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Immer häufiger lassen Gemeinden ihre Straßenbeleuchtung von nicht befugten Unternehmen „sanieren”. Sie gehen damit ein beträchtliches Risiko für die Verkehrssicherheit und die Gemeindefinanzen ein. Von Robert Koch
Bei der Straßenbeleuchtung lässt sich vielerorts Energie und Geld sparen. In den Gemeindeämtern stapeln sich die Hochglanz-Broschüren der verschiedenen Anbieter. Und jede Woche kommen neue verführerische Angebote dazu.
Doch die Rechnung geht nicht immer auf. Denn immer öfter bieten Firmen eine Sanierung der Straßenbeleuchtung an, die dazu weder befähigt noch berechtigt sind. Lassen sich Gemeinden auf derartige Offerte ein, begeben sie sich auf rechtliches Glatteis und riskieren als Erhalter hohe Folgekosten durch technischen Pfusch und Schadenersatzforderungen.
Vergaberecht
public liegt ein Dokument von Ernst Feldner vor. Der staatlich geprüfte und beeidete Zivilingenieur für Elektrotechnik und „Prüfer des zertifizierten Lichttechnikers im Normungsinstitut Wien“ listet darin die Fälle von vier niederösterreichischen und fünf burgenländischen Gemeinden auf. Alle haben nicht befugte Unternehmen mit der Erneuerung der Straßenbeleuchtung beauftragt oder sind im Begriff, dies zu tun. Damit verletzen sie das Bundesvergabegesetz. Denn in Österreich obliegt die Projektplanung von Straßenbeleuchtung Ziviltechnikern oder Ingenieurbüros des Fachgebiets Elektrotechnik. Für reine Lichtplanungen empfehlen sich zertifizierte Lichttechniker für Außenbeleuchtung. Diese Qualifikation beziehungsweise Eignung fehlt den von Professor Feldner kritisierten Auftragnehmern jedoch.
In einigen Fällen wurde auch die EU-weite Ausschreibungspflicht umgangen. Diese amtlichen Fehltritte könnten rechtliche Konsequenzen für die betroffenen Gemeinden nach sich ziehen. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis es einem seriösen Anbieter reicht, von fachlich nicht qualifizierter Konkurrenz ausgebootet zu werden – und dieser fragwürdige Vergaben zur Anzeige bringt. Schlimmstenfalls könnte den Gemeinden sogar eine Rückabwicklung des gesamten Auftrags drohen.
Planlose Sanierung
Vielfach steht bei den Straßenbeleuchtungen „made by Billigstbieter“ lediglich die Steigerung der Energieeffizienz im Blickpunkt. Auf die Vorschriften des Elektrotechnikgesetzes, das unter anderem eine elektro-technische Gesamtaufnahme der Straßenbeleuchtung verlangt, wird dabei oft vergessen. „Ohne elektrotechnische Gesamtaufnahme fehlt jede Planungsgrundlage“, weiß Feldner.
Wie wichtig etwa die Kontrolle von Isolierungen und Schutzmaßnahmen ist, leuchtet ein. Schließlich sind die bestehenden Anlagen häufig 30, 40 und mehr Jahre alt. Verzichten Gemeinden auf diesen umfassenden Check, riskieren sie Unfälle – und eine Reihe von Folgeproblemen als Erhalter. „Es hat in Österreich bereits mehrere Strom-unfälle in Zusammenhang mit der öffentlichen Beleuchtung gegeben, zum Glück noch keinen Todesfall“, warnt auch Bernhard Gruber, Geschäftsführer der L.U.X. Beleuchtungskonzepte GmbH. Nachsatz: „Allerdings haben schon manche Hunde ihr Bein zum letzten Mal am Laternenmast gehoben.“
Düstere Gefahren
Haftungen können auf die Gemeinde auch zukommen, wenn die neue Straßenbeleuchtung nicht die erforderliche Lichtqualität (gemäß EN 13201 und der neuen ÖNORM O 1052) auf die Straße bringt oder es zu Blendungen kommt. Nicht normgerechte Straßenbeleuchtung beeinträchtigt die Verkehrssicherheit. Bei Verkehrsunfällen durch Blendwirkung auf dusteren Kreuzungen oder Zebrastreifen drohen dem Straßenerhalter Klagen von potenziellen Unfallopfern. Dennoch frönen offenbar einige Gemeinden lieber zwei Prinzipien: „Wo kein Kläger, da kein Richter“ und „Wird schon nix passieren“.
Kostenexplosion
Das Fehlen detaillierter Bestandserhebungen und normgerechter Pläne zur Erneuerung birgt aber auch ein finanzielles Risiko technischer Natur für die Gemeinden – vor allem nach Ablauf von Garantiefristen.
Gibt es bereits ausreichend Langzeiterfahrungen mit den eingesetzten Produkten? Wie lange hält die moderne Elektronik rund um die neuen LEDs die Überspannungen, Stromspitzen und atmosphärischen Einflüsse in der veralteten Verkabelung aus? Wird es in einigen Jahren diese speziellen LEDs überhaupt noch geben? Oder ist der Hersteller dann längst in Konkurs? Kurz, es ist höchst ratsam, beim Umstieg auf LEDs geprüfte Produkte einzusetzen und Systeme zu wählen, die von mehreren Herstellern angeboten werden.
„Es bedarf detaillierter Konzepte, um langfristig Kosten zu sparen“, erklärt der zertifizierte Lichttechniker Gruber. „Dazu gehören auch ein Ersatzteilkonzept samt Wiederbeschaffungsgarantien und ein Serviceplan. Sonst kann es passieren, dass sich die Straßenbeleuchtung nach Ablauf der Garantie- oder Contracting-Laufzeit in schlechterem Zustand befindet als vor der Sanierung.“ Prinzipiell sei es falsch, bei der Straßenbeleuchtung ausschließlich auf die Energieeinsparung abzuzielen. „Zuerst müssen die verkehrs- und elektrotechnischen Erfordernisse erhoben werden, bevor man sich der Frage stellt, ob und wie Energie gespart werden kann.“
Keine Wunderlampe
LEDs werden gerne als das Nonplusultra in der Straßenbeleuchtung verkauft. Doch Professor Feldner zeigt sich skeptisch und meint, dass diese die erforderliche Lichtqualität nicht immer zu vergleichbaren Kosten mit herkömmlichen, technisch hochwertigen Leuchtmitteln erreichen.
Vor allem im hochrangigen Straßennetz kann der Einsatz von modernen Natriumdampfhochdruck- oder Metalldampfhalogenlampen technisch und wirtschaftlich sinnvoller sein. „Ohne detaillierte Planung besteht die Gefahr einer nicht einschätzbaren Kostenexplosion“, warnte die Planungsgemeinschaft L.U.X. Beleuchtungskonzepte/ZT Feldner einen niederösterreichischen Bürgermeister und zeigte eine Reihe „fundamentaler Mängel“ in dessen Sanierungsvorhaben auf.
Ob die Ratschläge der Experten fruchten, wird sich zeigen. public bleibt dran ...