Bildnachweis: alphaspirit - Fotolia
Am 8. Mai 2015 endete die Begutachtungsfrist für eine weitere Novelle zum Bundesvergabegesetz, die Anfang September in Kraft treten soll. Einigen in Aussicht genommenen Neuerungen kann aus Auftraggebersicht durchaus einiges Positives abgewonnen werden, manche lassen hingegen erhöhten Aufwand erwarten.
Von Prof. Dr. Michael Breitenfeld und Mag. Robert Ertl, Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG
2016 wird es voraussichtlich zu einer umfassenden Novelle des BVergG kommen, da die neuen Vergaberichtlinien der EU umgesetzt werden müssen. Davor erfreut uns der Gesetzgeber im Herbst allerdings noch mit einer „kleinen“ Novelle des BVergG, die aber durchaus erhebliche Auswirkungen auf die Vergabepraxis haben könnte.
Bereits jetzt gibt das Gesetz dem Bestbieterprinzip, also dem Zuschlag auf das qualitativ und preislich günstigste Angebot den Vorzug. Da genaue Regelungen allerdings fehlen, gaben Auftraggeber in der Praxis, wohl auch unter dem Druck des immer stärker werdenden Spardrucks, dem Billigstbieterprinzip den Vorzug. Dem soll die Novelle insofern entgegenwirken, als nunmehr acht Fälle vorgegeben werden, bei denen zwingend auch Qualitativkriterien vorzusehen sind. Neben den „Klassikern“ wie der Vergabe von geistigen Dienstleistungen, der Zulässigkeit von Alternativangeboten bei der funktionalen Leistungsbeschreibung oder der Unmöglichkeit einer globalen Preisgestaltung wegen der Natur der Sache oder der mit der Leistungserbringung verbundenen Risiken, sind dies nunmehr auch das Abrücken von geeigneten Leitlinien. Dies gilt ebenso für Bauaufträge, welche die gleichzeitige Ausführung und Planung des Bauvorhabens umfassen, sofern die Planung nicht bloß unwesentlichen Charakter hat. Weiters aber auch bei Vergaben, bei denen im Rahmen der Angebotsbewertung mit der Leistung im Zusammenhang stehende zukünftige laufende bzw. anfallende kostenwirksame Faktoren wie z. B. Betriebs- und Erhaltungsarbeiten, Serviceleistungen, erforderliche Ersatzteil-Lagerhaltung, Entsorgung udgl. berücksichtigt werden sollen.
Insolvenzen minimieren
Mit dieser Maßnahme soll der zunehmende Preisdruck auf die Bieter vermindert werden. Der Umstand, dass sogar große Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern auf Grund der angebotenen Dumpingpreise in die Insolvenz geschlittert sind, hat hier Handlungsbedarf vermuten lassen.
Allerdings wird das Erfordernis, nunmehr vermehrt Qualitätskriterien festlegen zu müssen, sowohl im Stadium der Ausschreibungsgestaltung als auch im Stadium der Angebotsprüfung zu einem erhöhten Arbeitsaufwand führen. Immerhin müssen Kriterien gefunden werden, die tatsächlich eine Vergleichbarkeit der Angebote ermöglichen und es ist die Qualitätsprüfung aufgrund der Kriterien auch nachvollziehbar – also auch entsprechend dokumentiert – durchzuführen. Die Preisprüfung wird dem Auftraggeber hierdurch natürlich nicht erspart. Demgegenüber steht die Aussicht, qualitativ hochwertigere Leistungen zu erhalten und der Umstand, dass sich die Unternehmen nicht weiterhin in einem schonungslosen Preiskampf in die Insolvenz bieten.
Dieser Preisdruck hat in der Vergangenheit auch zu vermehrten Problemen mit Lohn- und Preisdumping geführt. In diesem Zusammenhang ist auch die Anpassung hinsichtlich der Verpflichtung des Auftraggebers zu sehen, hinkünftig bei jenen Unternehmern, die für den Zuschlag in Frage kommen und den von diesen benannten Subunternehmern eine Auskunft aus der zentralen Verwaltungsstrafevidenz des Kompetenzzentrums Lohn- und Sozialdumping Bekämpfung bei der WGKK einzuholen. Hier ist anzunehmen, dass die meist der bei Erbringung von Eignungsnachweisung verwendeten elektronischen Verzeichnisse (wie insbesondere der ANKÖ) diese Anfragemöglichkeit in ihr Service aufnehmen.
Änderungen kommen auch im Bereich der Subvergaben:
In Zukunft müssen Bieter bereits im Angebot alle Teile des Auftrages angeben, die an Subunternehmer vergeben werden sollen und Bieter müssen auch alle weiteren Unternehmer, die Auftragsteile übernehmen sollen, angeben, also z. B. auch Subsubunternehmer. Um aber bei Aufträgen, bei denen mit einer hohen Menge von Subunternehmern zu rechnen ist, nicht vor einem kaum bewältigbaren Prüfaufwand zu stehen, ist vorgesehen, dass Auftraggeber bei Vorliegen von sachlichen Gründen von dieser Verpflichtung zur Offenlegung Abstand nehmen können. In einem solchen Fall hat der Bieter dann - wie aktuell - auch nur jene Subunternehmer anzugeben, die wesentliche Teile des Auftrages übernehmen sollen oder zum Nachweis der Eignung benötigt werden. Die Bekanntgabe der sonstigen Subunternehmer hat in einem solchen Fall dann spätestens zum Zeitpunkt des Beginns der Auftragserbringung zu erfolgen. Ebenso bekanntgeben und genehmigen lassen muss sich der Auftragnehmer einen beabsichtigten Subunternehmerwechsel oder die zusätzliche Heranziehung eines solchen. Unverändert bleibt, dass Subunternehmer nur zum Einsatz kommen dürfen, wenn diese für die Erbringung des entsprechenden Leistungsteils auch geeignet sind.
Nachdem die bisher dargestellten Änderungen durchwegs mit mehr Arbeit für Auftraggeber verbunden sind, nunmehr ein positiver Aspekt der Novelle: Nach der Novelle können Auftraggeber bei Bau- oder Dienstleistungsaufträgen, aber auch bei Verlege- oder Installationsarbeiten, bestimmte Leistungsteile bestimmen, die vom Bieter selbst zu erbringen sind. Solche Leistungsteile dürfen also nicht an Dritte weitergegeben werden.
Zwei mit der Novelle eintretende Veränderungen waren aufgrund von grundsätzlichen Gerichtsentscheidungen erforderlich, die eine für Auftraggeber durchaus positiv, die zweite jedoch schließt eine nicht unbeliebte Rechtschutzlücke:
Zunächst ist nunmehr auch im Oberschwellenbereich bei der Wahl der Verfahrensart der geschätzte Auftragswert des jeweiligen Loses relevant und nicht der Gesamtauftragswert.
Die zweite Neuregelung betrifft die ex-ante Transparenzbekanntmachung. Bis zu einer im Jahr 2014 ergangenen Entscheidung des EuGH war ein Auftraggeber nach Ablauf der Stillhaltefrist vergaberechtlich in Sicherheit. Dies ist er nach Inkrafttreten der Novelle nur mehr dann, wenn der Auftraggeber unter Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt bei der Verfahrenswahl nicht davon ausgehen konnte, dass ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zulässig war. Andernfalls ist auch nach Ablauf der Stillhaltefrist eine Nichtigerklärung des Vertrages möglich. Es empfiehlt sich somit, jedenfalls die Gründe und Überlegungen zur Wahl des Verfahrens im Vergabeakt festzuhalten.
Insgesamt ist der Novelle anzumerken, dass der Gesetzgeber vorrangig bemüht ist, in den gegenständlich wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen fairen und wirtschaftlich vernünftigen Wettbewerb zu gewährleisten und in Folge auch eine allfällige Ausbeutung von Dienstnehmern auf Grund des massiven Preisdrucks zu verhindern. Selbst wenn der Aufwand für Auftraggeber dadurch wohl steigt, bleibt zu hoffen, dass den entsprechenden Regelungen der Novelle Erfolg beschieden ist.