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Wie man aus den Krisen lernen könnte, um Gemeindefinanzen resilienter zu machen
von Nikola Hochholdinger, Karoline Mitterer, Dalilah Pichler
Die Pandemie hat besonders deutlich gezeigt, wie sensibel die Gemeindefinanzen reagieren können. Das Konzept von stärker resilienten – daher krisenfesten – Gemeindefinanzen möchte dazu beitragen, dass Gemeinden künftig robuster und anpassungsfähiger werden, um Krisen besser zu bewältigen. Denn: Die nächste Krise kommt bestimmt!
Pandemiebedingte Gemeindefinanzkrise. Die letzten beiden Jahre waren stark durch die Pandemie geprägt. Für die Gemeinden bedeutete dies unter anderem markante Mindereinnahmen, weshalb von Bund und Ländern Hilfspakete bereitgestellt wurden. Die Hilfsmaßnahmen setzten dabei an zwei Eckpunkten an: Einerseits wurde durch Maßnahmen der Länder und des Bundes die Liquidität gestärkt, um akute Leistungskürzungen zu verhindern. Andererseits hatte das kommunale Investitionsprogramm das Ziel, einen Einbruch der kommunalen Investitionstätigkeit zu vermeiden. Trotz dieser Unterstützungsmaßnahmen zeichnet sich keine nachhaltige Erholung der Gemeindefinanzen ab. Die demnächst erscheinende Prognose des KDZ zeigt, dass auch mittelfristig das Vorkrisenniveau sehr deutlich verfehlt werden dürfte. Dabei basieren die Prognosen bereits auf sehr erfreulichen Wirtschaftsprognosen, was eine Entschärfung der finanziellen Situation der Gemeindefinanzen erwarten hätte lassen.
Tatsächlich zeigt sich jedoch nun, dass sich die Versäumnisse der Vergangenheit in Bezug auf Reformen im Bereich der Gemeindefinanzen rächen. Vielfältige Reformen, welche Entlastungen für die Gemeindefinanzen gebracht hätten, wurden in den letzten Finanzausgleichsverhandlungen immer wieder aufgeschoben.
Zu nennen sind etwa die auch aus verfassungsrechtlicher Sicht als dringend einzustufende Grundsteuerreform oder die für die Gemeinden besonders relevante Entlastung im Umlagenbereich (Ko-Finanzierungsverpflichtungen für Gesundheit und Pflege). Insgesamt zeigen sich daher mehrere strukturelle Problembereiche der Gemeindefinanzen, auf welche die Gemeinden allein jedoch keinen Einfluss haben.
Was sind nun resiliente Gemeindefinanzen? Gemeindefinanzen sind resilient, wenn im Krisenfall die negativen Auswirkungen auf die Finanzen einer Gemeinde so abgemildert werden, dass diese die Fähigkeit haben, auf die Krisensituation vor Ort adäquat zu reagieren, sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen und die Daseinsvorsorge nachhaltig zu gewährleisten.
Von besonderer Bedeutung sind hierbei die zwei Variablen Robustheit und Anpassungsfähigkeit (siehe auch Abbildung 1). Zum einen sollen die Finanzen robust sein: d.h. die Finanzierung von Leistungen der Daseinsvorsorge ist im Krisenfall nicht gefährdet. In diesem Kontext bezieht sich Robustheit auf die institutionellen und rechtlichen Strukturen sowie die Ausgleichsinstrumente. Durch robuste Finanzen können Gemeinden die kommunale Infrastruktur nicht nur erhalten, sondern auch Strukturen aufbauen, um für zukünftige Herausforderungen vorzusorgen.
Zum anderen sollen die Finanzen flexibel genug sein, um Liquiditäts- und Investitionsbedarfe in einer Krisensituation zu decken. Anpassungsfähigkeit wird durch die Reaktions- und Innovationsfähigkeit der institutionellen und rechtlichen Strukturen definiert. Sollten sich Rahmenbedingungen aufgrund einer Krise verändern, müssen die betroffenen Institutionen und handelnden Personen adäquat reagieren können, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken.
Gemeindefinanzen zeigen viele re-siliente Aspekte, aber auch deutliche Nachholbedarfe: Zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen sind unterschiedliche Aspekte in drei zentralen Dimensionen zu berücksichtigen: 1. Governance, 2. Nachhaltigkeit und Stabilität der Gemeindefinanzen und 3. Gewährleistung der Daseinsvorsorge und Sicherstellung nachhaltiger Investitionen.
Eine erste Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen zeigt, dass es insbesondere betreffend Nachhaltigkeit und Stabilität der Gemeindefinanzen eine durchaus positive Ausgangssituation gibt. So besteht grundsätzlich eine hohe Einnahmendiversität und der Stabilitätspakt wirkt Überschuldungen entgegen. Gleichzeitig zeigen sich jedoch auch eingeschränkte Handlungsspielräume, insbesondere in fehlenden Spielräumen für soziale und klimafreundliche Investitionen sowie in hohen Aufgaben- und Finanzierungsverflechtungen und damit verbundenen steigenden Abhängigkeiten der Gemeinden insbesondere von den Ländern.
Betreffend der Governance zeigen sich Nachholbedarfe, etwa bei der Einbindung der Gemeinden in Entscheidungsprozesse und fehlenden Resilienzstrategien. Es zeigen sich auch Definitions- und Diskussionsbedarfe; etwa zum richtigen Ausmaß an Gemeindeautonomie und der Rolle des Finanzausgleichs als Ausfallsversicherung für die Gemeindeebene.
In Bezug auf Daseinsvorsorge und nachhaltige Infrastrukturen sind die kommunalen Investitionsprogramme des Bundes und weitere Förderprogramme positiv einzuschätzen, wohingegen vor allem Mängel bei der Definition, Finanzierung und (insbesondere auch räumlichen) Abstimmung von kritischer Infrastruktur und Daseinsvorsorge bestehen.
Die Resilienz der Gemeindefinanzen stärken. Doch welcher Weg kann nun gegangen werden, um die Resilienz der Gemeindefinanzen zu verbessern? Der hier beschriebene Vorschlag zeigt daher einen Reformprozess auf (Abbildung 2). Ein erster Schritt wäre eine Status-quo-Analyse zur Resilienz des Finanzausgleichs, welche nicht nur auf die Gemeindefinanzen, sondern auch auf den Finanzausgleich betreffend Instrumente, Governance-Strukturen und -Prozesse abstellt.
Darauf basierend wird empfohlen, in einem gemeinschaftlichen Prozess von Bund, Ländern und Gemeinden die Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich sowie die Ziele für den weiteren Prozess zu definieren und in weiterer Folge eine Resilienzstrategie zu entwickeln sowie Projekte zur Intensivierung der horizontalen und vertikalen Steuerung die Governance betreffend umzusetzen.
Hinsichtlich möglicher Instrumente zur Stärkung der Resilienz der Gemeindefinanzen im Finanzausgleich zeigen sich sehr vielfältige Ansätze. Um etwa die Handlungsfähigkeit der Gemeinden im Krisenfall sicherzustellen, wären ein Abbau der Finanzierungsverflechtungen oder die Stärkung der Abgabenautonomie als mögliche Maßnahmen zu nennen. Weiters gilt es, Krisenpläne sowie Kriseninstrumente zu definieren. Zur Steigerung von Robustheit und Anpassungsfähigkeit können gezielte Förderprogramme die kritische Infrastruktur und Daseinsvorsorge betreffend oder eine Erweiterung der Fiskalregeln des Österreichischen Stabilitätspaktes um eine „goldene Regel“ sowie vertikale und horizontale Ausgleichsinstrumente genannt werden. Insbesondere zur Bewältigung der Klimakrise bedarf es eigener Instrumente, um auch die sich langsam verändernden Rahmenbedingungen ausreichend zu berücksichtigen.
Die nächste Krise kommt bestimmt! Es stellt sich nun die Frage, was wir aus den bisherigen Krisen lernen und ob wir das Gelernte auch in den bestehenden Strukturen und Prozessen integrieren können. Angesichts der großen Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Pflege und Klimaschutz wäre nun ein guter Zeitpunkt, die Entwicklung von langfristig stabilen – und daher resilienten – Gemeindefinanzen voranzutreiben und möglichst rasch mit Reformen zur Steigerung der Resilienz zu starten, um künftig besser auf Krisen vorbereitet zu sein. Es sollte daher die Zeit bis zum nächsten Finanzausgleichsgesetz Ende 2023 genutzt werden, um hier einen ersten Schritt dieses Reformprozesses zu gehen und sich zumindest mit den Anforderungen an einen resilienten Finanzausgleich zu beschäftigen.