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2023 wird für die Gemeinden erneut ein finanziell herausforderndes Jahr. Der kommunalen Daseinsvorsorge machen dabei v.a. die hohen Energiekosten und die Inflation zu schaffen. Doch wie steht es eigentlich um die Finanzierbarkeit der kommunalen Daseinsvorsorge? Von Karoline Mitterer
Die hohen Energiepreise sind in aller Munde. Viele Städte und Gemeinden berichten, dass sie sich die steigenden Energiepreise nicht mehr leisten können und fordern daher entsprechende Hilfen von Seiten des Bundes. Ohne Hilfen hingegen könne man nicht mehr gewährleisten, dass die kommunalen Leistungen auf dem gewohnten Niveau weiterhin erbracht werden können. Vor Schließungen von Hallenbädern oder weiteren Sport- und Kultureinrichtungen sowie vor der Reduktion der Raumtemperatur selbst in Schulen wird gewarnt.
2023 ähnliche Finanzierungslücke wie 2020 . Aktuelle Schätzungen des KDZ gehen davon aus, dass die finanzielle Lücke der Gemeinden im laufenden Betrieb 2023 ähnlich hoch sein werden wie auch bereits 2020 im Zuge der Covid-Pandemie. Unter Berücksichtigung der aktuellen Wirtschaftsprognosen des WIFO und der Ertragsanteilsprognosen des BMF geht das KDZ davon aus, dass der Saldo der operativen Gebarung um rund 1,2 Mrd. Euro (ohne Wien) zurückgeht und damit auf einem ähnlichen Niveau wie 2020 liegen kann. Der Saldo der operativen Gebarung gibt darüber Auskunft, inwieweit die Gemeinden ihre laufenden Ausgaben durch laufende Einnahmen decken können. Die verbleibenden Mittel können in weiterer Folge für Zinszahlungen sowie für Investitionen verwendet werden. Kann eine Gemeinde ihre laufenden Ausgaben nicht mehr durch laufende Einnahmen decken – und weist daher einen negativen Saldo aus – hat die Gemeinde ein Liquiditätsproblem. Zusätzlich hat sie auch keine freien Mittel mehr für Investitionen zur Verfügung. In Folge müssen entweder Schulden aufgenommen, Rücklagen aufgelöst oder Investitionen verschoben werden. Dies traf 2020 immerhin auf rund ein Drittel der Gemeinden zu.
Ausgaben steigen stärker als Einnahmen. Grund für die angesprochene Lücke ist, dass nächstes Jahr die laufenden Ausgaben stärker wachsen werden als die Einnahmen. Knapp 40 Prozent der laufenden Einnahmen der Gemeinden stammt aus Ertragsanteilen (Anteil an Ust, KöSt, ESt etc.). 2023 werden diese aufgrund der Abschaffung der kalten Progression und anderer steuerlicher Maßnahmen voraussichtlich um nur 1,1 Prozent gegenüber 2022 steigen.
Auf der anderen Seite zeigt sich eine hohe Ausgabendynamik. Die Energiekosten steigen um das 3- bis 10-fache, die weiteren Ausgabensteigerungen können mit 6,5 Prozent (Inflationsprognose) angesetzt werden. Instandhaltungs- und Investitionsausgaben werden zumindest um 10 Prozent über dem Vorjahreswert liegen.
Vielfältige kommunale Daseinsvorsorge. Dadurch ergibt sich für die kommunale Daseinsvorsorge eine herausfordernde Ausgangssituation. Unter kommunaler Daseinsvorsorge kann die Grundversorgung der Einwohnerinnen und Einwohner verstanden werden. Eine eindeutige Definition gibt es dabei nicht. Im weiteren Sinn reicht sie von der Bildung über Kultur bis zur Straßen-, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur.
Ebenso sind die Freizeit- und Sportinfrastruktur mit den Freibädern, Sportplätzen und -hallen sowie den Park- und Grünanlagen hinzuzuzählen. Einen wichtigen Kern der Daseinsvorsorge bildet die Ver- und Entsorgung mit der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung sowie Abfallbeseitigung. Angesichts der Entwicklungen am Immobilienmarkt ist auch Wohnen als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge zu benennen.
Finanzierung der Daseinsvorsorge. Die Daseinsvorsorge wird teils über Beiträge der Nutzerinnen und Nutzer, teils über Transfers anderer Gebietskörperschaften und teils über den allgemeinen Steuertopf finanziert. Je nach Aufgabenfeld variieren dabei die Ausgabendeckungsgrade deutlich. Der Bereich der Ver- und Entsorgung finanziert sich etwa zur Gänze aus Gebühren oder weiteren spezifischen Transfers (etwa Investitionszuschüsse). Die meisten anderen Bereiche werden überwiegend aus allgemeinen Steuermitteln finanziert. So wird der Bildungsbereich nur zu rund einem Drittel aus Leistungsbeiträgen von den Nutzerinnen und Nutzern oder spezifischen Transfers finanziert. Hierbei handelt es sich um Entgelte zur Nutzung der Kinderbetreuungseinrichtungen oder um Kostenzuschüsse des Landes zu den Personalausgaben der Gemeinden.
Eine Sonderstellung im Bereich der Daseinsvorsorge nehmen die Aufgabenbereiche Soziales und Gesundheit ein. In den meisten Ländern erfolgt hier von den Gemeinden eine verpflichtende Ko-Finanzierung der von den Ländern erbrachten Leistungen. Insbesondere im Sozialbereich erfolgt die Leistungserbringung aber auch auf der Gemeindeebene (meist Gemeindeverbände).
Problemfelder der Finanzierung der Daseinsvorsorge. Während sich die Rahmenbedingungen der Daseinsvorsorge kontinuierlich ändern, kann die Finanzierung nicht mithalten. Dabei zeigen sich insbesondere drei kritische Aspekte.
Erstens zeigt sich eine Krisenanfälligkeit der Gemeindefinanzen generell. Sinken im Zuge von Wirtschaftskrisen die Steuereinnahmen, schlägt sich dies unmittelbar auf die Einnahmen der Gemeinden durch. Die Folge sind einerseits eine sinkende Liquidität, andererseits ein Rückgang im Investitionsbereich. Die ist sowohl nach der Finanzkrise 2009/2010 als auch im Zuge der Covid-Pandemie 2020 erkennbar.
Zweitens sinken die finanziellen Spielräume der Gemeinden kontinuierlich, wodurch es zu einer steigenden Konkurrenz zwischen den Aufgabenfeldern kommt. Dies ergibt sich einerseits aus der hohen Umlagendynamik: Müssen mehr Gelder an die Länder für Soziales und Gesundheit gezahlt werden, bleibt weniger Geld für die Daseinsvorsorge. Andererseits ist ein Rückgang der Nutzerfinanzierung erkennbar: Fallen die Einnahmen durch die Nutzerinnen und Nutzer weg, muss ein steigender Anteil durch den allgemeinen Steuertopf finanziert werden. Beispiele hierfür sind etwa der Gratis-Kindergarten, der Wegfall des Pflegeregresses oder das Klimaticket.
Drittens bedarf es einer Erhöhung der Resilienz über den Finanzausgleich. Zu nennen sind insbesondere die Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden sowie die Entflechtung und Reduktion der Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden.
Resilienz geht über die Finanzierung hinaus. Eine resiliente kommunale Daseinsvorsorge geht jedoch über die Finanzierung deutlich hinaus. Generell geht es darum, sowohl die Robustheit als auch die Anpassungsfähigkeit der Leistungserbringung zu erhöhen. Ein Beispiel ist hier der elementarpädagogische Bereich, in welchem akute Personalnot herrscht und in Folge erste Gruppen geschlossen werden mussten. Die Probleme der Personalknappheit im Kinderbetreuungsbereich sind in hohem Maße auf die bestehenden Arbeitsbedingungen des pädagogischen Personals zurückzuführen. Die Lösung müssen daher bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne sein. Die Gemeinden können dies jedoch nicht allein lösen. Während der Ausbau der Kinderbetreuung durch den Bund über Anschubfinanzierungen gepuscht wurde, konnten die Finanzierungsinstrumente zur Absicherung des laufenden Betriebes über den Finanzausgleich nicht mithalten. Hier gilt es daher entsprechend anzusetzen.
Ein weiteres Beispiel sind Ganztagsschulen. Vielfältige Finanzierungs- und Kompetenzverflechtungen führen zu Ineffizienzen. Das eigentliche Ziel, die Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, bleibt auf der Strecke. Um dies zu lösen, braucht es Anpassungen im Konzept, in der Organisation und in der Finanzierung. So würde eine Bündelung des pädagogischen Personals in einer Hand nicht nur die Gemeindebudgets entlasten, sondern insgesamt zu mehr Effizienz und besserer Qualität führen.
Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge geht alle an. Wie die Beispiele zeigen, geht die Verantwortung für die kommunale Daseinsvorsorge weit über die Gemeindeebene hinaus. Sowohl Bundes- als auch Landesebene geben die Rahmenbedingungen der Leistungserbringung der Daseinsvorsorge in hohem Maße vor. Dementsprechend braucht es eine Anpassung im Finanzausgleich, um auch die Finanzierung der Leistungserbringung zu sichern. Eine verbesserte Mehr-Ebenen-Steuerung ist Grundvoraussetzung für die kommunale Daseinsvorsorge.
Die oben beschriebene schleichende Verringerung der finanziellen Spielräume für die kommunale Daseinsvorsorge wird durch die hohe Ausgabendynamik im nächsten Jahr nochmals deutlich verschärft. Um auch weiterhin in allen Gemeinden ein gutes Niveau an Leistungen zu gewährleisten, werden von Seiten des KDZ wie auch bereits zu Beginn der Pandemie Unterstützungen der Gemeindeebene von Seiten des Bundes und der Länder empfohlen. Im Fokus sollte dabei sowohl die Stützung der Liquidität der Gemeinden als auch die Sicherung der kommunalen Investitionsfähigkeit liegen, idealerweise in differenzierter Weise. Jedenfalls sollte es Hilfe bei stark gestiegenen Energiepreisen geben, um Schließungen von kommunalen Einrichtungen zu verhindern.