Wien, 12.1.2012 – Am 22. und 23. Jänner 2012 findet erstmals die „International Conference on Good Policies for Disabled People“ statt. Sie bringt rund 200 Parlamentarier, Vertreter von NGOs und Stiftungen, Wissenschaftler und Aktivisten der Behindertenrechtsbewegung zusammen.
Organisiert wird sie auf Initiative der Essl Foundation in Kooperation mit der Hamburger Stiftung World Future Council und dessen Gründer Jakob von Uexküll sowie der UniCredit Bank Austria.
Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung trat im Mai 2008 in Kraft. Mit dem Beitritt zur Konvention verpflichten sich die Nationen innerhalb von zwei Jahren dem UNAusschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD-Ausschuss) über den aktuellen Stand der Umsetzung zu berichten. Der Status ist derzeit jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich. Daher haben die Initiatoren beschlossen, einen führenden, unabhängigen und übergreifenden Think Tank zu etablieren, der einen umfangreichen Ländervergleich durchführt sowie herausragende Lösungsansätze identifiziert, um auf konstruktive Weise international Druck für eine beschleunigte Umsetzung auszuüben. Dabei geht es vor allem darum, positive Beispiele sowie Gesetze aufzuzeigen, bei denen soziale, legale, wirtschaftliche, politische und umgebungsbedingte Barrieren für Menschen mit Behinderung erfolgreich abgebaut wurden.
Zum ersten Mal werden im Jänner 2012 Parlamentarier, Vertreter von NGOs und Stiftungen, Wissenschaftler und Vertreter der Behindertenrechtsbewegung zusammentreffen, um diese vorbildlichen Gesetze zu diskutieren und deren Verbreitung in anderen Ländern anzuregen.
Das Zero Project
versteht sich als internationaler Think-Tank für die Umsetzung von
Barrierefreiheit und die Rechte von Menschen mit Behinderung. Im Bild:
Initiator KR Martin Essl (Gründer der Essl Foundation, CEO bauMax AG),
Projektpartner Willibald Cernko (Vorstandsvorsitzender UniCredit Bank
Austria AG), Dr. Michael Fembek (Programm-Manager, Essl Foundation).
Nicht im Bild: Jakob von Uexküll (Gründer des World Future Council,
Stifter des sog. „Alternativen Nobelpreises“) nahm per
Video-Liveschaltung an der Pressekonferenz teil. Falls Sie auch ins Detail sehen wollen ist die Langfassung unter www.zeroproject.org kostenlos verfügbar |
Mit dem ersten Zero Project Report wurde im Dezember 2011 eine neuartige, international vergleichende Studie zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung präsentiert. Kernelemente sind neben Indikatoren zur sozialen Inklusion erstmals auch vorbildliche Umsetzungen (Good Practices) und besonders gut gelungene Gesetze (Good Policies). Die Studie wurde in 36 Staaten durchgeführt und wird auch in Zukunft regelmäßig wiederholt. Insgesamt wurden über 100 Experten befragt.
Das seit 1. Jänner 2006 geltende Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz) wurde von den befragten Experten, gemeinsam mit sieben anderen nationalen Gesetzen anderer Länder, als besonders vorbildlich ausgezeichnet. Es regelt das Diskriminierungsverbot von Menschen mit Behinderungen im Bereich der gesamten Bundesverwaltung und im privaten Bereich beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Im Hinblick auf zugängliche, barrierefrei gebaute öffentliche Einrichtungen und Infrastruktur gilt es als beispielgebend für eine künftige Europäische Lösung.
Was die konkrete Umsetzung der Inklusion von Menschen mit Behinderung betrifft, müssen jedoch auch in Österreich noch Hausaufgaben erledigt werden. Akuter Handlungsbedarf besteht hierzulande bei Statistiken (etwa bei Ausbildung, Hochschulabschluss, Beschäftigung oder Wohnsituation), beim Rechtsanspruch auf finanzielle Unterstützung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und bei der Barrierefreiheit, z.B. der Schulung von Busfahrern oder der Anpassung von Katastrophen-Frühwarnsystemen.
Dabei zeigt sich, dass es hierzulande von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedliche Ergebnisse und Defizite gibt. Dies betrifft beispielsweise die Barrierefreiheit von Gebäuden, die in Kärnten und Oberösterreich am besten gewährleistet ist. Dagegen ist Wien das einzige Bundesland, in dem bereits in „Focal Point“ installiert wurde, der die Umsetzung der UNKonvention laufend überwacht. Darin sind vier Vertreter von Organisationen von Menschen mit Behinderung vertreten, eine Vertreterin einer gemeinnützigen NGO, und ein Experte aus dem Wissenschaftsbereich. Große Unterschiede gibt es auch bei den offizielle Statistiken über die Ausbildung/Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, der Frage nach der Zugänglichkeit von Arztpraxen, oder der barrierefreien Beförderung in Linienbussen. In fast allen Bundesländern sind die Busse in der Landeshauptstadt zumindest teilweise barrierefrei nutzbar. Oft sind die Fahrer jedoch nicht im Umgang vor allem mit Menschen mit intellektuellen Behinderungen geschult, und man ist auf bemühte Fahrer angewiesen.
Von einem wissenschaftlichen Beirat wurden acht Good Policies ausgewählt, die bei der Konferenz präsentiert und mit 200 internationalen Entscheidungsträgern aus dem Bereich der Behindertenpolitik diskutiert werden. Nach Begrüßungsworten vom Schirmherren der Konferenz, H.R.H. Prinz Ra’ad bin Zaid, und den Initiatoren Jakob von Uexküll (World Future Council), KR Martin Essl (Essl Foundation) und Fred Luks (Nachhaltigkeitsmanager der Bank Austria) folgen Grundsatzreden und Plenumbeiträge, u.a. von Bundesminister Rudolf Hundstorfer (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), Elisabeth Schroedter MEP (Vize-Vorsitzende des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten im Europäischen Parlament), Lord Colin Low von Dalston CBE (Vize-Präsident des britischen Königlichen Nationalen Instituts für blinde Menschenund Mitglied im House of Lords) und Yannis Vardakastanis (Präsident des Europäischen Behindertenforums).
Danach werden herausragende und beispielhafte Gesetze gegen dringende Probleme von Menschen mit Behinderungen in Workshops vorgestellt und diskutiert:
• Diskriminierungsschutz, Gleichstellung und Barrierefreiheit in Großbritannien, Österreich und Spanien: Die Gesetzgebungen dieser drei Staaten weisen entweder einen umfassenden Ansatz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen auf, oder beinhalten vorbildliche Aspekte des Diskriminierungsschutzes und zur Herstellung von Barrierefreiheit
• Unterstützung in persönlicher Entscheidungsfindung in British Columbia (Kanada): Mit seinem Gesetz über Vertretungsvereinbarungen wies British Columbia den Weg für die Anerkennung auf das Recht auf Unterstützung in der persönlichen Entscheidungsfindung durch persönliche Planungsinstrumente, so genannte Vertretungsvereinbarungen.
• Das Recht auf Selbstbestimmtes Leben in Schweden: Das Gesetz über Hilfs- und Dienstleistungen für Menschen mit bestimmten Behinderungen erlaubt Menschen mit beträchtlichen Behinderungen gute Lebensbedingungen mit seinen Bestimmungen für zehn besondere Dienstleistungen, u.a. das Recht auf persönliche Assistenz, welches die Grundlage für einen nachfrageorientierten und wettbewerbsfähigen persönlichen Assistenzmarkt schaffte.
• Das Recht auf inklusive Bildung in Italien: Italien hat nahezu alle gesonderten Bildungseinrichtungen abgeschafft. Sein Rahmengesetz zur Assistenz, sozialen Eingliederung und Rechte von Menschen mit Behinderungen verankert das Recht aller Schüler mit besonderen Bedürfnissen auf eine qualitativ hochwertige inklusive Bildung.
• Zugang zu Justiz in Israel: Viele Justizsysteme in der ganzen Welt sind nicht zugänglich für Menschen mit geistigen, intellektuellen oder Kommunikationsbeeinträchtigungen. Das Ermittlungsverfahren- und Zeugenaussagengesetz schreibt vor, dass in Israel ein Spezialermittler den Polizeiverhören assistiert. Zudem führt es bedeutende Vorkehrungen für Zeugenaussagen vor Gericht ein, z.B. die Freistellung von Kreuzverhören als Zeuge/in.
• Die schwedische persönliche Ombudsperson: Schweden etablierte ein nationales System von persönlichen Ombudspersonen, die Hilfe bei der Entscheidungsfindung für Personen mit schweren geistigen und psychosozialen Behinderungen leisten.
In den Workshops werden neben führenden Vertretern der umsetzenden Länder prominente Experten aus Österreich diskutieren, u.a. Abg. z. NR Mag.a Helene Jarmer, Behindertenpolitische Sprecherin der Grünen, Abg. z. NR Dr. Franz-Josef Huainigg, Behindertenpolitischer Sprecher der ÖVP, Dr. Franz Küberl, Präsident der Caritas Österreich, Dr. Michael Landau, Präsident der Caritas Wien, Mag. Albert Brandstätter, GF der Lebenshilfe Österreich, Mag. Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, Mag. Martin Schenk, stv. Direktor der Diakonie Österreich, Dr. Erwin Buchinger, Behindertenanwalt, Dr. Max Rubisch, Experte für Behindertenpolitik im Bundesministerium für Soziales, Arbeit und Konsumentenschutz, Hon.Prof. Dr. Georg Kathrein, Leiter der Zivilrechtssektion des Bundesministeriums für Justiz, Mag.a Barbara Schwarz, zuständige Landesrätin in Niederösterreich, Mag. Franz Wolfmayr, Präsident von EASPD, und viele andere.
Ziel des Zero Project ist es, sich mit regelmäßigen Publikationen, Kongressen und einer Webseite als international führender Think Tank zum Abbau von Barrieren im Sinn der UN-Konvention zu etablieren. Es ist neben dem jährlich verliehenen Essl Social Prize das zweite langfristige Projekt der Essl Foundation. Auf der Zero Project Website www.zeroproject.org, die auf der Konferenz im Jänner 2012 offiziell gestartet wird, stehen die im Report identifizierten Good Practices und Good Policies im Mittelpunkt. Die Seite wird als interaktive Plattform für Menschen mit Behinderung, NGOs, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft verschiedenste Formen von Beteiligung ermöglichen.
Die Martin und Gerda Essl Sozialpreis gemeinnützige Privatstiftung („Essl Foundation“) wurde im März 2008 gegründet. Sie erhielt eine ausreichende finanzielle Ausstattung, um nachhaltig die jährliche Vergabe des Essl Social Prize und andere soziale Aktivitäten sicher stellen zu können, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen, und das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Unterstützung Hilfsbedürftiger in der Öffentlichkeit zu fördern.
Der von Jakob von Uexküll gegründete World Future Council umfasst bis zu 50 Mitglieder aus Politik, Geschäftswelt, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Kultur aus allen fünf Kontinenten. Der WFC recherchiert in enger Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Gruppen, Parlamentariern, Wissenschaftlern und internationalen Organisationen weltweit nach zukunftsgerechten Gesetzen und Politikansätzen, und berät politische Entscheidungsträger bei der Umsetzung dieser. Derzeit ist der WFC in den Bereichen Zukunftsgerechtigkeit, Klima und Energie, stabile Ökosysteme, nachhaltige Wirtschaft, gerechte Gesellschaften sowie Frieden und Abrüstung aktiv.
Die Bank Austria ist seit 2005 Mitglied der UniCredit, einer der größten europäischen Bankengruppen, und beschäftigt in 372 Geschäftsstellen in Österreich rund 10.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (inklusive der Tochtergesellschaften der UniCredit Gruppe in Österreich). Neben Sponsortätigkeiten in den Bereichen Kultur, Nachhaltigkeit und Sport engagiert sie sich für benachteiligte Menschen und leistet damit ihren sozialen Beitrag.
Auf der Zero Conference sprechen weiters: Johan ten Geuzendam (Leiter des Referats für die Rechte von Menschen mit Behinderung der Europäischen Kommission), Miguel Ángel Cabra de Luna (Ko-Vorsitzender des Europäischen Stiftungskonsortiums Menschenrechte und Behinderung sowie Mitglied des Europäischen Ausschusses für Wirtschaft und Soziales), Prof. Lisa Waddington (Lehrstuhl für europäisches Behindertenrecht des Europäischen Behindertenforums an der Universität von Maastricht), Stefan Trömel (Direktor der International Disability Alliance), Prof. Gerard Quinn (Direktor des Zentrums für Behindertenrecht und -politik der Nationalen Galway-Universität von Irland), Prof. Antonio Luis Martínez-Pujalte López (Lehrstuhl für politische und Rechtsphilosophie an der spanischen Miguel-Hernandez-Universität) sowie Javier Güemes (Direktor des Europäischen Behindertenforums).
Zero Report 2012 Executive Summary AT__.pdf
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