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Verpasste Chancen

Die KDZ-Analyse des FAG 2024 ist aus Gemeindesicht trist. „Der FAG hat zwar ein Mehr an 2,4 Milliarden Euro für die Länder und Gemeinden gebracht, das ist aber nur ein Drittel dessen, was sie gefordert haben“, sagt KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald. Er ortet schwere Konstruktionsfehler im neuen System.
Von Alexandra Keller

Ganz grundsätzlich bleibt vieles beim Alten. Weil „das Alte“ aber nicht mit dem Neuen in Einklang zu bringen ist, ist der Finanzausgleich 2024 (FAG 2024) für die Gemeinden ein recht schlechtes Geschäft. Die zwischen den drei Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden pandemiebedingt verspätete und zäh verhandelte Verteilung des Steuerkuchens zeigt längst ihre Tücken. Und diese Tücken zeigen, dass in den FAG-Verhandlungen viele Chancen zu einer Verbesserung der kommunalen Lage verpasst wurden. „Eine Anpassung des vertikalen Schlüssels wäre ein notwendiger Schritt gewesen, weil wir einfach veränderte Aufgaben haben. Soziales, Gesundheit und Elementarpädagogik haben an Bedeutung gewonnen“, stellt KDZ-Expertin Karoline Mitterer im public-Interview fest. Allein aus einer diesen Aufgaben entsprechenden Verschiebung des vertikalen FAG-Schlüssels hätten die Länder und Kommunen rund sieben Milliarden Euro mehr bekommen. Angesichts der gigantischen Herausforderungen, mit denen die heiklen Bereiche konfrontiert sind, eine den wachsenden Bedarfen angemessene Summe. Alles in allem steckt in den neuen FAG-Regeln und mit dem Paktum zusammenhängenden Finanzflüssen – wie etwa dem Zukunftsfonds - aber nur ein Plus von rund 2,4 Milliarden für Länder und Gemeinden, wobei letztere froh sein müssen, wenn die Länder ihnen die Mittel weiterleiten. „Es ist ein schwerer Konstruktionsfehler des Kompromisses, dass die Gemeinden nicht automatisch die Mittel bekommen, auf die sie Anspruch hätten, sondern mit den Ländern verhandeln müssen“, sagt KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald.

Keine Strukturveränderung. Sein Team hat die vom FAG 2024 dirigierten innerstaatlichen Geldflüsse durchleuchtet und musste feststellen: „Mit dem FAG 2024 kommt es zu keinen grundlegenden Veränderungen der Struktur des Finanzausgleichs. Was beobachtbar ist, ist eine weitere Aufwertung der Finanzzuweisungen des Bundes und damit indirekt eine Schwächung des Steuerverbundes. Keine Fortschritte wurden in Bezug auf eine Stärkung der eigenen Abgaben oder eine aufgabenorientiertere Verteilung der Ertragsanteile gemacht. Auch im Bereich der Länder-Gemeinde-Transferbeziehungen wurden keine Reformen umgesetzt.“

Keine Strukturveränderung. Keine Reformen. Was über die Auswirkungen des FAG 2024 auf die Gemeinden berichtet werden kann, steckt also lediglich in den Zahlen. Tja. Karoline Mitterer hat sie zusammengefasst und sie stellt fest: Im Bereich der bestehenden Finanzzuweisungen gemäß FAG 2024 erfolgte eine Erhöhung der Finanzzuweisung an Länder und Gemeinden für Gesundheit, Pflege und Klima um 240 Millionen Euro, wovon 46 Millionen Euro für die Gemeinden bestimmt sind. Mit zusätzlichen 60 Millionen Euro wurde der Strukturfonds aufgestockt. Zusatzmittel gibt es für die Gemeinden auch für den öffentlichen Verkehr (plus 30 Millionen Euro) und für Theater (plus 4 Millionen Euro). Insgesamt ergibt sich durch die Aufstockung bestehender Finanzzuweisungen des Bundes für die Gemeindeebene ein Plus von rund 140 Millionen Euro, rund 110 Millionen Euro davon betreffen die Gemeinden ohne Wien.

Über den Zukunftsfonds kommen nochmals 250 Millionen Euro für die Gemeinden dazu, knapp 200 Millionen Euro davon gehen an die Gemeinden ohne Wien.

Darüber hinaus gibt es Finanzzuweisungen, welche zwar nicht direkt über das FAG 2024 geregelt sind, aber über das Paktum zum Finanzausgleich bestimmt werden. Allen voran zu nennen sind hier zusätzliche Mittel für den Gesundheitsbereich von rund 600 Millionen Euro, welche primär den Krankenanstaltenbereich betreffen. Diese Mittel sollten daher indirekt auch den Gemeinden zugutekommen, da diese über Umlagen den Krankenanstaltenbereich mitfinanzieren. Der Anteil der Gemeinden an den Krankenanstaltenausgaben liegt in den Bundesländern ohne Wien bei rund 35 Prozent.

Damit sollten die zusätzlichen Mittel zu Minderausgaben bei den Gemeinden ohne Wien von maximal 150 Millionen Euro führen. Dies berücksichtigt jedoch noch nicht, dass den zusätzlichen Mitteln auch zusätzliche Aufgaben gegenüberstehen. Insgesamt kann daher noch nicht eingeschätzt werden, in welchem Ausmaß die Zusatzmittel tatsächlich auch zu einer Entlastung auf der Gemeindeebene führen.

Deutlich komplexer ist die Einschätzung der Aufstockung des Pflegefonds. Hier wurden primär bisher vom Bund bezahlte Maßnahmen in die allgemeine Finanzierung über den Pflegefonds überführt. Dies betrifft den Gehaltsbonus für Pflegekräfte, den Ausbildungszuschuss für Pflegeausbildungen und die Community Nurses. Da sich der Pflegefonds teilweise auch durch Gemeindemittel finanziert, ist insgesamt von keinen Mehrmitteln für die Gemeinden aus der Aufstockung des Pflegefonds auszugehen.

Neben den Bereichen Gesundheit und Pflege wurden im Paktum noch weitere Zusatzmittel für Gemeinden vereinbart. Dies betrifft den Schülertransport (plus 15 Millionen Euro) sowie Mittel für Assistenzpädagogen (plus 10 Millionen Euro). Veränderungen gibt es auch bei der Siedlungswasserwirtschaft, sodass hier ebenfalls mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Insgesamt ergeben sich damit Zusatzmittel für Länder und Gemeinden in der Höhe von 2,4 Milliarden Euro am Beispiel des Jahres 2024. Davon gehen gut 500 Millionen Euro an die Gemeinden ohne Wien, was einem Anteil von 24 Prozent an den Zusatzmitteln entspricht. Sollten die Gemeinden an den Zusatzmitteln des Zukunftsfonds für die Bereiche Wohnen/Klima beteiligt werden, könnte sich der Anteil noch weiter erhöhen. Auch wird bei dieser Übersicht angenommen, dass sich die
Zusatzmittel für den Gesundheitsbereich positiv auf die Umlagenentwicklung auswirken. Auch dies ist noch mit Unsicherheiten behaftet.
Zukunftsfonds und Kinderbetreuung. Beim neu installierten Zukunftsfonds handelt es sich nicht um einen rechtlich eigenständigen Fonds, sondern um eine Finanzzuweisung des Bundes mit einer groben Zweckwidmung. Die Mittel sind in erster Linie für die Bereiche Kinderbetreuung, Wohnen/Sanieren sowie Klima/Umwelt vorgesehen. Gleichzeitig sind Ziele hinterlegt, welche von den Ländern und Gemeinden gemeinsam erreicht werden sollen.

Der Zukunftsfonds kann dabei als Ersatz für die Nicht-Anpassung des vertikalen Schlüssels zugunsten von Ländern und Gemeinden gewertet werden. Letzterer wurde gefordert, um die Lücken im laufenden Betrieb von Ländern und Gemeinden schließen zu können und somit den Status Quo abzusichern. Stattdessen stellen die im Zukunftsfonds definierten Ziele primär auf den Investitionsbereich ab – wie etwa den Ausbau der Kinderbetreuungsquoten oder die 3-Prozent-Sanierungsrate bei öffentlichen Gebäuden.

„In der Praxis ist dennoch davon auszugehen, dass die Mittel in erster Linie zur Absicherung des laufenden Betriebes herangezogen werden. Am Beispiel der Kinderbetreuung ist dies auch explizit verankert worden, sodass die Mittel nicht nur für den Ausbau der Angebote, sondern auch für den laufenden Betrieb verwendet werden können“, nennt Karoline Mitterer den Grund dafür, dass das Erreichen der Ausbauziele angesichts der gegebenen Rahmenbedingungen eher unwahrscheinlich erscheint.

Wohnen und Klimaschutz. Ebenfalls schwierig werden die Ziele in den Bereichen Wohnen/Sanieren sowie Klima/Umwelt zu erreichen sein. Mit insgesamt nur 600 Millionen Euro jährlich aus dem Zukunftsfonds werden der enorme Investitionsbedarf nicht umsetzbar sein. So liegt der geschätzte Mehrbedarf an öffentlichen Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 je nach Szenario zwischen 68 und 117 Milliarden Euro, wobei der weit überwiegende Teil davon die Länder und Gemeinden betreffen wird. Mit den Mitteln des Zukunftsfonds kann daher nur ein geringer Teil der Maßnahmen umgesetzt werden.

Dass keine Regelungen bezüglich der Beteiligung der Gemeinden am Zukunftsfonds in den Bereichen Wohnen/Sanieren sowie Klima/Umwelt getroffen wurde, ist es, was Peter Biwald eingangs als schweren Konstruktionsfehler bezeichnete. Hierfür stehen insgesamt 600 Millionen Euro bereit, welche an die Länder überwiesen werden. Inwieweit diese einen Teil davon an Gemeinden weitergeben, ist Verhandlungssache.

„Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass hier bedeutende Zusatzmittel für die Gemeinden entstehen. Eine 3-Prozent-Sanierungsrate bei öffentlichen Gebäuden, die Verkehrswende, Energieeffizienzmaßnahmen etc. erscheinen jedenfalls unwahrscheinlich, wenn hier nicht weiter an Lösungen gearbeitet wird“, sieht Karoline Mitterer weiteren Handlungsbedarf.

Weil statt Reformen oder Strukturveränderungen viele verpasste Chancen im FAG 2024 stecken, scheint dieser Handlungsbedarf mehr als logisch.

Mehr zum Finanzausgleich lesen Sie unter www.kdz.or.at.