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Das Schlagwort „Digitalisierung“ konnte man lange mit der Symbolik einen „Pudding an die Wand zu nageln“ vergleichen. Es waren wenige konkrete Beispiele zu finden, jeder noch so kleine Schritt wurde als Meilenstein der Digitalisierung hochstilisiert und jeder war irgendwie dabei. Von Wolfgang Oberascher, KDZ
Mit der Covid-Pandemie wurden digitale Arbeitsweisen schlagartig zur Notwendigkeit – und mit der Umsetzung ist das digitale Arbeiten „geblieben“. Plötzlich waren elektronische Arbeitsabläufe der Standard, Rechnungen konnten von zuhause freigeben werden, Aktenbestandteile direkt bei der Bauverhandlung elektronisch eingesehen werden und Abstimmungen im Fachbereich erfolgten plötzlich am Bildschirm – ortsungebunden.
Digitalisierung bietet aber noch mehr Möglichkeiten, deren abschließende Aufzählung wohl den Umfang des Beitrags sprengen würde. Nur auszugsweise seien hier einzelne erwähnt.
So wie beispielsweise Plattformen, die Bürgern ermöglichen, ihre Anliegen direkt bei den zuständigen Stellen einzubringen oder defekte Lichtpunkte zu melden, was dann direkt im Auftragswesen eines Bauhofs aufscheint. Sitzungsunterlagen werden gemäß den gesetzlichen Grundlagen elektronisch zugestellt – Zustellnachweise für die Fristenläufe inklusive. Und auch die Abgabeneinhebung erfolgt mittlerweile oft vollautomatisch.
Im technischen Bereich steuern computergestützte Systeme die Haustechnik – abhängig von Nutzungs- und Belagszeiten und führen dadurch zu merklichen Effizienzgewinnen bei den Energiekosten.
Doch damit nicht genug: mittlerweile sehen sich öffentliche Verwaltungen, natürlich analog zu privatwirtschaftlichen Unternehmen und auch Privatpersonen, mit dem nächsten Schritt der „Digitalisierung“ konfrontiert.
Künstlicher Intelligenz- KI. Die ersten Pilotprojekte lassen die weitreichenden Anwendungsfelder nur erahnen. So wird bereits erprobt, wie durch Künstliche Intelligenz die mittlerweile hochkomplexe bautechnische Beurteilung von Großprojekten erfolgen kann. KI-Systeme prüfen demnach die Einreichpläne in 3D auf Übereinstimmung mit den entsprechenden baurechtlichen Normen.
Autonom funktionierende Systeme, gekoppelt an Erledigungsaufträge werden beispielsweise bei intelligenten Müllsystemen getestet. Über Sensoren wird der Füllstand gemessen, die Tourenplanung erfolgt bedarfsorientiert und automatisiert, bis hin zur zeiteffizienten Routenplanung.
Auch in der Stadtplanung liegen erste, vielversprechende Pilotversuche mit neuronalen Netzen vor. Unter der Berücksichtigung der stark verflochtenen Interdependenzen von Einflussfaktoren entwickeln sie neue Stadtviertel und zeigen beeindruckende Ergebnisse. Und nicht zuletzt die individuelle Unterstützung von Bürgern und Mitarbeitenden über KI-Systeme, welche die benötigten Informationen bedarfsorientiert und maßgeschneidert liefern, kann schlussendlich das bewirken, was vor vielen Jahren eine kleine Klammer in einem Textverarbeitungsprogramm initiiert hat – ein persönlicher Assistent für jedermann zu sein.
Eigenes Denken bleibt. Klingt das zu gut, um wahr zu sein? In jedem Fall wird der Mensch nicht davon entbunden, selbst Hirnschmalz zu verwenden. ChatGPT in der aktuellen Iteration liefert beeindruckende Ergebnisse – Quellen bzw. der Bezug von aufbereiteten Informationen ist jedoch kaum transparent und kann mitunter auch einem „data-bias“ unterliegen. Auf Basis solcher Daten getroffene Entscheidungen können damit in die falsche Richtung gehen.
Vor allem zeigen jüngere Beispiele, dass es eine aufmerksame Sensibilität hinsichtlich der Datengrundlage moderner KI-Systeme braucht. Ein X-Bot (vormals Twitter) eines namhaften IT-Dienstleisters entwickelt beispielsweise innerhalb weniger Stunden sehr fragwürdige Weltansichten, weil die Algorithmen unkorrekt von der Datenbasis lernten.
Auch „Fehlentscheidungen“ von KI-Systemen haben zum Beispiel bei selbstfahrenden Kraftfahrzeugen in der Vergangenheit schon zu sehr unerwünschten Ergebnissen geführt.
Kurzum: die Potentiale für die öffentliche Verwaltung sind aus heutiger Sicht immens.
Jedoch braucht es auch Kontrolle und Überwachung dieser Systeme, es braucht ein Feintuning von Algorithmen, denen „Entscheidungen“ anvertraut werden und es braucht Vorbilder von welchen moderne KI-Systeme wertneutral lernen können. KI-Systeme werden auch zukünftig den Menschen nicht davon entbinden, selbst zu denken!
Erste Feldversuche und Pilotprojekte sind allerdings äußerst vielversprechend mit Blick auf eine Professionalisierung der Entscheidungsfindung und Erleichterung vieler Arbeitsschritte und eröffnen gesamthaft den Blick auf eine spannende „Verwaltung 3.0“.