Eine Reform, die eigentlich keine ist und noch dazu nachgebessert werden muss.
Sogar frühzeitiger als geplant hat Österreich nun endlich die lang erwartete Steuerreform. Die Regierung präsentiert sie als größte Steuerreform der zweiten Republik, was angesichts einer Entlastung von rund 5 Milliarden Euro, zwar durchaus ein beachtliches Volumen darstellt, aber ob man hier tatsächlich von einer Steuer"reform" sprechen kann, ist fraglich. Außerdem steht die Gegenfinanzierung auf wackeligen Beinen und wird von vielen Wirtschaftsexperten wie Werner Doralt oder der Linzer Uni-Professor Friedrich Schneider als unrealistisch eingeschätzt. Insbesondere die Zahlen in puncto Steuerbetrug seien zu hoch angesetzt.
Zentrales Element der Steuerreform ist eine massive Lohnsteuersenkung. Die Regierung hat im Zuge des Ministerrates am 17. März 2015 die Steuerreform beschlossen und ihre Inhalte präzisiert. Weitere Entlastungen gibt es beim Kinderfreibetrag, dem Verkehrsabsetzbetrag und der Pendlerpauschale, während eine Erhöhungen der Grunderwerbs-, Immobilienertrags- und Kapitalertragssteuer 400 Millionen Euro bringen soll.
Was wäre eine Reform ohne Kritiker, und die hat die Regierung im Grunde genommen selbst auf den Plan gerufen. Sie stehen bereits seit der Verkündung der Steuerreform am Freitag, den 13. März 2015, auf den Barrikaden. Details sind nämlich auch Tage nach der offiziellen Präsentation weiter unklar, müssen noch verhandelt bzw. „nachgebessert“ werden. Betroffene beginnen sich zu wehren: Die Geldinstitute sprechen sich gegen die Aufweichung des Bankgeheimnisses bei Betriebsprüfungen aus, die Gastronomen gegen die allgemeine Registrierkassenpflicht, die Hotellerie gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen, Tierfreunde gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Futter.
Dabei ist die Steuerreform eigentlich keine echte Reform, sondern eine Anpassung der sechs Steuerstufen. Diese werden ab 1. Jänner 2016 zu einer Entlastung der Lohnsteuer im Umfang von 5,1 Milliarden Euro führen. Davon fließen rund 100 Millionen Euro an Familien, 100 weitere Millionen sollen gezielt die Wirtschaft ankurbeln.
Unterdessen wies der Fiskalrat darauf hin, dass nach dem Reformbeschluss dringend Reformschritte im Bereich Föderalismus, Transfers, Verwaltung, Bildung, Pensionen und Gesundheit gesetzt werden müssen, die insbesondere „auf Effizienzsteigerung ausgerichtet sein“ sollten. Nur so könne die „Ausgabendynamik eingedämmt werden“. Anderenfalls könne Österreich die Fiskalregeln nachhaltig nicht einhalten.
Hier die Eckpunkte:
Tarifreform | ||
4,9 Milliarden Euro | Lohnsteuersenkung |
insbesondere Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen Die daraus gewonnenen Mittel sollen in einen Österreich-Fonds fließen, um Forschungs- und Bildungsmaßnahmen zu finanzieren.
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100 Millionen Euro | Familien | Aufstockung des Kinderfreibetrages von 220 auf 400 Euro |
Pendlerzuschlag |
Der Arbeitnehmerabsetzbetrag wird in den Verkehrsabsetzbetrag integriert. Anhebung auf künftig 400 Euro anstatt derzeit 345 Euro Erhöhung des Pendlerzuschlags für Geringverdiener |
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400 Millionen Euro | Niedrigverdiener | Anhebung der Negativsteuer von 110 auf max. 400 Euro |
Kleinpensionisten | Steuergutschrift von max. 110 Euro | |
100 Millionen Euro | Standortpaket 2016 |
Erhöhung der Forschungsprämie von 10 auf 12 Prozent |
200 Millionen Euro | Standortpaket 2017 | |
Gegenfinanzierung | ||
850 Millionen Euro | Selbstfinanzierung | durch Konjunkturbelebung, mehr Konsum |
1,9 Milliarden Euro | Ahndung von Steuerbetrug | |
darunter | 900 Millionen Euro |
Einführung der Registrierkassenpflicht für Betriebe ab einem Nettoumsatz von 15.000 Euro |
700 Millionen Euro | Lockerung des Bankgeheimnisses (Prüfung von Unternehmenskonten ohne Gerichtsbeschluss) |
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200 Millionen Euro |
Bekämpfung von Sozialbetrug |
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100 Millionen Euro | Mehreinnahmen aus Mehrwert- und Mineralölsteuerbetrug | |
1,1 Milliarden Euro | Einsparungen bei Förderungen und Verwaltung | aufgeteilt zwischen den Gebietskörperschaften nach dem Finanzausgleichsschlüssel noch keine Details: „sinnvolle Einsparungen“ bei Förderungen, Kostendämpfung in der Verwaltung Prüfung der Umsetzung durch eine unabhängige Monitoringstelle Bericht alle sechs Monate |
900 Millionen Euro | Streichung von Steuerausnahmen | |
darunter | 26 Millionen Euro Anhebung von derzeit begünstigten Mehrwertsteuersätzen von 10 auf 13 Prozent (Hotelübernachtungen, Tierfutter, Museum- und Theaterkarten oder Blumen) aber erst ab 1. April 2016 |
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15 Millionen Euro Höherbesteuerung von privat genutzten Dienstwagen: (erhöhter) Sachbezug von 2 Prozent der Anschaffungskosten bei Pkws mit einem CO2-Ausstoß von mehr als 120 g/km | ||
sowie | Auslaufen der Absetzmöglichkeiten bei Wohnraumbeschaffung sowie für Altersvorsorge, bestehende Verträge (bis maximal fünf Jahre) ausgenommen | |
Reduzierung des Abschreibungssatzes von gewerblichen Immobilieneinheitlicher Satz von 2,5 Prozent (Abschreibung über 40 Jahre) | ||
350 Millionen Euro |
Solidaritätspaket "Vermögensbezogene" Steuern |
Erhöhung der Kapitalertragssteuer (KESt) auf Dividenden Anhebung der Immobilienertragssteuer von 25 auf 30 Prozent |
35 Millionen Euro | Anhebung der Grunderwerbssteuer |
Beim Schenken und Erben innerhalb der Familie auf Basis von Verkehrswerten statt auf Basis des dreifachen Einheitswerts Erhöhung des Freibetrages für Unternehmensübertragungen zweckgebunden für kommunale Infrastruktur Für Härtefälle insbesondere im Tourismusbereich sollen noch Lösungen erarbeitet werden. Gesamtaufkommen soll durch die Neuregelung aber nicht sinken |