allgemeinen Haushalt (wenn in der Vergangenheit Zuführungen aus diesem an den Gebührenhaushalt erfolgt sind)

•    Folgekosten im inneren Zusammenhang mit dem Gebührenhaushalt – insbesondere in den Bereichen Gemeindestraßen (falls nicht bereits in der Kostenermittlung enthalten), Hochwasser- und Katastrophenschutz, Klimaschutz, öffentliche WC-Anlagen und Teile der Straßenreinigung

•    Verfolgen von Lenkungszielen, z.B. ökologische wie das Schaffen von Anreizen zu sorgsamem Wasserverbrauch oder zur Mülltrennung bzw. Reduktion des Abwasser- oder Abfallaufkommens

•    Abdecken von Kostenunterdeckungen aus Vorperioden, wobei der Verfassungsgerichtshof einen Durchrechnungszeitraum von jedenfalls bis zu zehn Jahren anerkennt

Werden lenkungspolitische Ziele erreicht? Überschüsse dürfen auch im inneren Zusammenhang für die Erreichung lenkungspolitischer Ziele (z.B. positive ökologische Auswirkungen) verwendet werden. Diese müssen jedoch auch in den politischen Beschlüssen klar benannt sein und deren Erreichung nachgewiesen und dokumentiert werden. Dabei geht es um die Herausarbeitung, inwieweit durch die Gebührenhöhe beispielsweise die Entwicklung des Wasserverbrauchs, der Abwasserverschmutzung sowie des Abfallaufkommens und seiner Trennung beeinflusst wurden.

Dabei sind auch Zusammenhänge mit u.a. im technischen Fortschritt begründeten Einflüssen, allfälligen strukturellen Veränderungen (Anzahl und Art der Unternehmen bzw. Arbeitsplätze), dem steigenden Umweltbewusstsein sowie witterungsbedingten Schwankungen herauszuarbeiten.

Werden die lenkungspolitischen Ziele erreicht, sind die Überschüsse in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Gebührenhaushalt verwendet, auch wenn die Überschüsse in den allgemeinen Haushalt eingeflossen sind.

Was ist nun zusammenfassend zu tun? Die Beurteilung der ordnungsgemäßen Verwendung der Kostenüberschüsse im Zusammenhang mit dem Gebührenhaushalt ist ein mehrstufiger Prozess. Der Ausgangspunkt ist die Ermittlung der Kosten und der Kostendeckung. Dies hat in einem mehrjährigen – jedenfalls zehnjährigen – Betrachtungszeitraum zu erfolgen. Sind in diesem Zeitraum Kostenüberschüsse entstanden, erfolgt im nächsten Schritt der Nachweis der Verwendung dieser Überschüsse. Dies kann von der Rücklagenzuführung in den Gebührenhaushalt, der Rückführung von gewährten Zuschüssen in den allgemeinen Haushalt bis zu den Folgekosten, die im inneren Zusammenhang mit dem Gebührenhaushalt entstanden sind, reichen.

Verbleibende Überschüsse sind dann jedenfalls ordnungsgemäß verwendet, wenn lenkungspolitische Ziele verfolgt werden und diese – von der Tendenz der Verbrauchs- und Strukturdaten – auch erreicht werden. Andernfalls bzw. falls keine lenkungspolitischen Ziele verfolgt werden, sind künftige nicht ordnungsgemäß verwendete Überschüsse in den Gebührenhaushalt rückzuführen.


Neuerscheinung Praxisleitfaden

Im Sommer 2021 erschien der Band „Gebührenkalkulation – Leitfaden für die Praxis“ als gemeinsames Werk von Peter Biwald und Dalilah Pichler (KDZ) sowie Sabine Bollinger und Florian Koci (Stadt Wien). Die erweiterte Neuauflage soll – wie ihre Vorgängerausgabe aus 2007 – für die Praxis ein wichtiges Nachschlagewerk für Kalkulationsverfahren in den Gebührenhaushalten sein. Neben der Darstellung der rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen der Kalkulation sollen die interessierten Leserinnen und Leser durch die zahlreichen konkreten Beispiele in die Lage versetzt werden, eigenständig Gebühren zu kalkulieren.

Es wurden zudem die aktuellen Entwicklungen zum Äquivalenzprinzip in der Rechtsprechung herausgearbeitet und die Beurteilung der Höhe von Kostenüberschüssen in Gebührenhaushalten und deren ordnungsgemäße Verwendung praxisnah interpretiert.

Infos und Bestellung:
Tel. 01 8923492
» www.kdz.or.at
» www.nwv.at/oekonomie/1516_gebuehrenkalkulation/