Der anhaltende und zwischen heiklen Pandemie- und nicht minder heiklen Energie-Fragen mäandernde Krisenmodus macht den Blick in das Ranking der 250 bonitätsstärksten Gemeinden Österreichs heuer besonders spannend. Wieder haben das Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ und public die Finanzgebarung der Gemeinden unter die Lupe genommen und jene ermittelt, deren Arbeit mehr als ein Schulterklopfen wert ist.
Von Alexandra Keller
Selbst wenn sich das Krisenrad weiterdreht und noch nicht prognostiziert werden kann, wo die Energiekrise ihre bitteren Spuren hinterlässt, sind Gratulationen angebracht. Herzliche Gratulationen.
Mit Spannung erwartet. Dieser Ehrgeiz ist reizvoll. Und er bestätigt die Spannung, mit der das Ranking der 250 bonitätsstärksten Gemeinden Österreichs jährlich erwartet wird. „Hoffe, wir können 2023, meinem letzten Jahr als Bürgermeister, die Gemeinde Sattledt doch noch überholen“, gab sich Franz Tiefenbacher sportlich motiviert, kurz nachdem er vom bemerkenswerten Abschneiden seiner Heimatgemeinde im aktuellen public-Gemeinderanking erfahren hatte. Tiefenbacher ist Bürgermeister der südlich von Salzburg gelegenen Gemeinde Elsbethen, die sich mit ihrer herausragenden Arbeit die Silbermedaille im aktuellen Ranking der Gemeinden verdient hat. Mit einem Bonitätswert von 1,06 liegt Elsbethen nur 0,01 Bonitäts-Punkte hinter der oberösterreichischen Gemeinde Sattledt, die zum dritten Mal in Folge Siegerin des Rankings ist. Wie für Rennfahrer auf den weltmeisterlichen Pisten, so bedeutet ein derart knapper Abstand auch im Leben eines Bürgermeisters Ansporn und Motivation. „In erster Linie bin ich sehr stolz auf das, was wir als Gemeinde in den letzten Jahren alles erreicht haben“, sagt Bürgermeister Tiefenbacher und hält weiter fest: „Trotz aller Intensität und den Herausforderungen der letzten Zeit ist es uns gelungen, viele Projekte ohne Fremdfinanzierung umzusetzen und zeitgleich die Finanzsituation der Gemeinde auf stabile Beine zu stellen.“
2017 hatte der Bau des Kindergartens der Gemeinde ein wenig schlechtere Daten beschert. Jedes Jahr kommt es vor Hintergründen wie diesem zu Verschiebungen im Ranking. Größere Investitionen oder Schuldendienste haben selbstverständlich ihre Auswirkungen auf die Bonität. Ab 2018 konnte die Gemeinde Elsbethen aber schon wieder Überschüsse von rund zwei Millionen Euro jährlich erwirtschaften. „Wir haben keine Schulden und Rücklagen von über 12 Millionen“, formuliert Tiefenbacher einen Satz, der vielen Bürgermeistern so gerne über die Lippen kommen würde.
Mit den Worten der KDZ-Experten klingt das so: „Insgesamt ergeben sich für die Gemeinde unterdurchschnittliche operative Einzahlungen im Vergleich mit anderen Salzburger Gemeinden gleicher Größe. Auf der Auszahlungsseite agiert die Gemeinde sehr sparsam, sodass die Auszahlungen für Personalaufwand und die Auszahlungen für Sachaufwand unter dem Durchschnitt liegen. Die Auszahlungen aus Transfers (ohne Kapitaltransfers) liegen ebenfalls unter dem Durchschnitt. Insgesamt ergibt sich für die operativen Auszahlungen ein deutlich unterdurchschnittliches Ergebnis, sodass auch trotz unterdurchschnittlicher operativer Einzahlungen ein rund dreimal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung im Vergleich mit anderen Salzburger Gemeinden gleicher Größe erzielt werden kann.“ Dass Elsbethen Standort der Red Bull Base ist, trägt nicht unwesentlich zu diesem auffallenden „dreimal so hoch“ bei. Der Getränkehersteller hatte 2012 den Zuschlag für das über 17 Hektar große Gelände der ehemaligen Rainerkaserne erhalten. Anfang 2018 hatten bereits 500 Mitarbeiter hier ihren Arbeitsplatz und auch der Standortgemeinde verleiht Red Bull Flügel.
Das Bonitätsranking. Um 48 Ränge hat sich Elsbethen seit dem letzten Ranking verbessern und zum Wohl ihrer Bürger brillieren können. Die Bonität jeder Gemeinde ist ein Gradmesser für ihre Urkraft, die an sich schon höchst diffizilen Anforderungen und auf dieser Basis auch eventuellen Veränderungen positiv zu meistern. Und die Bonität der Gemeinden ist es, die public in Zusammenarbeit mit dem KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung – seit elf Jahren in den sommerlichen Fokus der kommunalen Aufmerksamkeit rückt. Um die 250 besten, also bonitätsstärksten Gemeinden Österreichs vor den Vorhang zu holen, weil sie in diesem Härtetest aus der Gemeinschaft der 2.093 Gemeinden herausstechen. Die Bundeshauptstadt Wien wird nicht gereiht. Sie ist diesbezüglich nicht zu vergleichen und als Stadt und Land schlicht zu groß, um mit ihren umfassenden Aufgaben und ihren rund 1,9 Millionen Einwohnern in Relation mit anderen Kommunen gesetzt werden zu können.
Alle anderen Gemeinden werden aber jährlich dem KDZ-Quicktest unterzogen, den die Experten des Zentrums für Verwaltungsforschung erarbeitet haben, um die Gebarung der Gemeinden vergleichbar zu machen. Die Haushalte werden dabei anhand ihrer Ertragskraft, Eigenfinanzierungskraft, Verschuldung und freien Finanzspritze auf ihre Bonität abgeklopft. Der Quicktest ist eine Momentaufnahme und kein finanzielles Orakel für die Zukunft. Die Ergebnisse zeigen aber auf, wo die Gemeinde steht, wie es um die Gemeinde steht und an welchen Rädchen sie drehen kann, um – noch – besser zu werden.
Ein Blick auf die ersten zehn. „Wenn man sich die ersten zehn Gemeinden im aktuellen Ranking anschaut, dann sind dort diesmal fast ausschließlich finanzstarke Gemeinden zu finden“, stellt Peter Biwald, Geschäftsführer des Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ, fest. Gemeinden, die ihre Aufgaben in großen Teilen über Transferzahlungen finanzieren und mit engem Gürtel die Kunst der sparsamen Gebarung erlernt haben, hatten es im Jahr 2020 offensichtlich weniger leicht. „Im Jahr 2020 sind die Ertragsanteile um neun Prozent eingebrochen. Ein Teil der Ertragsanteileinbrüche sind durch höhere Förderungen der Länder ausgeglichen worden, doch konnten jene Gemeinden mit starker Wirtschaftsstruktur und weiterhin fließenden Kommunalsteuereinnahmen auf einem stabilen Niveau bleiben“, so Biwald.
Die Siegergemeinde Sattledt. Superstabil ist die Marktgemeinde Sattledt geblieben, die heuer zum dritten Mal in Folge das public-Gemeinderanking anführt. „Ehrlich gesagt überrascht es mich nicht allzu sehr, da die Einnahmen, insbesondere aus der Kommunalsteuer, auf hohem Niveau sehr stabil waren“, zeigt sich Gerhard Huber, Bürgermeister von Sattledt, wenig erstaunt über den trotzdem erstaunlichen kommunalen Triple. Der etwa mit der Lebensmittelhandelskette Hofer KG glänzende Branchenmix der verkehrstechnisch extrem günstig am Knoten Voralpenkreuz gelegenen Gemeinde hat neuerlich dazu beigetragen, die Krisenwirren unbeschadet zu überstehen. Mehr noch. Alle Vorhaben konnten nach Plan umgesetzt und das Großprojekt „Neues Ortszentrum“ aus Eigenmitteln gestemmt werden.
Für Huber und die Sattledter überaus positiv ist die Tatsache, dass die Gemeinde auch für die Energiekrise gewappnet ist. „Die Gemeinde Sattledt ist bereits 2011 aus dem Energieträger Gas ausgestiegen und versorgt seit diesem Zeitpunkt ihre kommunalen Gebäude mit Wärme aus regionaler Biomasse. Aktuell erarbeiten wir gemeinsam mit dem Betreiber des Biomasseheizwerkes eine deutliche Erweiterung des Nahwärmenetzes. Die Nachfrage nach einem Anschluss an das Nahwärmenetz ist wegen der aktuellen Energiesituation sprunghaft angestiegen“, erklärt Huber, dessen Mitbürger „recht gelassen“ auf die Finanzkraft ihrer Heimatgemeinde reagieren. „Manchmal höre ich die Frage, was man als Einzelperson von der sehr guten budgetären Ausstattung der Gemeinde hat“, schmunzelt Huber und sagt: „Daher wollen wir auch laufend in Projekte für die Lebens- und Freizeitqualität unserer Gemeindebewohner investieren.“ Wer kann, der kann und darf das auch zelebrieren. Darum – Chapeau Sattledt, Chapeau Elsbethen und eine tiefe Verneigung hat sich auch die niederösterreichische Gemeinde Markgrafneusiedl verdient.
Die Drittplatzierten. Mit 903 Einwohnern ist Markgrafneusiedl die kleinste Gemeinde unter den Top 10. 84 Ränge konnte sie sich seit dem letzten Ranking verbessern. Ein sensationeller Sprung nach vorne und Bürgermeister Franz Mathä sagt: „Ich freue mich riesig darüber, hatte mich 2021 auch über einen Platz unter den besten 100 gefreut, aber der 3. Platz ist natürlich eine Klasse für sich. Es bedeutet aber auch, dass es eine große Aufgabe sein wird, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, da jedes Jahr neue Herausforderungen bringt.“
Ja, der dritte Platz ist wirklich eine Klasse für sich und die KDZ-Experten haben in ihrer Analyse der Markgrafneusiedler Gemeindefinanzen viel Bemerkenswertes entdeckt: „Markgrafneusiedl ist eine finanzkräftige Gemeinde. Die Einzahlungen aus eigenen Abgaben sowie die Einzahlungen aus Gebühren liegen deutlich über dem Mittelwert. Die Einzahlungen aus Abgaben sind in Markgrafneusiedl mehr als doppelt so hoch wie in anderen niederösterreichischen Gemeinden dieser Größe. Die Einzahlungen aus Ertragsanteilen liegen geringfügig unter dem Durchschnitt. Auffällig sind die Einzahlungen aus Besitz und wirtschaftlicher Tätigkeit. Diese sind rund siebenmal so hoch wie in den niederösterreichischen Vergleichsgemeinden gleicher Größe und sind vor allem auf die Bereiche Grundbesitz und Betriebe für die Errichtung und Verwaltung von Wohn- und Geschäftsgebäuden zurückzuführen. Insgesamt ergeben sich daraus deutlich überdurchschnittliche Einzahlungen aus der operativen Gebarung.“
Die Gründe für den Erfolg. Weil die Vergleiche mit anderen Gemeinden gleicher Größe in Markgrafneusiedl überdurchschnittlich oft Überdurchschnittliches oder Unterdurchschnittliches in seiner besten Form zeigen, sind auch die weiteren Punkte der KDZ-Analyse ziemlich lesenswert: „Auf der Auszahlungsseite liegen die Auszahlungen für Personalaufwand sowie die Auszahlungen für Sachaufwand zum Teil deutlich unter dem Durchschnitt. Die Auszahlungen aus Transfers (ohne Kapitaltransfers) sind überdurchschnittlich hoch. Insgesamt liegen die Auszahlungen aus der operativen Gebarung unter dem Durchschnitt, sodass sich mit den überdurchschnittlichen Einzahlungen aus der operativen Gebarung ein sechsmal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung wie in den niederösterreichischen Vergleichsgemeinden gleicher Größe ergibt. Die Gemeinde hat nur geringe Finanzschulden und ist quasi schuldenfrei und auch die gesamten Fremdmittel könnten durch die vorhandenen liquiden Mittel gedeckt werden.“ Die Schlagkraft dieser Kleingemeinde könnte nicht besser dargestellt werden und dass es auch ziemlich schön sein muss, in Markgrafneusiedl zu leben, zeigt das letzte Fest, das gleichzeitig das erste Ruinenfest war. Dass der Tag „vom Glücksgefühl her etwas ganz Großes ist“, stellte Bürgermeister Mathä im Rahmen seiner Festansprache am 5. Juni 2022 fest. Groß war das Fest, weil die Ruine, die das Wahrzeichen der Gemeinde und ein echtes Marchfeldjuwel ist, 2021 in den Besitz der Gemeinde kam. Schön.
Anlass für ein Fest. Feste wie dieses sind es, die stets einen Höhepunkt im Leben der Gemeinden darstellen – und im Zusammenleben der Gemeindebürger. Viel zu lange konnten sie nicht stattfinden und es ist ein prächtiges Zeichen, wenn die pandemiebedingte soziale Durststrecke diesbezüglich keine Folgen zeigt. Wie auch in der oberösterreichischen Gemeinde Redlham, für die Bürgermeister Wolfgang Kaiß feststellt: „Die Stimmung in der Gemeinde war und ist nicht von Rückzug sondern von Zusammenhalt und Optimismus geprägt. Man bemüht sich seitens der Vereine und Organisationen auch wieder zusehends Veranstaltungen und Feste zu organisieren.“
Dass die Gemeinde Redlham im aktuellen Gemeinderanking den vierten Platz einnimmt, könnte ein ganz guter Anlass für so ein Fest sein. „Das ‚Hinaufklettern‘ im Ranking der bonitätsstärksten Gemeinden auf Platz 4 ist für uns eine große Freude und vor allem eine Bestätigung der geleisteten Arbeit beziehungsweise des eingeschlagenen ‚kommunalen Weges‘“, sagt Bürgermeister Kaiß, dessen Haushalt ähnlich wie die Stimmung im Ort nicht unter den Corona-Turbulenzen gelitten hat. „Durch den relativ breit aufgestellten Branchenmix der Unternehmen in der Gemeinde sind die Steuereinnahmen während der Coronazeit nicht beziehungsweise kaum zurückgegangen, sodass zumindest die finanziellen Herausforderungen relativ problemlos gemeistert werden konnten“, sagt er. Auch Redlham profitiert von seiner Lage im oberösterreichischen Zentralraum. „Durch die zentrale Lage an der ÖBB-Westbahnstrecke und der Wiener Bundesstraße – B 1 – konnten in den letzten Jahren viele größere Unternehmen in drei Gewerbeparks angesiedelt werden – damit verbunden sind relativ hohe Kommunalsteuereinnahmen, die sich äußerst positiv auf das Gemeindebudget auswirken“, führt Kaiß weiter aus, der zudem auf die jahrelange Schuldenfreiheit seines Ortes stolz sein – und darauf bauen kann.
Gesicherte Finanzierung. Bei Investitionen ist die Gemeindeführung so umsichtig wie vorsichtig, nur bei gesicherter Finanzierung wird mit der Umsetzung von Projekten begonnen und die Analyse der KDZ-Experten ergibt folgendes: „Redlham ist eine sehr finanzkräftige Gemeinde. Die Einzahlungen aus eigenen Abgaben liegen deutlich über dem Mittelwert und sind rund 2,5-mal so hoch wie in den oberösterreichischen Vergleichsgemeinden gleicher Größe. Die Einzahlungen aus Ertragsanteilen sowie die Einzahlungen aus Gebühren liegen geringfügig unter dem Durchschnitt. Insgesamt ergeben sich deutlich überdurchschnittliche Einzahlungen aus der operativen Gebarung. Insgesamt liegen die Auszahlungen aus der operativen Gebarung über dem Durchschnitt, jedoch ergibt sich aufgrund deutlich überdurchschnittlicher Einzahlungen aus der operativen Gebarung ein rund 2,5-mal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung wie in den oberösterreichischen Vergleichsgemeinden gleicher Größe.“
Guten Platz gehalten. Eine oberösterreichische Vergleichsgemeinde in etwa gleicher Größe folgt Redlham auf den Fuß – respektive auf Platz fünf im herausragenden 2022er-Reigen der Besten. Die Gemeinde Geinberg liegt nur knapp 56 Kilometer von Redlham entfernt, Richtung Norden, Inn und Bayern. Die Finanzkraft der Thermengemeinde Geinberg hat sie letztes Jahr auf Platz drei gehievt und heuer ist Geinberg bezüglich der Bonität fünftbeste Gemeinde Österreichs. „Wir sind überrascht, dass wir den guten Platz aus den Vorjahren im Ranking beibehalten konnten“, stellt Bürgermeister Franz Ludwig Reitinger erfreut fest, um den Platz gleich mit überzeugenden Argumenten zu erklären: „Die gute Bonität der Gemeinde resultiert aus der guten Haushaltsführung der vergangenen Jahrzehnte. Seitens der Gemeinde gab es immer ein Bestreben, gute Firmen in die Gemeinde zu bringen. Gleichzeitig hat man darauf geachtet, anfallende Schulden rechtzeitig zu begleichen, um nicht über die Verhältnisse zu leben. Das führte dazu, dass die Gemeinde seit einigen Jahren schuldenfrei ist.“ Die Therme Geinberg ist der Leitbetrieb für die Region. „Während der überwiegende Teil der Firmen die Produktion weitgehend aufrecht erhalten konnten, war diese Pandemiezeit für die Therme Geinberg eine enorme Herausforderung. Die Therme war monatelang geschlossen. Dennoch hat die Therme alles versucht, einen Minimalbetrieb aufrechtzuerhalten und damit auch die Mitarbeiter halten zu können. Die Zeit wurde auch für umfangreiche Service- und Sanierungsarbeiten genutzt. Nach der Möglichkeit, den Betrieb wieder aufnehmen zu können, war die Erleichterung natürlich groß“, blickt Reitinger zurück.
Krisenfeste Wirtschaftsstruktur. Neben der Therme stellen zahlreiche weitere Unternehmen sicher, dass die Kommunalsteuereinnahmen fleißig fließen und zu dem ungewöhnlichen Verhältnis führen, dass der relativ kleine Ort mit seinen rund 1.450 Einwohnern an die 1.000 Arbeitsplätze bieten und das KDZ angesichts der Zahlen festhalten kann: „Insgesamt liegen die Auszahlungen aus der operativen Gebarung über dem Durchschnitt, aufgrund der hohen Einzahlungen ist die Gemeinde jedoch finanziell sehr leistungsfähig. Der Geldfluss aus der operativen Gebarung ist rund 2,5-mal so hoch wie in den oberösterreichischen Vergleichsgemeinden.“ Auch in diesem Ergebnis liegen Redlham und Geinberg ziemlich nah beieinander.
„Es zeigt sich, dass Gemeinden aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur, die ja dem Zufall geschuldet ist, teilweise auch krisenfester waren“, stellt KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald beim Ranking-Überblick fest. Diese Feststellung schärft die Aufmerksamkeit und erklärt auch recht gut, warum wenige, von der Pandemie durchgeschüttelte Tourismusgemeinden unter den Allerbesten sind. Ins Auge sticht da beispielsweise die Gemeinde Alpbach, die auf Platz 19 des Rankings die erste und damit beste Gemeinde des Bundeslandes Tirol ist. Das idyllische Dorf, wo das Europäische Forum Alpbach jährlich zum kollektiven Denken über den Tellerrand anregt, macht seine Sache ausgesprochen gut. „Auf der Auszahlungsseite agiert die Gemeinde sehr sparsam, sodass die Auszahlungen für Personalaufwand, die Auszahlungen für Sachaufwand und die Auszahlungen aus Transfers (ohne Kapitaltransfers) unter dem Durchschnitt liegen. Aufgrund der niedrigen operativen Auszahlungen ergibt sich trotz unterdurchschnittlicher operativer Einzahlungen ein überdurchschnittlicher Geldfluss aus der operativen Gebarung. Die finanziellen Mittel werden zum Aufbau von liquiden Mitteln genutzt. Die Gemeinde hat keine Finanzschulden und ist somit schuldenfrei“, stellen die KDZ-Experten fest. Im Bundesländerranking haben den schon genannten allerbesten Gemeinden Sattledt (Oberösterreich), Elsbethen (Salzburg) und Markgrafneusiedl (Niederösterreich), die burgenländische Gemeinde Weiden am See (Rang 33), Schiefling am Wörthersee (Kärnten, Rang 130), Hartl (Steiermark, Rang 9) und Reuthe (Vorarlberg, Rang 41) die Nasen vorne.
Das Rad steht nie still. Dieses Abschneiden ist kein Zufall, jener Zufall aber, von dem Peter Biwald im Zusammenhang mit den nachhaltig sich auf die Haushalte auswirkenden Wirtschaftsstrukturen der Gemeinden spricht, wird im laufenden Jahr jedenfalls wieder auf die Probe gestellt. Andere Krisenformen haben andere Auswirkungen auf die Gemeinden als Wirtschaftsstandorte und wenn, wie beispielsweise WIFO-Chef Gabriel Felbermayr jüngst in den Raum stellte, im Herbst die Entscheidung getroffen werden muss, wer Gas bekommt, drohen mancherorts ziemlich happige Situationen.
„Da sind ganz andere Unternehmen beziehungsweise Industrien stark betroffen. Papier etwa, Stahl oder Chemie. Zeitverzögert hat das auch auf andere Branchen Auswirkungen“, weiß Peter Biwald um die Dominoeffekte, gegen die sich Standortgemeinden kurzfristig nicht wirklich wappnen können. „Was sollen sie denn machen, wenn sie aufgrund ihrer geografischen Lage und der politischen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte so gasabhängig sind. Man hat ja auch mittelfristig wenige Alternativen, das umzustellen“, so Biwald. In den Einflussbereich der Gemeinden fallen als Gas-Alternativen etwa die Fernwärme-modelle, sofern diese nicht mit Gas befeuert werden. Der Sattledter Bürgermeister hat schon darauf hingewiesen, dass seine Siegergemeinde auch in dieser Hinsicht jubilieren kann. Andere haben es schwerer. Ein großes Hackschnitzelangebot, wie es etwa in der Fernwärmeanlage der Gemeinde Mariazell genutzt wird, gibt es in wenig waldreichen Gebieten selten und guter Rat wird teuer. Die sprunghaft angestiegene Nachfrage nach Fernwärme fordert die Gemeinden jedoch auch in ihrer Uraufgabe heraus, die Infrastrukturen entsprechend bereitzustellen, Straßen aufzugraben etc.
Das Rad in den Kommunen steht eben niemals still und es sind viele Aspekte, die seine Geschwindigkeit bestimmen.
„2021 hat es relativ gut ausgeschaut, weil sich die Ertragsanteile gut entwickelt haben. 2022 ist bis Mai sehr gut verlaufen und das Bundesministerium für Finanzen rechnete mit einem Anstieg der Ertragsanteile um acht bis neun Prozent. Wegen der Auswirkungen der Ukraine-Krise könnte dieser Anstieg vielleicht aber nur sieben Prozent betragen. 2023 wird mit einer Stagnation oder einem Rückgang gerechnet. 2023 wird kein einfaches Jahr“, bringt Biwald die bereits berechtigten Sorgen auf den Punkt. Sollte es zu einem Wirtschaftseinbruch kommen, könnten die Ertragsanteile von einem größeren Minus gezeichnet sein. Ein Blick zurück in die Finanz- und Wirtschaftskrisenjahre 2008/2009 zeigt, warum. „Damals hatten wir einen Einbruch des Wirtschaftswachstums von sechs Prozent. Da sind die Ertragsanteile um acht Prozent zurückgegangen“, weiß Biwald. Es ist schwer bis unmöglich vorauszusagen, was passieren wird. Und weil das auch müßig ist, darf die Gegenwart genossen und die Top 250 des Jahres 2022 dürfen gefeiert werden. Sie haben es sich verdient.
Online-Ausgabe
In unserer Online-Ausgabe, die am 31. August 2022 erscheint, finden Sie weiterführende Informationen und ausführliche Interviews mit den Bürgermeistern der Siegergemeinden.
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