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Beim ersten Blick auf das Gemeinderanking entsteht der Eindruck, dass vor allem kleinere bzw. mittlere Gemeinden sowie Gemeinden aus den Bundesländern Oberösterreich und Salzburg besonders gute Platzierungen erreichen.
Von Peter Biwald und Clemens Hödl, KDZ
So befinden sich im Ranking 2022 auf den ersten zehn Plätzen sieben Gemeinden mit 1.001 bis 5.000 EinwohnerInnen (EW) sowie vier Gemeinden aus Oberösterreich und drei Gemeinden aus Salzburg. Selbst auf den ersten 50 Plätzen finden sich nur acht Gemeinden mit bis zu 1.000 EW und sechs Gemeinden mit mehr als 5.000 EW, wobei nur zwei Gemeinden mehr als 10.000 EW haben, d.h. 36 Gemeinden haben 1.001 bis 5.000 EW. Außerdem sind 14 Gemeinden der Top 50 aus dem Bundesland Salzburg und 11 Gemeinden aus dem Bundesland Oberösterreich.
Auch hier entsteht der Eindruck, dass vor allem kleinere bzw. mittlere sowie Gemeinden aus den beiden genannten Bundesländern die Top-Platzierungen erreichen und somit überrepräsentiert sind. Dabei zeigt sich, dass es vor allem in den Größenklassen mit 1.001 bis 2.500 EW bzw. 2.501 bis 5.000 EW mit 949 bzw. 471 die meisten Gemeinden gibt. Genauso hat das Bundesland Oberösterreich mit 438 die zweitmeisten Gemeinden.
Betrachtung nach Größenklassen. Da es mehr kleine als große Gemeinden gibt, sind auch im Ranking mehr kleine (31 Gemeinden mit bis zu 1.000 EW) als große (sechs Gemeinden mit über 10.000 EW) Gemeinden im ersten Dezil, d.h. im ersten Zehntel der Gesamtheit aller Gemeinden, enthalten. In relativen Zahlen sind die genannten Gemeindegrößen mit 7,4 Prozent bzw. 7,1 Prozent ihrer Größenklasse im ersten und damit besten Dezil ähnlich hoch repräsentiert.
Auch für Gemeinden mit 1.001 bis 5.000 EW, die in den Top 10 bzw. Top 50 stark vertreten sind, zeigt sich ein ähnliches Bild. Diese Gemeinden sind im ersten Dezil mit rund 11 Prozent ihrer Größenklasse vertreten, was keine wesentliche Überrepräsentation darstellt. In Summe zeigt sich für alle Dezile eine relativ gleichmäßige Verteilung. Eine deutliche Auffälligkeit zeigt sich v.a. im siebenten Zehntel und im letzten Zehntel. Im siebenten Dezil sind Gemeinden bis 500 EinwohnerInnen mit 18 Prozent deutlich überrepräsentiert. Im letzten Dezil, das sind die schlechtesten 209 Gemeinden, haben Gemeinden bis 500 EW, mit 18 Prozent – das ist fast ein Fünftel ihrer Größenklasse – den höchsten Anteil.
Zusätzlich haben Gemeinden mit 501 bis 1.000 EW in diesem Dezil einen Anteil von 17 Prozent, sodass Gemeinden von Null bis 1.000 EW insgesamt etwa 35 Prozent dieses Dezils ausmachen. Den geringsten Anteil weisen im letzten Dezil Gemeinden zwischen 5.001 und 10.000 EW mit sechs Prozent auf.
Dieses Bild liegt in folgenden Punkten begründet. Gemeinden bis 1.000 EW sind tendenziell finanzschwach, weisen jedoch aufgrund struktureller Probleme hohe Ausgaben je EW auf. Gemeinden über 10.000 EW sind grundsätzlich finanzkraftstark, tragen jedoch hohe Transferlasten an die Länder und indirekt an die kleineren Gemeinden. Sie weisen zudem hohe Ausgaben für zentralörtliche Aufgaben aus, die im Finanzausgleich unzureichend abgegolten und von den mitpartizipierenden Umlandgemeinden nicht mitfinanziert werden. Die Gesamtschau des Bonitätsrankings zeigt, dass die Gemeinden – bis auf die Ausreißer in den genannten Größenklassen – relativ gleichmäßig auf die einzelnen Dezile verteilt sind.
Betrachtung nach Bundesländern. Die besten Bonitätswerte weisen die Gemeinden in Salzburg und im Burgenland auf. In Salzburg finden sich 25 Prozent, d.h. ein Viertel der Gemeinden im ersten Dezil, mehr als ein Drittel im obersten Fünftel sowie lediglich acht Prozent im untersten Fünftel. Dies bestätigt den hohen Anteil der Salzburger Gemeinden in den Top 10 und Top 50, wie am Beginn des Artikels erwähnt, obwohl es im Bundesland Salzburg nur 119 Gemeinden gibt. Dieses positive Bild der Salzburger Gemeinden ist der hohen Finanzkraft durch die hohen Ertragsanteile - aufgrund des höheren Steueraufkommens - sowie den gemeindeeigenen Steuern - aufgrund der Wirtschaftskraft – geschuldet. Die Transfers sind im Bundesland Salzburg in den letzten Jahren aufgrund landesinterner Reformen geringer angestiegen. Weiters führt der Bevölkerungszuwachs zu steigenden Einnahmen.
Im Burgenland sind neun Prozent der Gemeinden im ersten Dezil, ein Viertel der Gemeinden sind im obersten Fünftel und nur acht Prozent im untersten und damit schlechtesten Fünftel. Im letzten Dezil befinden sich nur drei Prozent der burgenländischen Gemeinden. Die Ursachen liegen für die burgenländischen Gemeinden nicht in der Finanzkraft, die im Österreichvergleich relativ gering ist. Sie liegen insbesondere in den sehr geringen laufenden Transferzahlungen an das Land. So müssen von den Gemeinden beispielsweise für die Krankenanstalten zehn Prozent des Betriebsabgangs getragen werden. Ein weiterer Grund für das gute Abschneiden der burgenländischen Gemeinden sind die geringen Personal- und Sachausgaben.
Die geringsten Bonitätswerte weisen die Gemeinden in Kärnten auf. In Kärnten sind 0,8 Prozent der Gemeinden im ersten Dezil, zwei Prozent im obersten Fünftel sowie rund 45 Prozent der Gemeinden im schlechtesten Fünftel. Die Ursachen dafür liegen in der schwächeren Finanzkraft aufgrund geringerer Ertragsanteile sowie gemeindeeigener Steuern und strukturellen Problemen aufgrund der stagnierenden Bevölkerungszahl sowie sehr hoher Transferzahlungen an das Land.
In Vorarlberg sind acht Prozent der Gemeinden im ersten Dezil, 11 Prozent im obersten Fünftel und etwa ein Drittel der Gemeinden im untersten Fünftel. In der Steiermark sind acht Prozent der Gemeinden im ersten Dezil, 14 Prozent im obersten Fünftel und rund ein Drittel der Gemeinden im untersten Fünftel. In beiden Bundesländern sind etwa zwei Drittel der Gemeinden in der unteren Hälfte zu finden.
In den anderen Bundesländern zeigen sich unterschiedliche Trends. In Oberösterreich sind die Gemeinden mehrheitlich in der oberen Hälfte. In Niederösterreich und Tirol sind die Gemeinden nahezu gleichmäßig auf die obere bzw. untere Hälfte aufgeteilt.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die Bonität bzw. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von einer Vielzahl von Faktoren abhängen:
• Wirtschaftskraft – bestimmt die Höhe der gemeindeeigenen Steuern wie auch der Ertragsanteile;
• Primärer Finanzausgleich – bestimmt die Höhe der Ertragsanteile;
• Demografische Entwicklung – führt zu höheren oder niedrigen Ertragsanteilen, hat auch Auswirkungen auf die Ausgabenseite;
• Transferpolitik in den einzelnen Ländern – während die oberösterreichischen Gemeinden 576 Euro je EW und die Vorarlberger Gemeinden 560 Euro je EW an Krankenanstalten-, Landes- und Sozialhilfeumlagen zahlen müssen, tragen die burgenländischen bzw. steirischen Gemeinden rund 317 bzw. 308 Euro je EW;
• Gemeindemanagement – dies hängt von der Kompetenz und Bereitschaft für eine zukunftsorientierte Ausrichtung in den einzelnen Gemeinden ab.