Lokalpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter müssen mit Drohungen und Anfeindungen rechnen. Tätliche Angriffe folgen zum Glück nur selten. Trotzdem verbessern Sicherheitssysteme und Zutrittskontrollen das Sicherheitsgefühl. Sie dürfen aber nicht zur Barriere zwischen Bürger und Behörde werden.
Von Christian Stemberger
Ein Amoklauf in einem öffentlichen Gebäude – ein sehr unwahrscheinliches Ereignis, aber eine Horrorvision für Beamte und Bürger. Ende Februar war es wenigstens nur eine verunglückte Übung am Klagenfurter Bezirksgericht, die dieses Szenario wieder in Erinnerung brachte. Ziel solcher Manöver ist es, Bewusstsein für den Krisenfall zu schaffen und das richtige Verhalten zu erlernen. Da die Mitarbeiter aber vorab nicht informiert wurden, geriet die an sich sinnvolle Übung zum Albtraum für die Angestellten des Gerichts.
Todesangst
Die Kärntner Polizei habe auch bereits Konsequenzen gezogen und stelle ihre Beamten nur mehr dann als Darsteller für Amokübungen zur Verfügung, wenn schriftlich nachgewiesen sei, dass alle Betroffenen von der Übung in Kenntnis gesetzt wurden, berichtet Karl-Heinz Grundböck vom Innenministerium: „Anders macht es auch keinen Sinn, denn in Panik lernt man nichts aus der Übung, sondern wird schlimmstenfalls traumatisiert.“
Um das Bewusstsein für den Ernstfall zu stärken, hat das Innenministerium in Kooperation mit dem Kuratorium Sicheres Österreich zwei Gratisleitfäden für die Sicherheit in öffentlichen Gebäuden herausgegeben.
Die Balance finden
Öffentliche Gebäude wie Gemeindeämter, Bezirkshauptmannschaften, Ämter der Landesregierungen, Kindergärten, Schulen oder Kliniken sind tagsüber geöffnet und leicht zugänglich.
Und das soll auch so bleiben, denn Bürgernähe und Servicequalität sind wesentliche Merkmale guter Verwaltung.
Besonders hohen Sicherheitsrisiken seien Krankenhäuser ausgesetzt, sagt Peter Hruschka vom Landesklinikum Mostviertel in Melk: „Patienten und ihre Angehörigen erwarten einen bestmöglichen Schutz. Das gilt für Leib und Leben ebenso wie für Hab und Gut.“ Im Krankenhaus Melk wurde vor kurzem ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Sicherheit in öffentlichen Gebäuden gestartet, das auf Szenarien wie Streitigkeiten oder Diebstähle bis hin zu Amokläufen und Bombendrohungen abzielt.
Geheimsache
Auch hier steht das richtige Verhalten der Mitarbeiter und Führungskräfte durch Ausbildung und Sensibilisierung im Vordergrund, aber auch die Verbesserung der technischen Vorkehrungen in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt ist geplant. Zu genau will Hruschka nicht darauf eingehen: „Beispielhaft kann ich einen Alarmknopf auf den Stationen nennen. Nähere Details sind jedoch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.“
Drastisch verschärft wurden in den letzten Jahren die Sicherheitsmaßnahmen an den Bezirksgerichten.
Das ist aber weniger einer veränderten Bedrohungslage geschuldet – Gewaltausbrüche vermeintlicher Justizopfer finden nur sehr selten statt –, sondern dient zuerst der Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Gerichtsmitarbeiter und der Parteien am Gericht.
Das Justizministerium ist um ein lückenloses Netz von Sicherheitskontrollen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften bemüht. Derzeit verfügen bereits 80 Prozent über Sicherheitsschleusen, an denen Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen die Bürger am Weg ins Gebäude mit Metalldetektoren kontrollieren.
Die Zahl der von der Gerichtssecurity gefundenen Gegenstände nimmt sich auf den ersten Blick bedrohlich aus: So wurden 2008 300 Schusswaffen einbehalten und 2011 bereits 400. Bei den Hieb- und Stichwaffen stieg die Zahl von 45.000 auf 50.000 und bei den sonstigen gefährlichen Gegenständen explodierte die Statistik von 46.500 auf fast 135.000.
Beruhigend
Auf den beruhigenden Boden der Realität führt der Umstand zurück, dass es sich bei den meisten dieser potenziellen Mordwaffen um Jausenmesser, Schraubenzieher, Regenschirme oder Pfeffersprays handelt.
Um einem Missbrauch in einer emotionalen Ausnahmesituation vorzubeugen, werden sie ihren Besitzern beim Eingang abgenommen und bei Verlassen des Gebäudes wieder ausgefolgt.
Private Sicherheitsanbieter arbeiten mittlerweile flächendeckend dem öffentlichen Dienst zu. Zumeist dort, wo es eine stärkere Kundenfrequenz gibt. So stellen sie auch Portiere und Security in Ministerien und Landesregierungen und neuerdings auch Sicherheitsstreifen auf den niederösterreichischen Bezirkshauptmannschaften. Matthias Wechner, Group 4 Security, setzt auf Prävention: „Wir sind keine Ersatzpolizei. Mit unseren Streifen wirken wir abschreckend auf potenzielle Täter und dienen als Ansprechpartner für die Mitarbeiter in den Ämtern.“
Überschaubar
Ganz anders als auf Bezirksgericht und Bezirkshauptmannschaft ist die Lage in der Gemeinde. Während dort eine gewisse Anonymität gegeben ist, kennt man sich in der Gemeinde im Regelfall. Nicht immer ist das von Vorteil, finden Drohungen und Anfeindungen dann doch bevorzugt im privaten Bereich der Bürgermeister und der Gemeindebediensteten statt.
Dazu sind die Gemeindeämter schon von ihrer Größe her überschaubar. Der Bedarf an Sicherheitspersonal und Zutrittsschleusen ist daher endenwollend. Aber Videoüberwachung und moderne Schließsysteme können durchaus auch auf der Gemeinde Sinn machen. Da sollte man auf die Gesamtkosten achten, sagt man beim österreichischen Schließsystemspezialisten EVVA: „Aufwändige Verkabelungen und Umbauarbeiten an den Türen treiben die Kosten rasch in die Höhe.“
Nicht immer geht es bei Sicherheitslösungen ausschließlich um Sicherheit. Neben einem zeitgemäßen Einbruchsschutz bringen aktuelle Schließsysteme auch organisatorische Entlastung. Da sie auch die flexible Handhabung der Zutrittsberechtigungen erlauben und sich in die Zeiterfassung integrieren lassen.
HANDBÜCHER SICHERHEIT |
Die beiden Handbücher
Sicherheit in öffentlichen Gebäuden, die sich jeweils an Führungskräfte
und Mitarbeiter richten, geben über technische Sicherheitsmaßnahmen
Auskunft, leiten die Erstellung eines Krisenplans an und informieren
über das richtige Verhalten im Ernstfall sowie die adäquate
Nachbetreuung. Download: http://www.bmi.gv.at/cms/BK/praevention_neu/projekte/Sicherheit_Gebude.aspx |