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Seit Jahresbeginn baut Statistik Austria ein Mikrodatenzentrum auf, das im Juli 2022 live gehen wird.
Mit der Kombination von Datenbeständen und einem datenschutzkonformen Zugang, der der Wissenschaft bisher verschlossen war, soll das Austrian Micro Data Center (AMDC) innovative Forschung ermöglichen, den Wissenschaftsstandort Österreich stärken und damit die Grundlagen evidenzbasierter Debatten und Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verbessern.
Stärkung des Wissenschaftsstandortes Österreich. Bei der wissenschaftlichen Nutzung von Statistik- und Verwaltungsdaten war Österreich bislang in keiner Pionierrolle. In skandinavischen Ländern, den Niederlanden oder in Frankreich wurden Zugangsmöglichkeiten für Forschungszwecke teils schon vor mehr als zehn Jahren geschaffen. Mit dem AMDC kann Österreich nun zu dieser Ländergruppe aufschließen. Die neue Forschungsdateninfrastruktur stärkt den Wissenschaftsstandort Österreich insbesondere für die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften substantiell und nachhaltig.
Nach dem Prinzip eines One-Stop-Shops können sich Forschungseinrichtungen ab Mitte 2022 über eine Applikation auf der Website von Statistik Austria für den Datenzugang akkreditieren lassen und den Mikrodaten-Zugang für ein konkretes Forschungsvorhaben beantragen.
Zur Auswahl stehen neben den bei Statistik Austria verfügbaren Mikrodaten grundsätzlich auch alle weiteren Register- und Verwaltungsdaten der öffentlichen Hand, vorausgesetzt, dass diese Daten durch eine gemeinsame Verordnung des zuständigen Ressorts und des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung für die wissenschaftliche Nutzung freigegeben werden. Die öffentliche Verwaltung erspart sich so den mehrfachen Aufbau technischer und organisatorischer Infrastrukturen für einen datenschutzkonformen Zugang der Forschung zu Mikrodaten.
Das große analytische Potential des Mikrodatenzentrums für die Forschung liegt darin, Daten zu Personen und Unternehmen aus unterschiedlichen Quellen auf Mikroebene zu verknüpfen. Dies ermöglicht die Anwendung moderner statistischer Methoden, die Identifikation kausaler Zusammenhänge und die Publikation der Forschungsergebnisse in hochrangigen wissenschaftlichen Journals. Forschungsthemen könnten z. B Analysen des Einflusses der individuellen Schul- und Studienwahl und weiterer Faktoren auf die Arbeitsmarktchancen oder der Einfluss von Förderungen auf die Innovativität oder den Geschäftserfolg von Unternehmen sein.
… unter strikter Beachtung des Datenschutzes. Jede Nutzung vertraulicher Daten steht potentiell in einem Spannungsfeld zu gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien zum Datenschutz. Dementsprechend sieht das Bundesstatistikgesetz etliche Regelungen vor, die datenschutzkonforme Nutzung zu realisieren. Zu nennen sind dabei insbesondere folgende Punkte:
• Kein Datenzugang zu direkt identifizierbaren Daten.
• Strenger Kriterienkatalog, der wissenschaftliche Einrichtungen für den Datenzugang qualifiziert.
• Zugang nur zu Daten, die für ein konkretes Forschungsprojekt unbedingt erforderlich sind (Datenminimierungsgrundsatz).
• Trusted Research Environment (VDI-Infrastruktur) für den Online-Datenzugang ausgewählter Mitarbeiter:innen eines Forschungsprojekts. Keine Möglichkeit, Daten extern abzuspeichern, zu exportieren oder Daten hinzuzufügen. Die Daten bleiben physisch immer in der Statistik Austria.
• Verpflichtung der Statistik Austria zur Kontrolle aller Outputs, die den abgeschotteten Datenraum auf Wunsch der Forschungseinrichtung verlassen sollen, um Re-Identifizierung einzelner statistischer Einheiten auszuschließen.
• Auch geht das Statistikgeheimnis auf die Forschungseinrichtung über. Missachtet sie es, macht sie sich strafbar und wird vom Zugang zum AMDC ausgeschlossen.
• Transparente Dokumentation auf www.statistik.at, welchen Forschungseinrichtungen für welche Forschungsprojekte ein Zugang zu Mikrodaten eingeräumt wurde.
Mit der Forschungsdateninfrastruktureinrichtung
Austrian Micro Data Center legt Statistik Austria einen Meilenstein für den Wissenschaftsstandort und intensiviert die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen. Diesen Weg wird
Statistik Austria weiter beschreiten.
Gastbeitrag
von Generaldirektor Prof. Dr. Tobias Thomas und Univ.-Doz. Dr. Josef Kytir
Statistik Austria