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Forcierte Nachhaltigkeit

Die Herausforderungen bei Klimaschutz-Maßnahmen und die damit verbundene Knappheit von Ressourcen sind gewaltig: Produkte sollen möglichst wenige Schadstoffe enthalten, möglichst lang nutzbar sein und reparierbar bleiben. In Kärnten werden nun entsprechende Pilotprojekte gestartet.
Von Erika Hofbauer

Re-Use ist die Zauberformel, die sich die Kärntner Landesräte Sara Schaar und Daniel Fellner zunutze machen wollen, um in ihrem Bundesland Elektrogeräten eine verlängerte Lebensdauer zu schenken. „Unsere Bedürfnisse sollen mit möglichst wenig Ressourcenverbrauch gedeckt werden. Die Abfallwirtschaft spielt eine wichtige Rolle beim Schließen von Kreisläufen“, so die beiden. Sie erläutern, was ab heuer in den Kärntner Altstoffsammelzentren (ASZ) mit ausrangierten Elektrogeräten geschehen soll: „In den ASZ werden immer wieder Elektro-Altgeräte abgegeben, die noch gebrauchsfähig sind und die man im Sinne der Nachhaltigkeit weiterhin nutzen könnte. Andererseits gibt es viele Kärntner, die sich solche Geräte nur sehr schwer leisten können. Daher ist das Interesse groß, in den Kärntner Gemeinden Systeme einzurichten, um von den Erstbesitzern abgegebene, aber noch gebrauchsfähige Elektrogeräte und Elektronikgeräte nach einer Prüfung weiterhin zu nutzen.“
So wurde in Villach unter Mitarbeit des ASZ Villach und der ARGE Sozial Villach ein solches System eingerichtet: Gemeindebürger können noch gebrauchsfähige Elektrogeräte beim ASZ abgeben, dann prüft ein Elektromeister, eine Elektromeisterin deren Gebrauchsfähigkeit: „Die Elektrogeräte werden dann günstig an sozial Schwächere weitergegeben. Das System in Villach ist quasi das erste Vorbildbeispiel für weitere Re-Use-Sammel- und Vertriebssysteme für Elektrogeräte in Kärntner Gemeinden“, erzählt Umweltreferentin Sara Schaar, wiewohl einige Ansätze des Villacher Systems wahrscheinlich nur in Städten optimal eingesetzt werden können, weshalb weitere Pilotprojekte geplant sind.
Flächendeckende Sammelsysteme. Das Ziel soll jedoch sein, künftig flächendeckende Re-Use-Sammelsysteme anbieten zu können. Vorerst wird mit entsprechenden Pilotprojekten in drei Kärntner ASZ (Moosburg, Hermagor, St. Andrä) gestartet. „Wenn möglich, soll es sich bei den ASZ um interkommunale ASZ handeln, damit mehrere Gemeinden zusammenarbeiten und die Vorbildwirkung breit gegeben ist“, erläutert Gemeindereferent Daniel Fellner. Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) sei in jeder Hinsicht weiter zu forcieren, so Fellner: „Deswegen gibt es im Bedarfszuweisungs-Förderungsmodell für 2022 und 2023 auch 5,3 Mio. Euro IKZ-Bonus – das ist eine Vervierfachung der Mittel und das sind 40.000 für jede Kärntner Gemeinde für IKZ-Projekte.“ Die Landesräte sind zuversichtlich, dass diese Maßnahmen gut angenommen werden: „Aus den ASZ hören wir immer wieder, wie schade es ist, dass – fast - neuwertige Geräte abgegeben werden, die dann zerstört werden müssen. Auf der anderen Seite berichten die sozioökonomischen Betriebe von großer Nachfrage bei sozial Schwächeren nach allen Arten von Elektrogeräten. Wir orten daher eine große Bereitschaft, Re-Use-Systeme zu nutzen – von Privatpersonen genauso wie von Institutionen.“

Vorbildwirkung. Das Pilotprojekt „Elektro(nik)geräte – Re-Use in Kärntner Altstoffsammelzentren“ in den drei Pilotgemeinden bzw. interkommunalen ASZ läuft nun drei Jahre lang. „Interkommunal“ bedeutet in diesem Fall, dass im ASZ die Bürger von zumindest einer weiteren Nachbargemeinde ihre Elektro-Altgeräte abgeben können. Im ASZ Moosburg sind das z. B. Bürger aus Moosburg, Pörtschach und Techelsberg. „Wir erwarten uns eine effektive Beispielwirkung für die restlichen Kärntner Gemeinden“, sind Schaar und Fellner überzeugt, die flächendeckende Re-Use-Sammelsysteme in Kärnten anstreben. Die Kostensituation sehen sie im Verhältnis zum Nutzen gelassen: „Es fallen Kosten für die Prüfung der Gebrauchsfähigkeit an, weiters für die Lagerung und den Transport der geprüften Geräte zum Sozialbetrieb oder zur Wiederverkaufsstelle. Dem stehen aber die vermiedenen Kosten für Neugeräte gegenüber, vermiedener Ressourcen-Verbrauch und Auswirkungen auf die Umwelt. Es ist ein Projekt ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft, die wir in Kärnten stark forcieren.“

Künftige Maßnahmen. Kreislaufwirtschaft, Abfallwirtschaft, Nachhaltigkeit sind die Themen der Zukunft für die Kärntner Gemeinden. Hier sollen noch mehr Schwerpunkte – von Abfall-Vermeidung bis zu Green Events – gesetzt werden, denn: „Im aktuellen Landes-Abfallwirtschaftskonzept ist eines der großen Ziele eine Weiterentwicklung der Kärntner Kreislaufwirtschaft, um langfristig einen Beitrag zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu leisten.“ Das von Landesrätin Schaar initiierte Kärntner Projekt „Reparaturbonus“ – seit Juli 2020 im Laufen – soll hier ebenfalls positiv eingreifen. Dabei werden Reparaturen, die von einem registrierten Kärntner Gewerbebetrieb ausgeführt werden, gefördert. Dadurch würden also auch Beschäftigungsimpulse in Kärnten gesetzt, freut sich Schaar. Großer Handlungsbedarf bestehe laut Schaar bei Klimaschutz und Knappheit von Ressourcen: „Die Herausforderungen sind gewaltig – nicht nur, was die Energieerzeugung und Energieversorgung betrifft, sondern auch die Materialwirtschaft.“ Ressourcenverbrauch und Umweltauswirkungen sind im Bereich der Lebensmittel besonders augenscheinlich: „Die Vermeidung von Lebensmittel-Abfällen sind ein zentrales Handlungsfeld für zukünftige Abfallvermeidungsstrategien“, so Schaar.

Strenge EU-Vorgaben. Die EU hat mit dem Kreislaufwirtschaftspaket 2018 den Mitgliedsstaaten überdies strenge Vorgaben für die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft insgesamt und des Abfallwirtschaftssystems im Besonderen auferlegt. Darin soll eine stärker kreislauforientierte Wirtschaft forciert werden, bei der es darum geht, den Wert von Produkten, Stoffen und Ressourcen innerhalb der Wirtschaft so lange wie möglich zu erhalten und möglichst wenig Abfall zu erzeugen. „Durch intelligentes Produktdesign, mehr Recycling und Wiederverwendung soll der Kreislauf in den Produktlebenszyklen zunehmend gesteigert und eine wirksamere Wertschöpfung und Nutzung aller Rohstoffe, Produkte und Abfälle erreicht werden“, sind die Kärntner Landesräte überzeugt.