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Eine zwiespältige Bilanz

Die Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen Gemeinden, Ländern und Bund gestalten sich regelmäßig schwierig und sind von der Notwendigkeit getragen, die finanziellen Mittel zur Erfüllung der jeweiligen staatlichen Aufgaben aller drei Ebenen bedarfsgerecht zu verteilen.

Dabei werden die vom Bund eingehobenen Steuern auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Am 3./4. Oktober 2023 wurde in den FAG-Verhandlungen bereits eine Grundsatzeinigung erzielt, nach zähen Verhandlungsrunden konnte am 21. November 2023 eine endgültige Einigung hinsichtlich des neuen Finanzausgleichs, die offenbar eng an eine geplante Gesundheitsreform geknüpft ist, erzielt werden. Das Paket soll nunmehr zeitnah im Ministerrat beschlossen und im Nationalrat abgesegnet werden.

Das nun ausverhandelte Paktum ist zwar als Ausdruck einer prinzipiellen Funktionsfähigkeit des kooperativen Föderalismus in Österreich zu begrüßen, auf den zweiten Blick bietet dieses allerdings auch Anlass für Kritik – vor allem aus Sicht der Gemeinden und Länder.

Mit den kolportierten Mittel von jährlich 2,4 Mrd. Euro für Länder und Gemeinden wird der steigende Finanzierungsbedarf in finanzintensiven Bereichen wie Pflege, Gesundheit und Kinderbetreuung, welche ausschließlich oder zu großen Teilen im Zuständigkeitsbereich der Länder und Gemeinden zu verantworten sind, zwar anerkannt und diesem Rechnung getragen. Dennoch wird auch für die kommende Finanzausgleichsperiode nicht am geltenden Verteilungsschlüssel (68 % Bund, 20 % Länder und 12 % Gemeinden) gerüttelt. Ob die zusätzlichen Mittel die Aufwendungen in Hinblick auf die von den Ländern und Gemeinden zu erfüllenden Aufgaben, die eine wesentlich stärkere finanzielle Dynamik aufweisen als jene des Bundes, tatsächlich kompensieren können, bleibt abzuwarten.

Richtung Zentralisierung. Die – auch medial propagierten – zusätzlichen „frischen“ Mittel für die Länder und Gemeinden, die im Rahmen eines mit 1,1 Mrd. Euro dotierten „Zukunftsfonds“ abgerufen werden können, sind finanzverfassungsrechtlich in die Kategorie der sogenannten Zweckzuschüsse einordnen. Charakteristisch für diese Kategorie von Finanzzuweisungen ist, dass sie einer widmungsgemäßen Verwendung zugeführt werden müssen. Über den Zukunftsfonds sollen beispielsweise Mittel für den Kinderbetreuungsbereich bereitgestellt werden, sofern gewisse Zielvereinbarungen für Reformen in diesem Bereich erfüllt werden. Zwar wird bei Nichteinhaltung letztlich auf eine Sanktionsdrohung, die naturgemäß in der Rückzahlung widmungswidrig verwendeter Geldmittel an den Bund bestünde, verzichtet, dennoch sichert diese Systematik dem Bund massive Einflussmöglichkeiten auf teils ausschließliche Landeszuständigkeiten. Die Länder werden bildlich an die „goldenen Zügel“ des Bundes genommen und mit Sonderdotierungen – außerhalb des Finanzausgleichs – beschwichtigt.
Die Strategie des Bundes ist keineswegs neu. So ist auch in der Vergangenheit schon zu beobachten gewesen, dass dieser von der Möglichkeit sogenannter „Anschubfinanzierungen“ in den den Ländern zustehenden Bereichen, beispielsweise im Rahmen der Elementarpädagogik, mehrfach Gebrauch gemacht hat. Derart finanzintensive Bereiche lassen den Ländern auch keine Wahl; der Verzicht auf die vom Bund bereitgestellten Zweckzuschüsse ist weder politisch noch unter finanziellen Gesichtspunkten vertretbar. Der Reflex, die an der nunmehr bestehenden Systematik Kritik übende Länder daran zu erinnern, dass sie die Gelder des Bundes nicht zwingend abrufen müssten, erweist sich bei genauer Betrachtung daher als wenig stichhaltig und letztlich praxisfremd. Der nun etablierte Modus birgt allerdings die Gefahr einer weiteren starken Zentralisierung, insbesondere dann, wenn auch in den künftigen FAG-Verhandlungen diese Methodik weiter auf fruchtbaren Boden fallen sollte.

Beachtliche Mehrkosten. Außerdem muss bedacht werden, dass der Ausbau von Kinderbetreuungs- oder Pflegeeinrichtungen vom Bund zwar mit beträchtlichen Mitteln „angeschoben“ wird, in weiterer Folge die nicht unbeachtlichen Mehrkosten für den Erhalt dieser Einrichtungen (auch das damit verbundene Personal) die Länder und Gemeinden selbst zu tragen haben. Die Instandhaltung der notwendigen Infrastruktur sowie die Aufrechterhaltung qualitätvoller Serviceleistungen in diesen Bereichen wird finanziell signifikant zu Buche schlagen, die damit verbundenen Kosten die Anschubfinanzierung des Bundes jedenfalls übersteigen.

Im Ergebnis ist die nun erzielte Einigung daher ein zwar von allen Seiten getragener Kompromiss, der das primäre Ziel der Länder und Gemeinden – eine Erhöhung ihrer Ertragsanteile durchzusetzen – allerdings nicht mehr enthält. Die zugegeben beachtlichen Mittel, über die die Länder und Gemeinden in den nächsten Jahren zusätzlich verfügen können, dürfen dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Bund gerade über die finanzielle Schiene versucht, auf Länderkompetenzen steuernd einzuwirken.

Positiv für die Länder ist demgegenüber der fehlende Sanktionsmechanismus in Zusammenhang mit den aus dem Zukunftsfonds abrufbaren Zweckzuschüssen des Bundes zu bewerten. Dadurch erhöht sich der Handlungsspielraum der Länder, Reformen in ihrem Wirkungsbereich, jeweils abgestimmt auf den konkreten regionalen Bedarf, vorantreiben zu können. Diesen Spielraum gilt es nun zu nützen und innovative Lösungen zu erarbeiten.  

 


Gastbeitrag von
Dr. Mathias Eller
E-Mail: mathias.eller@foederalismus.at
und Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger
E-Mail: peter.bussjaeger@foederalismus.at

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