Bildnachweis: DSE/Martin Juen
Über 1.800 Besucher kamen zur achten Jobmesse des Dachverbands sozial-ökonomischer Betriebe Wien, die erstmals im Rathaus stattfand. Das große Interesse an den Infoangeboten und Workshops zeigt die hohe Motivation, mit der Ältere an die Jobsuche gehen. Auf diese am Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppe richten sich derzeit die Angebote sozial-integrativer Betriebe. Zahlreiche Jobs konnten bei der Messe direkt vermittelt werden.
Bei der Pressekonferenz bestätigte Wirtschaftsstadträtin und Vizebürger-meisterin Renate Brauner ihre Bedeutung für Wien: „Die sozialintegrativen Betriebe in Wien sind DIE Brücke auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt, weil sie tatsächlich auch Beschäftigung anbieten. Ein Schwerpunkt liegt dabei zu Recht auf der Unterstützung benachteiligter älteren Wiener, die Gefahr laufen, den Anschluss an den Arbeitsmarkt zu verlieren“, so Renate Brauner. Der Themenfokus der Jobmesse lag bei der Generation 50+, der insgesamt derzeit ein Schwerpunkt Wiens sozial-integrativer Unternehmen ist. DSE-Präsident Walter Wojcik: „Zunächst hatten die Betriebe Ängste, aber das Experiment funktioniert sehr gut. Der Arbeitsmarkt verändert sich, es gibt immer wieder auch 60-Jährige, die einen Job finden“. AMS-Wien-Chefin Petra Draxl gibt grünes Licht für Veränderungen: „Wir arbeiten jetzt intensiv daran, die Mittel aufzustellen, um die sozial-ökonomischen Betriebe für eine noch größere Zielgruppe zu öffnen“. „Derzeit deutet alles darauf hin, dass uns das gelingen wird und wir bald schon etwa auch Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Langzeitbeschäftigungslosen unter 50 Jahren den Zugang zum Zweiten Arbeitsmarkt ermöglichen können.“
Schwierige Jobsuche für Silver Ager
Fast jeder vierte Arbeitsuchende in Wien ist über 50 Jahre alt, zugleich steigt aber auch die Beschäftigung in dieser Altersgruppe. Menschen sollen länger im Arbeitsleben bleiben. Die Altersgrenzen für die Pension werden erhöht, umgekehrt sinkt bei vielen Unternehmen die Bereitschaft, ältere Menschen zu beschäftigten. Hier ist ein Umdenken dringend gefragt, denn bereits in wenigen Jahren wird der Großteil der Belegschaft über 45 Jahre alt sein. Als Konsumgruppe sind Best Ager gefragt, doch bei der Jobsuche sind viele mit Diskriminierung konfrontiert. Auf Nachfrage bei einer Bewerbung erhielt Renate Lederer, 53, die Antwort „Bei ihrem Jahrgang schauen wir uns die gar nicht mehr an“. Heute hat die in vielen Branchen versierte Buchhalterin und mehrsprachige Chefsekretärin durch den gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlasser itworks wieder einen Job in einer Steuerberatungskanzlei im 8. Bezirk gefunden. Vorteil des gemeinnützigen Integrationsleasings ist, dene zukünftigen Mitarbeitern im Arbeitsalltag kennenzulernen; eine gute Chance, um Vorurteile abzubauen.
Erfahrung hat viele Gesichter
Individuelle Beratung und Betreuung ist gerade für die Generation Gold auf Arbeitssuche wichtig. So positiv lange und vielfältige Berufserfahrung ist, bringt die persönliche Lebenserfahrung auch den Umgang mit Verlusten und manchmal mit körperlichen Schwächen mit sich. Oft erfordert dies, sich mit 50 noch einmal beruflich völlig neu zu orientieren. So war es bei Vesna Fikic. Viele Jahre arbeitete sie als Kellnerin und Produktionsarbeiterin, als sie 2012 arbeitslos wurde. Körperliche Probleme und persönliche Schicksalsschläge warfen sie eine Zeit lang aus der Bahn. Durch die intensive Unterstützung von FAB (Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung) und dem gemeinsamen Suchen nach Alternativen kam sie zu einer Ausbildung als Heimhelferin. Am Tag nach dem Abschluss trat sie bereits ihren Job im Obdachlosenheim „Haus Leo“ an.
Die vielfältigen Stärken der Erfahrung sichtbar machen ist die Kernidee, der biografieorientierten Kompetenzenbilanz, die Job-TransFair Menschen ab 55 Jahren anbietet. Gerade ältere Arbeitsuchende brauchen ein breit gefächertes Netzwerk an Unternehmenskontakten, über das sozial-integrative Betriebe verfügen. Zum Glück für Dieter Bonau, der durch die Beratungsstelle EUSPUG wieder einen Job fand. Der studierte Betriebswirt legte in den 90er Jahren eine beachtliche Karriere in der Druckbranche hin. Er baute Standorte in der Schweiz und Deutschland auf, bis das Unternehmen in die Insolvenz schlitterte und in Teilbereiche zerschlagen wurde. Morgen tritt der 57-Jährige in Frankfurt seinen neuen Job als Controller an und widerlegt damit ein gängiges Vorurteil, Älteren mangle es an Flexibilität und Lernbereitschaft.