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„Erst aushungern, dann Fusionen fordern“

Fusion oder Kooperation? Die public-Redaktion lud (v. l. n. r.) Helmut Mödlhammer (Gemeindebund-Präsident), Cornelia Ehmayer (Stadtpsychologin), Mario Abl (BGM Trofaiach), Doris Kampus (Land Steiermark), Peter Biwald (GF KDZ), Franz Schausberger (EU-Ausschuss der Regionen) und Thomas Weninger (Generalsekretär Städtebund) zum Round Table. Moderiert von Manfred Perterer (Chefredakteur Salzburger Nachrichten) und Alexandra Keller (public) wurde im Wiener Rathaus nach gangbaren Wegen aus dem kommunalen Dilemma gesucht.

public: Herr Bürgermeister Abl, die Gemeinde Trofaiach wurde mit zwei Gemeinden fusioniert. Provokant könnte man sagen, Sie haben die Gemeinden inhaliert – sehen Sie das auch so?

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 Bgm Mario Abl, Trofaiach

Mario Abl: Nein. Wir haben nun mit zwei langjährigen Partnergemeinden, mit denen wir schon seit Jahrzehnten viele Dinge gemeinsam gemacht haben, den letzten Schritt vollzogen und eine neue gemeinsame Stadt gegründet. Der Prozess ist sehr komplex. Die Menschen in den Gemeinden aktiv zu beteiligen, ist der Schlüssel, um dieses Projekt positiv durchzuführen. Das ist das Um und Auf. Mit 1. Jänner 2013 wurden die drei Gemeinden zu einer neuen Einheit zusammengeschlossen und seither arbeiten wir intensiv an diesem Umsetzungsprojekt. Wir haben eine Aufbruchstimmung in unseren drei Gemeinden erzeugen können, und wir sagen: Packen wir es gemeinsam an und schauen, was wir in der größeren Einheit besser machen können.

public: Frau Kampus, können Sie die Kriterien nennen, die generell für die Entscheidungen der Landesregierung bei der Planung der Gemeindezusammenlegungen maßgeblich waren?

Kampus

Mag. Doris Kampus, Steiermark

Doris Kampus: In der Phase eins wurden die Gemeinden auf Basis von vier Kriterien analysiert: Kriterium eins war die Bevölkerungsentwicklung – die ist in der Steiermark teilweise sehr dramatisch. Mehr als 300 der 539 Gemeinden der Steiermark verlieren Einwohner – teilweise bis zu 30 Prozent und mehr. Das zweite Kriterium ist die Entwicklung des Haushalts einer Gemeinde, und das dritte sind Raumplanung, Siedlungsverflechtung und Topografie. Das vierte Kriterium ist die Ausstattung mit kommunaler In-frastruktur. Jede Gemeinde wurde analysiert und daraus ergab sich, ob für die Gemeinde Handlungsbedarf besteht oder nicht. Gab es diesen Bedarf, kam die Phase zwei, wo über Varianten diskutiert wurde, mit welcher Gemeinde sich diese eventuell vereinigen kann.

public: Die Größe scheint entscheidend zu sein. Herr Biwald, gibt es aus Ihrer Sicht eine ideale Gemeindegröße?

Peter Biwald: Diese Größe gibt es nicht, sie wird auch in Europa unterschiedlich gehandhabt.Wenn Sie in die skandinavischen Länder schauen, bekommen Sie den Eindruck, dass die ideale Gemeindegröße bei 20.000 bis 30.000 Einwohnern aufwärts liegt. In Mitteleuropa sind die Gemeindestrukturen wesentlich kleinteiliger. Betrachtet man die Gemeindestruktur aus Effizienzgesichtspunkten – also nach Ausgaben je Einwohner –, sieht man aus Sicht der Verwaltung, dass die Gemeinden mit 5.000 bis 10.000 Einwohnern die geringsten Ausgaben je Einwohner haben. Sieht man sich die Gesamtausgaben an, haben Gemeinden mit 1.500 und 5.000 Einwohnern ein günstiges Optimum. Es sind natürlich auch andere Faktoren – wie Geografie, Topografie oder der Bedarf an stärkeren regionalen Zentren – zu berücksichtigen.

public: In Europa ist ein Nord-Süd-Gefälle feststellbar. In Frankreich gibt es viele sehr kleine Gemeinden, in Dänemark nur knapp 90. Herr Schausberger, Sie haben zuletzt im Ausschuss der Regionen ein Papier durchgebracht, das sich mit dem Thema Gemeindefusionen sehr kritisch beschäftigt hat. Wie ist Ihre Position aus gesamteuropäischer Sicht?

Schausberger

Dr. Franz Schausberger, AdR

Franz Schausberger: Grundsätzlich sollte man sehr aufpassen. Eine Fusion ist leicht gemacht, die Gemeinden wieder auseinanderzudividieren, wenn es nicht funktioniert, ist ungleich schwerer. Ich bin grundsätzlich gegen Fusionen. Nur wenn eine Befragung der Bürger positiv ausfällt und die Fusion freiwillig passiert, darf eine Ausnahme gemacht werden. Ich sehe sie als letzte Möglichkeit und bin überzeugt, dass vieles auch mit Kooperationen erreicht werden kann. Europaweit ist es so, dass wir bis zum Vertrag von Lissabon eine Entwicklung gehabt haben, die sehr stark die Regionen, Gemeinden und Städte gefördert und auch ihre Stellung gestärkt hat. Jetzt ist die Krise gekommen – und was mich besonders aufregt, ist, dass die ökonomischen Argumente und die Effizienzargumente alle anderen übertrumpfen. Es wird gesagt: Weniger Gemeinden bedeuten billigere Verwaltung, daher fordern wir Zusammenlegen. Es gibt aber noch andere Kriterien. Wenn wir Gemeinden zusammenlegen, reduzieren wir eine demokratische Ebene. Die Bürgernähe wird eingeschränkt und dann gibt es die Frage des Identitätsverlustes. Auch muss man die historische Entwicklung unbedingt berücksichtigen. Zum viel gepriesenen Beispiel Dänemark ist zu sagen, dass dort die Ausgaben für die Verwaltung enorm gestiegen sind, und es wird schon wieder eine Änderung angedacht. Fusionen dürfen aus meiner Sicht nur als allerletzte Möglichkeit durchgeführt werden. Kooperationen sind überall und jederzeit möglich.

public: Ein wesentlicher Beweggrund für Fusionsgedanken ist das Kostensparen. Herr Präsident Mödlhammer, Sie schütteln den Kopf?

Helmut Mödlhammer: Das Beispiel Steiermark zeigt ja, dass man über manche Dinge nur lächeln kann. Das Land hat immer noch ein riesiges Defizit und jetzt sagt man, dass die Gemeinden schlecht wirtschaften. Die steirischen Kommunen haben 2011 einen Maastricht-Überschuss von 80 Millionen Euro erwirtschaftet, wir sollten hier also die Kirche im Dorf lassen. Ich bin nicht grundsätzlich gegen Fusionen, aber eine Fusion muss Sinn machen. Wenn man eine Gemeinde, die seit Jahren Überschüsse macht, mit zwei negativen Gemeinden zusammenlegt, wird die neue Großgemeinde davon auch nicht gesund. Am wichtigsten ist aber, die Menschen in solche Entscheidungen einzubeziehen. Reformschritte soll man mit den Menschen machen und nicht gegen sie. Im Übrigen ärgert es mich maßlos, dass man Kooperationen erschwert, anstatt sie zu vereinfachen. Kooperationen wären die richtigen Alternativen zu Fusionen.

public: Geht es um Heimat und Identität, sind Gemeinden wichtige Faktoren. Frau Ehmayer, wie beobachten Sie als Stadtpsychologin die Auseinandersetzung?

Ehmayer

Dr. Cornelia Ehmayer, Stadtpsychologin

Cornelia Ehmayer: Das größte Kapital einer Gemeinde ist ihr Sozialkapital nach Bourdieu oder, wie ich es ausdrücke: das lebendige Gemeinwesen. Gemeinden, für die sich niemand engagiert, sterben aus. Wenn es um Gemeindezusammenlegungen geht, dann steht der Erhalt eines lebendigen Gemeinwesens – meiner Meinung nach – an erster Stelle. Ein lebendiges Gemeinwesen ist der Garant dafür, dass Gemeinden besser über Krisen hinwegkommen. Das ist wichtig, da Gemeindezusammenlegungen zu einem Verlusterlebnis führen können. Insbesondere kann es zu einem Verlust der Ortsidentität kommen. Die Ortsbindung entsteht fast von selbst, indem man an einem Ort lebt und wohnt. Gefällt es einem in dem Ort, ist die Bindung höher – und die Leute bleiben länger. Die Ortsidentität ist mehr als ein emotionales Phänomen – sie entsteht, wenn Menschen sich in die Gestaltung der Umgebung einbringen. Gestalten Menschen beispielsweise einen Park mit, dann sind sie an den Park gebunden und identifizieren sich auch mehr mit der Stadt oder dem Ort, in dem sie leben. Bei Zusammenlegungen, bei denen der alte Gemeindename verloren geht, ist es wahrscheinlicher, dass es zu einem Identitätsverlust kommt. Aber in der Gefahr liegt natürlich auch eine Chance. Wenn dieser lang andauernde Prozess mit den richtigen Personen, Methoden und Ressourcen umgesetzt wird, kann dies durchaus positiv sein. Wichtig ist, dass auf die Logik und die Tradition der jeweiligen Gemeinde eingegangen wird. Auch würde ich empfehlen, nicht von Fusionen zu sprechen, das klingt sehr wirtschaftslastig, mir gefällt das Wort „Gemeindevereinigungen“ besser.

public: Herr Weninger, als Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes können Sie der Debatte recht gelassen folgen, weil die Städte weniger betroffen sind, und wenn, dann als Nehmer. Oder ist dieser Eindruck falsch?

Weninger

Dr. Thomas Weninger,

Österr. Städtebund

Thomas Weninger: Ja. Ich denke, es geht um andere Fragen als Kooperation oder Fusion. Ich halte nichts davon, nach den Kriterien Haushalt, demografische Entwicklung und Raumplanung/Siedlungsstruktur vorzugehen. Den Haushalt würde ich schon mal wegnehmen, denn wir wissen alle nicht, was eine Fusion wirklich bringt. Ich halte auch nichts davon, die wirtschaftlichen Effizienz-Kriterien auf die Gemeinden umzulegen, weil die Gemeinden keine Kunden haben, sondern Bürger. Demokratie ist etwas anderes als Privatwirtschaft. Wichtig ist die Zurverfügungstellung von Infrastruktur. Und da müssen wir uns fragen, was uns die Infrastruktur im kleinländlichen Raum noch wert ist – oder ob wir uns das noch leisten können. Stichwort: Kleinschulen oder Bildungszentren. Hinzu kommt das Thema Mobilität. In Österreich haben wir – was den öffentlichen Verkehr betrifft – in den letzten 30 Jahren enorme Versäumnisse zu verzeichnen. Wenn die Regionen besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen wären, wäre es kein Problem, 40 Kilometer von Graz entfernt zu wohnen und in der Stadt zu arbeiten. Wir müssen uns fragen, wie wir Angebote der Daseinsvorsorge im räumlichen Zusammenhang organisieren, und überlegen, wie man Kommunalpolitik wieder attraktiver gestaltet. Die Gebietsgemeinde ist beispielsweise eine Variante, die in der Bundesverfassung vorgesehen ist. Hier geht es darum, im räumlichen Zusammenhang Dinge gemeinsam zu verwalten und zu gestalten.

public: In der Steiermark war der Druck der beiden Parteichefs entscheidend, die vor der nächsten Landtagswahl die Reform gerne über die Bühne hätten ...

Mödlhammer: ... Reformen sind in Ordnung. Der entscheidende Punkt ist aber, dass man so etwas nicht durchpeitschen sollte, es muss wachsen. In der Steiermark beschweren sich die Bürgermeister darüber, dass die verantwortlichen Politiker nicht mit ihnen sprechen, ihnen berechtigte Fragen nicht beantworten, sondern die dritte Reihe an Beamten schicken. Das ist nicht in Ordnung. Die Bürgermeister fühlen sich zu Recht vernachlässigt und in ihren Bedenken nicht ernst genommen. So sollte das aber nicht sein – und so geht das auch mit Sicherheit schief.

public: Ist es grundsätzlich so, dass große Gemeinden die kleinen schlucken?

Kampus: Unser Konzept – in der Steiermark – sieht vor, dass wir grundsätzlich am Aufbau neuer Gemeinden arbeiten. Das heißt, dass die einzelnen Gemeindepartner eine neue Gemeinde bilden. Ausschlaggebend ist das Bild, mit dem ich hinausgehe und es kommuniziere. Wir haben aus der Erfahrung gesehen, dass es für jede Gemeinde – groß oder klein – eine große Herausforderung bedeutet. Die Leute bleiben ja in ihren Orten, und wir passen die Verwaltungsgrenzen den Lebensrealitäten an.

Weninger: Wenn man etwas schluckt, kann man sich auch verschlucken. Wenn ich Gemeinden eingliedere, habe ich zwar mehr Ertragsanteile, aber auch höhere Kosten und höhere Transferleistungen. Ich muss sagen, dass von unseren Städtebund-Mitgliedern – jenen über 20.000 Einwohnern – keines daran denkt, Nachbarn einzugemeinden. Die Linz AG versorgt 104 Gemeinden mit diversesten Leistungen, trotzdem denkt in Linz niemand daran, mit einer Umlandgemeinde zu fusionieren.

Biwald: Fusion heißt nicht per se, dass die Kleinen geschluckt werden. Bei Fusionen geht es ja auch um eine bessere Positionierung der Regionen. Die Fusion löst aber nicht alle Probleme. Wenn die Stadt Salzburg mit der Gemeinde Hallwang freiwillig fusionieren würde, würden die Probleme der Region Salzburg nicht gelöst werden. Da braucht man andere Ansätze. Auch wenn österreichweit flächendeckend fusioniert werden würde, müsste man sich für die Stadtregionen und dezentralen Zentren Governance-Strukturen überlegen. Im Mittelpunkt einer Fusion stehen nicht die Feuerwehren oder Vereine, sondern die Verwaltung und das Ziel, stärkere politische Strukturen zu schaffen. Vieles im Verwaltungsbereich kann aber auch mit Kooperationen erreicht werden.

Schausberger: Ich habe ein Problem. Gerne würde ich mich darauf einigen, dass wir nicht mehr von Gemeindefusionen, sondern von Gemeindeneugründungen reden. Wir übersehen, dass es einen Trend gibt, den ich grundsätzlich ablehne. Mit der Wirtschaftskrise europaweit haben wir einen sehr simplen, zum Teil sogar dümmlichen Trend mitbekommen – der lautet: Wenn ich drei zusammenlege, ist das um vieles billiger. Es hat sich schon hundertmal herausgestellt, dass das Anbieten der Dienstleistungen, die dezentral erfolgen, letztendlich billiger ist als die zentralen Angebote. Darum geht man eigentlich in die Dezentralisierung hinein. Ich kann es nicht mehr hören, dass die Gemeinden zu schwach sind und nicht mehr attraktiv. Ja, hat man denn alles getan in den letzten Jahren, um sie attraktiv zu machen? Hat man Infrastrukturprojekte dorthin gebracht? Erst aushungern und dann sagen, die sind zu nichts mehr in der Lage, ist ein dummes Argument.

public: Was kann nicht mit einer Kooperation erreicht werden, was mit einer Neugründung oder Fusion erreicht werden soll?

Biwald

 Mag. Peter Biwald, KDZ

Biwald: Die Frage ist, wie weit Kooperationen gehen sollen. Sollen sie punktuell oder umfassend sein? Das Steyr-Modell etwa geht in Richtung umfassend, wobei dort nicht alles integriert ist. Die wichtigsten Verwaltungsleistungen – aber auch Teile der Infrastruktur – werden künftig gemeinsam bespielt. Das heißt, dass Kompetenzzentren geschaffen werden – in der Gemeinde A wird das Baurecht, in der Gemeinde B die Kinderbetreuung etc. organisiert. Hier gibt es keinen Mehrzweckverband, sondern eine dezentrale Lösung. Die Gemeindeämter bleiben bestehen. Wenn es weiterhin primär punktuelle Kooperationen gibt, wird das Potenzial nicht ausgeschöpft. Das kann erst mit einer umfassenden Kooperation erreicht werden. Wir haben nicht nur in der Verwaltung Potenziale und im Baurecht, sondern in den meisten Infrastrukturbereichen. Das beginnt bei den Schulen und Kindergärten, geht über die Kulturbereiche hin zum Sozial- und Infrastrukturbereich. Da braucht es gesamte Lösungen. Und da stellt sich die Frage, ob das im Rahmen der bestehenden Anreizsysteme möglich ist. Würden diese Anreizsysteme ausreichen, würde es mehr Kooperationen geben. Die Landesumlage zu kürzen, ist nur eine Möglichkeit.

Schausberger: Bei den Verwaltungsgemeinschaften bleiben wahrscheinlich viele Dinge bestehen, die vielleicht bei Fusionen verloren gehen. Bei Kooperationen gibt es auch wesentlich mehr Flexibilität als bei der Neugründung einer Gemeinde. Ich würde sogar so weit gehen, dass Kooperationen nationale Grenzen überschreitend möglich sein müssen.

Mödlhammer: Erst in zwei Bundesländern wurde das Gesetz, das Mehrzweckverbände ermöglicht, beschlossen. Zudem haben wir ein Mehrwertsteuerproblem – und das ist ein entscheidender Punkt. Wenn sich die Leistungen um 20 Prozent verteuern, werden sich die Gemeinden fragen, warum sie das überhaupt machen sollen. Das kann es nicht sein. Der Staat erschwert die Kooperationen und macht sie auch noch zu einem Geschäft, indem er kassiert. Es wird im Grunde genommen darauf hingearbeitet, dass nur noch große Einheiten bestehen, die zudem im Wettbewerb stehen. Das Allgemeinwohl wird dabei komplett vernachlässigt.

Weninger: Immer, wenn es darum geht, den Bundeshaushalt zu konsolidieren, gibt es ein Krokodil. Einmal heißt es Staatsreform, ein anderes Mal Verwaltungsreform – und jetzt Gemeindestrukturreform. Ich glaube nicht, dass dort das große Geld zu holen ist. Man kann den Gemeinden nicht vorwerfen, dass sie nicht bemüht waren, Reformen durchzuführen. Doch die negative Seite daran ist, dass die Investitionen in den letzten Jahren zurückgegangen sind. Und das ist für die regionale Wirtschaft ein erkleckliches Auftragsvolumen, das da verloren geht. Ich kann die Aufgaben anders organisieren oder gestalten, doch die Aufgaben selbst werden nicht weniger. Das Thema ist, wie mit der kommunalen Struktur insgesamt umgegangen wird in diesem Staat.

public: Kommt es bald zu einem Aufstand der Gemeinden?

Mödlhammer: Der Plafond ist erreicht. Wir sind am Ende der Fahnenstange angekommen. Die Investitionen, die

Moedlhammer
Präsident Helmut Mödlhammer, Österr. Gemeindebund
nicht mehr möglich sind, treffen vor allem die regionale Wirtschaft. Es ist fünf vor zwölf – und wenn den Gemeinden noch mehr Aufgaben übertragen werden, steht das bislang sehr erfolgreiche System an der Kippe. Davor warne ich unsere Freunde in den Ländern und im Bund.

public: Sind die Gemeinden diesbezüglich politisch zu schwach?

Mödlhammer: Wir könnten noch stärker sein, keine Frage.

Schausberger: Der Ausgangspunkt ist doch, dass wir in einer Staatsschuldenkrise sind, die Schulden müssen reduziert werden. Dann schaue ich mir an, wie die Staatsschulden verteilt sind. Ich weiß es nicht ganz genau, doch der Anteil des Bundes an den Staatsschulden liegt bei 94 Prozent, und die Gemeinden sind mit zwischen drei und fünf Prozent daran beteiligt. Das heißt, wenn ich alle Gemeinden abschaffe, werden die Staatsschulden noch lange nicht saniert.

Weninger: Irgendwann geht es nicht mehr. Der Zugang zur österreichischen Bundesfinanzierungsagentur für die kommunale Ebene war Anfang des Jahres wieder Thema. Die Frau Finanzministerin meinte, dass auch die Länder sich darüber finanzieren sollen – das erspare ihnen 45 Millionen Euro an Zinslast. Schön, wir würden uns auch gerne Zinslast ersparen, doch wir dürfen nicht. Die Räume immer enger zu machen und dann die Zusammenlegung als Allheilmittel zu nennen, kann nicht der richtige Zugang sein.