Bildnachweis: Ocskay Bence - Fotolia.com
Zum Verordnungs-Entwurf des BMWFW über „Standes- und Ausübungsregeln für die Organisation von Personenbetreuung“ nimmt Katarína Staroňová, Bereichssprecherin Pflegebetreuung der Grünen Wirtschaft, Stellung.
Transparente Kostenaufstellung für Betreuungsbedürftige
Vermittler zwischen Betreuungsbedürftigen und pflegenden Personenbetreuern sind künftig zur Transparenz hinsichtlich der vermittelten Pflegeleistung und damit verbundener Kosten verpflichtet. Das schafft Sicherheit und Vergleichbarkeit am Markt und ist zu begrüßen. Im Sinne der Kostenwahrheit und -sicherheit für PersonenbetreuerInnen fordert Staroňová: „In der Entgeltregelung muss ein Bruttosatz angeführt sein, in welchem auch der SVA-Beitrag explizit ausgewiesen ist. Nur das schafft Kostentransparenz.“
Weiters sei eine Koppelung des vereinbarten Werklohnes an die (sich allfällig verändernde) Pflegegeldstufe bei der – jedenfalls schriftlichen! – Vertragserrichtung anzustreben: „Der Mehraufwand im Falle des sich verschlechternden Gesundheitszustands einer betreuungsbedürftigen Person wird vom Staat über die Pflegestufenregelung abgegolten. Der Gesetzgeber hat sicherzustellen, dass dieses Geld zweckdienlich verwendet wird und dort ankommt, wo die Mehrleistung erbracht wird – nämlich bei den Pflegekräften.“
Klare Haftungsregelung: Pflichtversicherung
Zur Gewährleistung der wechselseitigen Absicherung ist eine Haftpflichtversicherung auf der Vermittlungsseite zwingend notwendig: „Dies sollte wie in artverwandten Geschäftsfeldern auch bei der Vermittlung und Organisation der Dienstleistung ‚Personenbetreuung‘ obligatorisch sein.“ Eine entsprechende Regelung müsse in den allgemeinen Pflichten der VermittlerInnen festgeschrieben werden.
Um die Notwendigkeit zu verdeutlichen, führt Staroňová an, dass es bei dieser Aufgabe keinesfalls um eine reine „Adressvermittlung“ gehe. Vielmehr werde die Vermittlungstätigkeit oft zusammen mit einer Begleitung während des gesamten Betreuungsprozesses im Leistungskatalog festgeschrieben. Der Vermittler sorgt nicht nur für die gesetzeskonforme „Errichtung“ einer Betreuung, sondern bietet auch laufende Unterstützung bei Problemen und Konflikten, stellt die lückenlose Betreuung bei Ausfall der Betreuungsperson sicher, übernimmt Kontroll- oder Schulungsfunktion, usw. „In Hinblick auf Haftungen bedeutet das für die Vermittler, dass sie für alle vereinbarten und vertraglich zugesagten Leistungen zu haften haben – insbesondere für jene Dienstleistungen, welche gesondert zur Verrechnung gebracht werden“, stellt Staroňová fest.
Unternehmerische Freiheit
Im Sinne der Selbständigkeit und der unternehmerischen Freiheit der direkte Geldfluss von den Empfängern zu den Erbringern der Pflegedienstleistung festzuschreiben: „Auch wenn im Verordnungs-Entwurf der Regelfall einer Direktauszahlung suggeriert wird, wissen wir, dass nach wie vor ein sehr großer Teil der Personenbetreuer ihren Werklohn auf dem Umweg über eine vermittelnde Agentur erhalten. Dies ermöglicht kreative Formen von Missbrauch und Ausbeutung – einzig dadurch, dass ein Vermittler vollen Zugriff auf den Werklohn der betreuenden Person hat. Aufgrund von meist ungleichen Machtverhältnissen ist die Durchsetzung individueller Interessen der Betreuer – etwa bei unzulässigen Abzügen – beinahe unmöglich. Ein Verbot der Inkasso-Übertragung ist daher dringend notwendig.“
Eingeschränkt werde die unternehmerische Freiheit auch durch die im Entwurf angeführte „Unterstützung bei der An- und Abreise“, die (ausländischen) Pflegekräften durch die Vermittler zukommen solle. Für Staroňová ist das inakzeptabel: „Die Praxis zeigt, dass Personenbetreuer gezwungen werden, eine ‚Taxi-Vereinbarung‘ einzugehen, bei welcher die An- und Abreise zu völlig überhöhten Preisen erfolgt.“ Seitens der Transportbetreiber erfolgen später Provisionszahlungen an die Vermittlungsagentur. „Die Betreuer hingegen erhalten, wenn überhaupt, eine formlose Zahlungsbestätigung. Damit generieren Vermittlungsagenturen Erlöse, ohne Umsatz zu verzeichnen“, so Staroňová. Vermittelt wird der „Reiseservice“ als unentgeltliche Leistung.
Generell reagiert Staroňová mit Unverständnis darauf, so genannte „Zusatzleistungen“ für Personenbetreuer zu verrechnen: „Einige im Entwurf beispielhaft angeführte ‚laufende Leistungen‘, welche den Betreuern angelastet werden könnten – etwa Konfliktbereinigung, Prüfung des Betreuungsbedarfs oder gar die Organisation einer Vertretung (!) – grenzen an eine Ermunterung zur Ausbeutung.“ Zumindest, so Staroňová, müsse die Möglichkeit bestehen, diese „einzeln kündigen“ zu können.
„Die Tendenz „laufende Leistungen“ den Betreuern anzulasten, führt zu einer Umgehung von Konsumentenschutzbestimmungen und schafft ein faktisches Angestelltenverhältnis ohne ArbeitnehmerInnenschutzregelungen“, zeigt sich Staroňová besorgt. „Dem Versickern von Fördergeldern via üppiger Zahlungen der Betreuer muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden“, fordert sie abschließend.
Der Verordnungs-Entwurf ist über die Website des BMWFW einsehbar. Die Frist zur Begutachtung endet am 25. September 2015.