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Berufsbilder ändern sich, Interdisziplinarität ist keine Ausnahme mehr, sondern die Regel, Social Media haben längst Einzug in so gut wie jede Branche gehalten: Aber was für Auswirkungen muss all das auf Ausbildungsprogramme in der öffentlichen Verwaltung haben? Von Nicole Kranzl
In anderen europäischen Ländern ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium für viele Jobs in der öffentlichen Verwaltung Voraussetzung - nicht so in Österreich; ein Umstand, der weniger auf die fehlenden Möglichkeiten zu einer fachspezifischen Ausbildung zurückzuführen ist, als vielmehr auf die Einstellungs- und Personalpolitik. Dennoch: Das Bewusstsein, dass man heute schon und in Zukunft noch mehr in der öffentlichen Verwaltung auf gut ausgebildete Fachkräfte setzen wird müssen, setzt sich langsam, aber stetig auch hierzulande durch.
Welche Hebel ansetzen?
Doch wo genau ansetzen? Wie können Aus- und Weiterbildungsprogramme in der öffentlichen Verwaltung den grundlegenden geänderten Rahmenbedingungen dieser Branche gerecht werden? Schwierige Fragen, die sich endlos fortsetzen ließen: Darf man Bürgermeister und Amtsleiter zu einzelnen Lehrgängen verpflichten? Wie bildet man junge Jobanwärter in einem derart dynamischen Feld wie der öffentlichen Verwaltung, so aus, dass man auch in einigen Jahren noch davon profitiert? Und, nicht zuletzt: Wie schafft man in einer Branche, in der zum Teil sachfremde politische Einflüsse auf Personalentscheidungen noch immer sehr groß sind, das Bewusstsein für den Wert einer fundierten Ausbildung? Fest steht: An Ausbildungsprogrammen mangelt es mittlerweile nicht mehr - und die sind genauso im Wandel begriffen wie das Berufsbild des "Beamten" - im übrigen ein Begriff, der ein Bild des Bediensteten in der öffentlichen Verwaltung suggeriert, das längst nicht mehr der Realität entspricht.
Die Verwaltung wird immer spezialisierter, die Rahmenbedingungen und dementsprechenden Aufgaben der öffentlichen Hand wechseln immer schneller, bis vor wenigen Jahren völlig fremde Bereiche Einzug in die Branche gehalten haben: Interdisziplinäre Fragegestellungen, Mehrebenenverwaltung, Social Media und natürlich auch europäische Fragen gehören längst zum Alltag in Österreichs Rathäusern. Keine Frage, dass die auch speziellen Ausbildungsprogramme Rechnung tragen müssen - am besten solche, die jederzeit, sozusagen auf Abruf, bereitstehen; eine Aufgabe, die die Kommunalakademien mit ihrem Kursprogramm abdecken. An den Kommunalakademien wird zum Beispiel auch rasch auf Gesetzesnovellierungen reagiert.
Verpflichtende Ausbildung
Peter Parycek, Leiter des Zentrums für E-Governance an der Donauuni Krems, sieht hingegen vor allem bei der Ausbildung von Bürgermeistern und Amtsleitern noch viel Potenzial. "Amtsleiter werden nach wie vor primär auf rechtliche Rahmenbedingungen geschult; was natürlich wichtig ist. Aber gerade beim Teamleadership muss noch einiges verbessert werden: Wie führe ich ein Team? Und natürlich auch: Was erwarten sich neue Arbeitskräfte von neuen Führungskräften?" Auch in einem zweiten Punkt sieht Parycek noch Potenzial. "Die fachspezifische Ausbildung wird gut gemacht, da gibt es auch ausreichend Programme. Was fehlt ist oft das Prozessmanagement, also der ganze Komplex, wie denn nun eigentlich die moderne Verwaltung aussieht." Genau aus diesem Grund plädiert Parycek auch für verpflichtende Ausbildungsprogramme - eine Forderung, die unter anderem auch vom Obmann des Fachverbands leitender Angestellter Franz Haugensteiner immer wieder geäußert wird. "Schwieriger wird eine verpflichtende Ausbildung natürlich bei den Bürgermeistern", meint Parycek. "Denn ich kann ja nicht jeden, der zur Wahl antritt, zu einer Ausbildung verpflichten. Andererseits wird aber gerade für die Bürgermeister die Verantwortung immer größer. Eine Art Intensivprogramm, in dem die wichtigsten Elemente drin sind, wäre auf jeden Fall von Vorteil. Früher oder später wird man darüber nachdenken müssen."
Ähnlich beurteilt Franziska Cecon, Studienkoordinatorin für Public Management an der FH OÖ die Situation. "In der öffentlichen Verwaltung braucht es Führungskräfte, die den Willen zur Veränderung zeigen, Mut zu Neuem und Interesse an gelungenen Beispielen haben und sich von diesen auch inspirieren lassen. Mehr denn je ist gerade in diesem Bereich visionär-strategisches Denken gefragt", so Cecon. "Und natürlich braucht es da auch systemisches Handeln und Denken. Führungskräfte müssen abschätzen können, welche Prioritäten und welche Maßnahmen für welche Ziele und welche Ausgangslage geeignet sind. Und zuguterletzt braucht man auch das Know-How, um all das umsetzen zu können: Nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch grundlegendes Wissen in Bereichen wie Projektmanagement und Moderationskompetenzen sowie Kommunikations-, Dialog- und Konfliktfähigkeit. Und: Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung müssen dazu in der Lage sein, die Reforminstrumente an die jeweilige Organisation anzupassen."
Spezialwissen gefragt
Cecon sieht auch eine klare Tendenz bei den fachlichen Themen. "Vor dem Hintergrund der Alterspyramide im öffentlichen Sektor werden Personalentwicklung, lebenslanges Lernen und Kompetenzorientierung wichtiger. Durchlässigkeiten müssen verstärkt gefördert werden", so die Studiengangkoordinatorin. "Mit der Alterspyramide hängen auch andere Themen zusammen, zum Beispiel der gesamte Bereich Wissensmanagement: Wie sichert eine Organisation am besten Wissen? Welchen Vorspruch kann eine Organisation durch aktives Wissensmanagement erreichen? Effiziente Managementinformationssysteme und Steuerungsmechanismen, zum Beispiel die steuerungsrelevante Aufbereitung von Daten für Entscheidungsträger, oder die zu erwartenden Neuerungen rund um das öffentliche Haushaltswesen - all das muss Teil einer Aus- bzw. Weiterbildung sein." Außerdem, so Cecon, sollte auch die Bürgerbeteiligung nicht außer Acht gelassen werden: Bürger müssten sinnvoll, also themen- oder projektabhängig einbezogen werden, mittels Kommunikation Transparenz geschaffen werden - kurzum, das Vertrauen in die öffentliche Hand gestärkt werden; sei es mit Initiativen wie "offenem Haushalt" oder der Nutzung der Möglichkeiten des Web 2.0.