Professionelle Gebäudereinigung wird zunehmend zur herausfordernden Management-Aufgabe. Gilt es doch im kommunalen Bereich, einerseits die besonderen Anforderungen – speziell von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen – zu berücksichtigen und andererseits dem immer größer werdenden Kostendruck Rechnung zu tragen.
Von Paul Christian Jezek
Den Marktbeobachtern Kreutzer, Fischer & Partner zufolge ist der Markt für Gebäudereinigung in Österreich im Vorjahr um etwas mehr als ein Prozent gewachsen. Als Wachstumstreiber erwiesen sich dabei einmal mehr die anhaltend robuste Konjunktur in der Sachgüterindustrie, die steigenden hygienischen Anforderungen im Gesundheitssektor und der ungebrochene Trend zur Auslagerung der Hausmeisterarbeiten im Wohnbau. Trotz hoher Wettbewerbsrivalität konnten auch 2011 Preiserhöhungen durchgesetzt werden.
„Mit den Herausforderungen des Marktes kommen die Anbieter unterschiedlich gut zurecht“, kommentiert Kreutzer, Fischer & Partner. So entwickeln sich etwa Simacek und DIW deutlich besser als der Gesamtmarkt. ISS – das Unternehmen sieht sich als Facility-Service-Marktführer in Österreich – konnte hierzulande den Umsatz auf 193 Mio. Euro steigern, das sind um 7 Mio. mehr als im Jahr zuvor. Einen Grund dafür sieht Geschäftsführer Erich Steinreiber in der Konzentration auf die Kernkompetenzen: „Die Kernbereiche von ISS in Österreich sind ganz klar die infrastrukturellen Services wie Reinigung und Bewachung/Reception Services, aber natürlich auch alle technischen Services.“ Doch auch Sodexo zeigt beispielsweise eine gute Performance während andere renommierte Hersteller Terrain verlieren.
Gefragte Dienstleistungen
Die „klassische“ Gebäudereinigung, bedingt durch die zunehmende Auslagerung gewisser Tätigkeiten, aber auch die Hausbetreuung, ausgelöst durch das Auslaufen des Hausbesorgergesetzes, sind speziell im letzten Jahrzehnt zu sehr gefragten Dienstleistungsbereichen geworden. Allein in der Stadt Wien, die aufgrund der vielen Geschäfts- und Privatgebäude auch der größte österreichische Markt ist, werden mehr als 15.000 Arbeitnehmer in diesem Segment regelmäßig beschäftigt.
Dieser Boom hat zu einem starken Wettbewerb unter den Unternehmen geführt – daher ist es wichtig, über entsprechendes Know-how zu verfügen. Als zentrale Ausbildung gelten Lehre und Meisterprüfung in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, die auch als grundsätzlicher Befähigungsnachweis für dieses Handwerk gelten. Denn das Hausbetreuungsgewerbe ist ein freies Gewerbe – ein Befähigungsnachweis ist nicht erforderlich.
Ende September des Vorjahres wurde in Wien-Liesing die neue, topmoderne Gebäudereinigungsakademie eröffnet, die Meisterkurse, Hygieneschulungen sowie Kurse zu verschiedensten Reinigungsthemen anbietet.
„Unsere Branche wächst, die Anforderungen an die Mitarbeiter auch. Qualifizierte Fachkräfte sind gefragt und wir sorgen mit der Gebäudereinigungsakademie für Aus- und Weiterbildung auf höchstem Niveau“, betont der Innungsmeister der Landesinnung Wien der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger, KommR Gerhard Komarek. „Neben einem originalgetreuen Krankenstationszimmer, einer Ordination und einer Schulklasse haben wir auch eine echte Garnitur der Wiener U-Bahn in die Akademie integriert.“ Zusätzlich gehören die speziell präparierte Außenfassade, eine Halle mit 13 unterschiedlichen Bodenmaterialien sowie die Industrieküche des Hauses zu den „Trainingsplätzen“ der Akademie. „Professionelle Reinigung erfordert heute großes Know-how: über Chemie, ressourcenschonenden Einsatz von Reinigungsmitteln, Arbeitsplatzsicherheit, aber auch die Fähigkeit zur Gefahrenanalyse“, weist Komarek darauf hin, dass das neue Ausbildungszentrum das modernste dieser Art in Europa ist.
Trend zur Nachhaltigkeit
In Deutschland steht in Sachen Gebäude-reinigung gerade das große Thema Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Die gründlichen Nachbarn haben im April einen eigenen Nachhaltigkeitskongress für die Branche veranstaltet. „Unsere Anbieter müssen ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltiger werden, um weiterhin den Kundenanforderungen zu entsprechen“, erklärt Kongress-Organisator Detlef Stange. „Das Handwerk Gebäudereinigung umfasst nicht nur das Putzen, sondern längst auch komplexere Tätigkeiten wie etwa die Verwaltung von Liegenschaften im Rahmen des Facility Managements. Ein riesiges Potenzial nachhaltiger Einsparmöglichkeiten, die man dem Kunden schmackhaft machen könnte, liegt brach.“
Wenngleich bei Auftraggebern der öffentlichen Hand weiterhin nur der Preis zählt, fordern Ausschreibungen der Privatwirtschaft zunehmend Nachweise nachhaltiger Reinigungs- und Dienstleistungen – und gesetzliche Anforderungen zur Energieeffizienz ziehen nach. Der Fachkongress zeigte auf, wie dies gelingen kann, wobei dem konsequenten Sparverhalten Vorzug gegeben wurde. Stange nennt – neben der Umstellung auf Ökostrom und optimierte Heiztechnik – etwa den sparsamen Chemikalieneinsatz beim Waschen von Bezügen oder energiearme Staubsauger. „Nachhaltige Gebäudereinigung erfordert viele Einzelmaßnahmen, die ganzheitlich ausgerichtet, gebündelt und kommuniziert werden müssen“, erklärt der Branchenexperte.
Neben der Energiefrage spiele auch der rationelle Umgang mit Ressourcen eine wichtige Rolle – und nicht zuletzt soziale Nachhaltigkeit. „Reinigung ist personalintensiv, weshalb gute Ausbildung und Maßnahmen des Arbeitsschutzes wichtig sind, um Leute im Geschäft zu halten.“ Die Veranstalter des Kongresses hoffen, dass das Thema zum Selbstläufer wird. „Einerseits kann Nachhaltigkeitsorientierung der Branche helfen, ihr Image zu stärken und sich als spezialisierter Dienstleister zu behaupten. Andererseits kann nachhaltiges Handeln nicht nur den Wert der Arbeit steigern, sondern auch Kosten der Auftraggeber senken. Mehrere großindustrielle Betriebe haben bereits mit Reinigungsfirmen errechnet, wie viel sie auf diese Weise eingespart haben – etwa beim Strombedarf oder der Müllentsorgung. Nachhaltigkeit rentiert sich“, verdeutlicht Stange.
Neue Ideen aus Italien
Das vor drei Jahren aus dem Technologiezentrum Polo Tecnologico di Navacchio hervorgegangene Start-up IsTech hat ein innovatives Verfahren zur Bekämpfung der Luftverschmutzung entwickelt. Mithilfe des patentierten „Air Pollution Abatement“ kann die vor allem durch den städtischen Nahverkehr belastete Atemluft wirksam von Feinstaub und anderen Schadstoffen befreit werden. Das einem elektrischen Durchlauferhitzer ähnliche Gerät wird derzeit im Stadtzentrum von Rom auf seine Alltagstauglichkeit getestet.(http://www.polotecnologico.it)
Die auf Wohnungs- und Renovierungsbau spezialisierte italienische Harpo hat einen innovativen, selbstreinigenden Hausanstrich entwickelt. Damit können Schadstoffe und Smogpartikel in für die Umwelt unschädliche Substanzen umgewandelt werden. „Der von uns patentierte Smogfresser besteht aus einer Mischung aus oligomeren Siloxanen, Titandioxid und Pigmenten“, so Firmeninhaber und Hauptgeschäftsführer Franco Stock.
Damit würden toxische Verbindungen wie Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Ammoniak, Formaldehyd, Benzol und das als Feinstaub bekannte Pm10 unschädlich gemacht. Stickstoffoxid wird in Kalziumnitrat und somit in eine umweltneutrale Verbindung umgewandelt. Außerdem sind zusätzliche Substanzen beigemischt, die auf großer Bandbreite die Bildung von Schimmel und Algen verhindern. „Der größte Vorteil dabei ist, dass die Gebäudefassaden wasserabstoßend sind und sich bei jedem Regen selbst reinigen, ohne besonderen Wartungsbedarf“, sagt Stock.
Der matte Anstrich muss lediglich auf den vorhandenen Verputz oder Spritzbeton aufgetragen werden. Die Wirksamkeit des in fünf Jahren Laborarbeit entstandenen Verfahrens kann an zwei Wohngebäuden in Mailand und Triest in Augenschein genommen und überprüft werden. Beide sind von der Umweltvereinigung Legambiente und dem italienischen Wirtschaftsministerium auch als Niedrigenergiegebäude der Güteklasse A+ anerkannt worden.
„Um eine 100-prozentige Garantie für einen nachhaltigen Anwendungserfolg zu geben, müssen die vor zwei Jahren fertig gestellten Gebäude noch für einige Zeit unter Beobachtung gehalten werden“, erklärt Stock. (http://www.harpogroup.it)