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Zukunft im Meer der Daten 

Big Data heißt es immer öfter, wenn von Verarbeitung und Nutzung extrem großer Datenmengen gesprochen wird. In der öffentlichen Verwaltung findet man derzeit noch wenig real existierende Anwendungsbeispiele. Möglichkeiten gibt es aber viele. 

Von Christoph Archet

 

 

Warum beschäftigt das Thema Big Data dermaßen? 90 Prozent der heute weltweit existierenden Daten wurden allein in den letzten zwei Jahren erzeugt. Täglich werden 2,5 Trillionen Bytes an Daten produziert - dass die Datenflut anhält beziehungsweise sich um ein Vielfaches erhöhen wird, gilt als unbestritten. Big Data bezeichnet dabei die Verarbeitung, Sammlung und Analyse von extrem großen Datenmengen zum Erzielen von wirtschaftlichem Nutzen (Google analysiert z. B. die aus Sucheingaben gewonnenen riesigen Datenmengen und nutzt dieses Wissen gewinnbringend). Durch die technologische Weiterentwicklung ist es möglich, Daten in Echtzeit zu verknüpfen und in relevante Informationen umzuwandeln.

Dass auch in Städten und Gemeinden in Hinkunft mehr Daten anfallen werden, liegt auf der Hand, wenn man allein an die Vielzahl von Verfahren, die komplexen Dienste sowie die tausenden IT-Arbeitsplätze im Verwaltungsbereich denkt, wissen Experten einschlägiger IT-Dienstleister. Und selbst wenn Verwaltungs-Daten nicht alle ständig genutzt werden und auch nicht für umfassende Analysen zusammengeführt werden, machen sie doch deutlich, dass das Thema Big Data auch in der öffentlichen Verwaltung eine Herausforderung sein kann.

Sicherheit, Energie und Medizin

zukunftDas Anwendungsgebiet von Big Data Analytics ist unendlich - dass die Analyse vorhandener Daten über unzählige Branchen hinweg enormen Wert hat, zeigen folgende Beispiele: Energieversorger können heute dank Datenanalyse in der Größenordnung von Petabytes den geforderten Strombedarf aktuell bereitstellen und vorausplanen. Und mit prädiktiven Modellen können intelligente Geräte ihren Energieverbrauch so steuern, dass Lastspitzen vermieden werden.

Dies wird umso interessanter, je mehr intelligente Messgeräte (Stromzähler und Thermostate) Verbrauchsdaten übermitteln, wenn Versorger die Preise vorausschauend flexibel ändern und intelligente Batterien, Heizungen und Haushaltsgeräte automatisch ihren Verbrauch entsprechend optimieren.

In Krankenhäusern können dank laufender Auswertung medizinischer Monitoring-Daten kritische Gesundheitszustände 24 Stunden früher erkannt werden, wodurch sich für das medizinische Personal eine weitere Entscheidungsgrundlage für die Behandlung ergibt. "Wir leben im Big-Data-Zeitalter, dementsprechend entwickeln wir unser Leistungsangebot weiter. Wesentlich ist, dass Big Data-Anwendungen auf eine zuverlässige und erprobte Big-Data-Plattform aufbauen", so Wolfgang Nimführ, Big Data Industry Solutions Leader bei IBM Österreich und IBM Schweiz.

In dem EU-Forschungsprojekt INSIGHT (2012-2015) entwickelte das renommierte Fraunhofer Institut mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) einen Prototyp für die schnelle Lageerfassung und -bewertung durch Big Data Analytics. Fast in Echtzeit sollen künftig Mobilfunkdaten, Social Media, Sensordaten und News Streams beobachtet, analysiert und visualisiert werden. Komplexe Ereignisse und Trends, die auf katastrophenrelevante Zustände hinweisen, sollen in dem Lagezentrum möglichst frühzeitig detektiert und bewertet werden. Ein derartiges Einsatzgebiet wäre etwa bei Hochwasserkatastrophen wie im Juni dieses Jahres.

Problem Datenschutz

Big Data wird verwaltungsintern aber nicht nur positiv gesehen, sondern ist unter anderem aus datenschutzrechtlichen Aspekten auch umstritten. "Es besteht zum Beispiel die Gefahr, dass bei der Verknüpfung die Rückschlussmöglichkeit auf eine Einzelperson bei großen Datenmengen höher wird", erklärt Gregor Eibl von der Abteilung E-Government im Bundeskanzleramt. Die Bedenken erklärt Eibl anhand eines einfachen kleinen Beispiels: Betrachtet man eine einzige Quelle, kann man durch Weglassen des Namens allein schon praktisch anonymisieren, z. B. "Herr X, Bäcker in Großarl". Wenn man eine andere Quelle hinzunimmt (hier einfach ein Telefonbuch/Branchenverzeichnis etc.), dann wird bald klar, dass das eigentlich nur eine bestimmte Person sein kann, und der Rückschluss auf diese ist daher in der Zusammenschau der Quellen möglich, auch wenn jede einzelne Quelle für sich genommen "anonymisiert" ist.

Bei Übertragung des einfachen Beispiels auf das "große Internet" mit seinen Millionen von Quellen kann auch eine pseudonyme Mailadresse "mickey.mouse12345@web.de" über alle möglichen Daten zusammengeführt und analysiert werden, bis zu dieser Mailadresse der richtige Name verknüpft ist.

Big Data lebt auch vom Gedanken des Mitmachens, und das steht und fällt mit der Frage des persönlichen Nutzens. Was daraus erwachsen kann, zeigen Open-Data-Initiativen in Ländern, die öffentliche Daten für jedermann verfügbar und nutzbar machen. Dies sind etwa Daten der öffentlichen Verwaltung. Die USA und Großbritannien sind die Vorreiter dieser Bewegung.

Bildnachweis:Dreaming Andy - Fotolia.com