Großveranstaltungen sind beliebt. Sie bringen Menschen und Geld in die Gemeinde. Sie haben Mehrfachnutzen, heißt es – und sind ein wichtiger Bestandteil des Standortmarketings. Eines bedeuten sie jedoch auch: hohe Investitionen. Ob sich die wirklich rechnen, ist mehr als fraglich.
Von Marcus Eibensteiner
Mit Olympia, WM & Co. ist das eine komische Sache. Da werden jedes Mal zig Millionen Euro in Gemeinden und Städte investiert, aber eine umfassende Schlussbilanz wird praktisch nie erstellt. Denn, was in der Regel völlig fehlt, sind die Gesamtausgaben, was also Bund, Länder, Gemeinden und auch Staatsbetriebe in Summe für den jeweiligen Event lockergemacht haben. Damit kann praktisch nie ermittelt werden, ob eine Großveranstaltung tatsächlich Gewinn gebracht hat oder nicht.
Einfach zum Nachdenken
So wie bei der Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2008. Dokumentiert sind zwar relativ viele Zahlen – von den Besuchern in den Stadien und Fan-Zonen bis zu den Benutzern öffentlicher Verkehrsmittel –, aber eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse fehlt bis heute.
Ski-WM 2013: Ob sich die hohen Investitionen für Schladming |
In Schladming (Stmk.)
ist das nicht anders. Da geistert zwar die Zahl von 400 Millionen Euro
an Investitionen für die Ski-WM durch die Medien, doch so genau will das
von der steiermärkischen Landesregierung niemand bestätigen. Zu viele
Ressorts seien bei den Investitionen involviert, wird gesagt. Außerdem
gebe es mehrere Haftungen. Und noch ein Phänomen tritt beim Thema Großveranstaltungen fast immer auf: Wenn sich gewisse Investitionen überhaupt nicht mehr erklären lassen, wird immer der „unbezahlbare Werbewert“ genannt. Das Schöne daran: Er ist nicht überprüfbar. Denn die Befürworter von Großveranstaltungen führen jedes folgende Nächtigungsplus natürlich auf den Event zurück, jeder Rückgang hat selbstverständlich andere Gründe. Feststeht: Im Jahr 2008 gab es ausgerechnet zur EM-Zeit im Juni sowohl bei den Ankünften als auch bei den Nächtigungen ein ordentliches Minus (4,3 und 4,1 Prozent). Da davor und danach die Nächtigungszahlen stiegen, ist das ein Indiz dafür, dass Großveranstaltungen eher abschreckend auf Touristen wirken. Auch die heurige Ski-WM kann nicht den Gegenbeweis antreten. Sie fand genau in den beiden Wochen statt, in denen die Hotels dank Semesterferien in Österreich und der „Faschingsurlaubswoche“ in Deutschland ohnedies schon immer gut ausgelastet waren. Der „Werbeeffekt“ ist also frühestens in ein paar Wochen messbar, wenn die Event-Karawane endgültig weitergezogen ist. |
Teure Sportruinen
Das ist übrigens auch eines der wenigen Beispiele, in denen Baumaßnahmen anlässlich einer Großveranstaltung irgendetwas gebracht haben. Denn in der Regel wird zu viel und zu groß gebaut. Ein klassisches Beispiel ist das Wörthersee Stadion in Klagenfurt. Die Kosten des Gesamtprojekts mit dem dazugehörigen Sportpark betrugen offiziell 66,5 Millionen Euro. Dieses Geld ist praktisch futsch, denn das Stadion, das sämtlichen UEFA- und FIFA-Richtlinien entspricht, ist nun Heimstätte des Vereins SK Austria Klagenfurt, der in der österreichischen Regionalliga Mitte spielt. Das ist, international betrachtet, gerade einmal eine bessere Schulmannschaft. Eine Umbenennung in Jörg-Haider-Stadion, wie einst von der FPÖ gefordert, wäre heute also passender denn je.
Das EM-Stadion in Salzburg zeigt noch eine weitere Facette von Großveranstaltungsbauten auf. Die Anrainer rund um das Stadion hatten einer Erweiterung nur unter der Bedingung zugestimmt, dass das Stadion nach dem Event wieder auf die ursprüngliche Kapazität zurückgebaut wird. Das passierte allerdings bis heute nicht. Vielmehr wurden sämtliche Genehmigungen eingeholt, dass die Erweiterung bestehen bleiben kann.
Aber auch in kleinen Gemeinden bringen Großveranstaltungen nicht unbedingt den Geldregen. So ist die kleine burgenländische Ortschaft Bildein mit ihrem Rockfestival „picture on“ schon seit Jahren äußerst erfolgreich unterwegs. Jährlich strömen tausende Jugendliche für ein paar Tage in das 300-Seelen-Dorf. Bürgermeister Walter Temmel: „Einen Gewinn erwirtschaften wir trotzdem nicht. Es kostet nämlich auch alles sehr viel.“
Mittlerweile haben sich auch die Bewohner von Bildein an das Spektakel im Sommer gewöhnt, Beschwerden über die laute Musik oder beschädigte Wiesen gibt es kaum noch. Der Bürgermeister: „Nur ein Bewohner ist nach wie vor strikt dagegen. Ich erkläre ihm dann immer, dass die Jugend auch ihre Zeit braucht – und dass uns das Festival international bekannt macht.“
Häupltraum?
Übrigens: Bei der nächsten Volksbefragung in Wien will die Stadtregierung unter anderem wissen, ob sich die Bundeshauptstadt für die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2028 bewerben soll. Insider rechnen mit einem klaren Votum dagegen. Sollte die Befragung anders ausgehen, müsste die Stadt schon heute dafür massiv sparen. Denn die letzte Olympiade in London wurde anfangs mit 2,4 Milliarden Euro budgetiert, kostete schlussendlich aber rund 15 Milliarden Euro.
Fünfzehn. Milliarden. Euro.