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Der Finanzausgleich wird neu geregelt. Doch ein großer Wurf ist kaum zu erwarten. Obwohl die Details der Verteilung seit Jahren heftig kritisiert werden, ist auch diesmal keine nachhaltige Reform in Sicht.
Von Elisabeth Wolfbauer-Schinnerl
Diesmal muss man zu einer Einigung kommen, denn das entsprechende Gesetz (FAG 2008) läuft mit Jahresende aus, nachdem es bereits zweimal verlängert wurde. Ein Indiz dafür, dass es sich bei der Neuordnung der selbst für Experten kaum überschaubaren Finanzverflechtungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden um einen komplizierten Eingriff handelt, für den es offenbar keine Lösung gibt.
Aber warum ist eine Reform so schwierig? Grundsätzlich soll der Finanzausgleich eine gerechte Verteilung der Finanzmittel des Staates auf die einzelnen Gebietskörperschaften sicherstellen. Doch wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Vor allem der abgestufte Bevölkerungsschlüssel steht in der Kritik, da er für große Städte mehr Mittel bereitstellt. Der Gemeindebund fordert daher seine Abflachung bzw. Abschaffung. Außerdem würden im FAG aktuelle Entwicklungen zu wenig berücksichtigt. Verteilungskriterien, die sich am Ausgleich regionaler Unterschiede oder an den tatsächlichen Aufgaben der Gemeinden orientieren, kämen zu kurz. Der Gemeindebund stellt daher klar, dass die Anteile der Gemeinden an den Ertragsanteilen nicht gekürzt werden dürfen. Vielmehr seien Lösungen anzustreben, damit die Schere zwischen den Gemeinden schrittweise geschlossen wird. Gemeindeeigene Steuern müssten erhalten bleiben, die Grundsteuer gehörte reformiert.
Wer bekommt wie viel?
Letztlich geht es bei den Verhandlungen um viel Geld und die Frage, wer bekommt wie viel und wofür? In fünf Schritten werden über den Finanzausgleich jährlich rund 9,5 Mrd. Euro an die Gemeinden verteilt. 2014 gingen davon rund 866 Mio. Euro vorab als Gemeindebedarfszuweisungsmittel an die Länder, 8,3 Mrd. Euro wurden als Ertragsanteile direkt an die Gemeinden ausbezahlt. Gleichzeitig erhielten die Gemeinden von den Ländern 1,67 Mrd. Euro Transferzahlungen z. B. für Kinderbetreuung und Bedarfszuweisungen. Rund drei Mrd. Euro gingen als Umlagen (Krankenanstalten-, Sozialhilfe- und Landesumlage) von den Gemeinden an die Länder. Insgesamt ergab sich daraus ein negativer Transfersaldo für die Gemeinden in Höhe von 1,4 Mrd. Euro.
Quelle: KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung
Vor allem im letzten Schritt passiert viel: Hier fließt mehr Geld von den Gemeinden an die Länder als wieder zurück. So weist die Gemeinde Tweng einen durchschnittlichen negativen Transfersaldo von 928 Euro pro Kopf und Jahr auf. Auf Rang 2 und 3 folgen Sattledt (-809 Euro) und Unterach am Attersee (-729 Euro). Die geringsten negativen Transfersaldi gibt es bei burgenländischen Gemeinden. De facto finanzieren die Gemeinden also die Länder. Weshalb der Bund nun eine eigene Steuerhoheit für die Länder fordert. „Derzeit ist es sehr bequem: Die Länder definieren die Leistungen und die Gemeinden zahlen mit. Sinnvoll wäre aber eine Zusammenführung der Aufgaben, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung“, sagt Karoline Mitterer, Expertin für Finanzausgleich beim KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung.
Quelle: KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung
Nicht jede bekommt gleich viel
"Derzeit ist es sehr bequem: Die Länder definieren die Leistungen und die Gemeinden zahlen mit. Sinnvoll wäre aber eine Zusammenführung der Aufgaben, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung“, sagt Karoline Mitterer, Finanzexpertin beim KDZ. |
Eine wichtige eigene Einnahmequelle der Gemeinden ist die Grundsteuer. Auch hier liegen die westlichen Gemeinden voran. Auf Platz 1 landet Warth mit 604 Euro pro Kopf, gefolgt von Lech (590 Euro) und Untertauern (576 Euro). Unter den Top 25 findet man keine einzige Gemeinde aus den östlichen Bundesländern. Diese Unterschiede in der Finanzstärke der Gemeinden sollen über das komplexe Verteilungssystem im Finanzausgleich kompensiert werden. Dabei sind die Ertragsanteilsverteilung sowie das Transfersystem sehr komplex. Für die Ertragsanteile der Gemeinden ist der abgestufte Bevölkerungsschlüssel von zentraler Bedeutung. Hinzu kommen ein Ressourcenausgleich sowie diverse Fixschlüssel, wie etwa bei der Getränkesteuer. Dies führt dazu, dass Gemeinden – selbst bei gleicher Gemeindegröße – durch den Finanzausgleich unterschiedlich ausgestattet werden. Graz bekommt von den großen Städten aufgrund der Anwendung von Fixschlüsseln bei der Bildung von Ländertöpfen bei den Gemeindemitteln die geringsten Ertragsanteile pro Kopf, während Innsbruck und Salzburg an der Spitze liegen.
Hinzu kommen noch einzelne Finanzzuweisungen des Bundes, wie etwa der Gemeindekopfquotenausgleich oder die Finanzzuweisungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die weitaus größten Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden ergeben sich jedoch durch die Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden. Die Transfersysteme innerhalb der Länder sind dabei sehr unterschiedlich, wodurch sich für einzelne Gemeinden deutliche Unterschiede in der Finanzmittelausstattung ergeben.
Die Reformen des Finanzausgleichsgesetzes haben zwar zu einer Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels geführt, gleichzeitig haben sie die Intransparenz erhöht. Grundsätzlich verfügen Gemeinden in Stadtregionen im Durchschnitt über eine deutlich höhere finanzielle Ausstattung als Gemeinden im ländlichen Raum.
Auch die Gemeindebedarfszuweisungen werden an das jeweilige Bundesland übergeben und von diesen nach eigenen Grundsätzen vergeben. „An dieser Weitergabe gibt es sehr große Kritik, da nicht nachvollziehbar ist, was mit diesen Mitteln bezweckt wird und wer diese eigentlich bekommt“, sagt Mitterer.
Quelle: KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung
Heftige Kritik
Auch der Rechnungshof kam zu interessanten Ergebnissen. So betrugen die durchschnittlichen Ertragsanteile je Einwohner im Jahr 2013 rund 871 Euro. Aber für zwei Drittel der Bevölkerung (ohne Wien), die in 2.106 Gemeinden (89,5 Prozent) lebten, gab es weniger. Dafür erhielten 22 Gemeinden mehr als 1.157 Euro je Einwohner. Insgesamt waren die Unterschiede beträchtlich: Die Spanne reichte von 653 Euro (Grambach) bis 2.189 Euro (Tweng). Unter den Gemeinden mit hohen Ertragsanteilen je Einwohner befanden sich auch Landeshauptstädte wie Salzburg oder Innsbruck sowie größere Städte wie Wels oder Villach. Eine Verknüpfung zwischen vergebenen Finanzmitteln und tatsächlichen Aufgaben war dabei nicht gegeben. So erhielt etwa Melk – als Bezirkshauptstadt und lokales Zentrum mit kleineren umliegenden Gemeinden – mit 751,78 Euro je Einwohner in etwa gleich viele Ertragsanteile wie Katzelsdorf, das als deutlich kleinere Gemeinde an Wiener Neustadt angrenzt (754,62 EUR). Die Berechnung der Gemeindeertragsanteile war hochkomplex, was deren Zuteilung nicht nur fehleranfällig, sondern für einzelne Gemeinden auch schwer nachvollziehbar machte.
Quelle: KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung
Intransparente Zuteilung
Gemäß FAG 2008 überweist das BMF die Gemeindeertragsanteile an die Länder. Diese stellen sie den Gemeinden in Form von 13 Vorschüssen je Jahr und einer Zwischenabrechnung im Folgejahr zur Verfügung. In Summe waren zuzüglich zu den jeweiligen Verteilungsbeträgen (Ertragsanteile abzüglich Bedarfszuweisungen, Getränkesteuerausgleich, Werbeabgabe) für die Berechnung 14 weitere Informationen nötig. Davon waren sechs rein historische Größen. In fünf von acht überprüften Ländern war die Berechnung fehlerhaft. Der Rechnungshof empfahl daher eine Zusammenführung der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung.
Eine Studie der TU Wien und des KDZ kommt zum Ergebnis, dass ein moderner Finanzausgleich zum einen für einen regionalen Ausgleich sorgen und zum anderen ausreichend Mittel für die Erfüllung der Aufgaben einer Gemeinde zur Verfügung stellen muss. Voraussetzung dafür wäre die Festlegung jener öffentlichen Güter und Dienstleistungen, die eine Gemeinde zu erbringen hat. Eine solche Liste fehlt. Auch der Städtebund schließt sich dieser Forderung an. Dabei sollte die Finanzierung direkt vom Bund an die Erbringer der Leistung erfolgen. Wichtig ist weiters die Zusammenführung der Finanzierungs- und Aufgabenverantwortung. Kindergärten würden dann z. B. zur Gänze durch die Gemeinden erbracht und finanziert werden, die Sozialhilfe nur mehr durch die Bundesländer. Dadurch würden viele Verflechtungen, Transfers und Umlagen zur Gänze entfallen.
Gleichgewicht von Lasten- und Ressourcenausgleich
Gleichzeitig müsse eine Reform auch die Finanzierung der Basisaufgaben, Sonderlasten und zentralörtlichen Aufgaben der Städte sicherstellen. Die spezifischen urbanen Zentrumslasten müssten anerkannt und abgegolten werden.
Ein Beispiel: Als Folge des verpflichtenden Kindergartenjahres wurden Kindergärten bundesweit stark ausgebaut. Vor allem größere Städte sind dabei in der Lage, die Schließtage gering zu halten und bieten ihr Angebot auch für Unter-Dreijährige bzw. in Nachmittagsbetreuung an – hier versorgen regionale Zentren ihr Umfeld mit.
Karoline Mitterer sieht neben einem Lasten- auch einen Ressourcenausgleich als wichtigste Säule eines Finanzausgleichs: „Ressourcenausgleich heißt, dass diejenigen, die mehr Mittel aus Steuereinnahmen haben, mehr bezahlen, damit die, die weniger eigene Steuereinnahmen haben, darauf zurückgreifen können.“ Ziel eines Finanzausgleiches müsse es sein, keine Ungleichheiten entstehen zu lassen, aber gleichzeitig dafür zu sorgen, dass derjenige, der mehr leistet, auch mehr Mittel dafür bekommt. Das KDZ hat dafür bereits einen konkreten Vorschlag ausgearbeitet. Darin gibt es drei Töpfe mit folgender Dotierung: 40 Prozent Basisaufgaben, 40 Prozent sozio-demografische Aufgaben, 20 Prozent zentrale Orte. Ein Lastenausgleich ist vor allem für Orte mit zentralörtlicher Funktion wichtig. So stellt etwa Hollabrunn die Infrastruktur für die gesamte Region zur Verfügung. Hingegen gibt es im Süden von Wien Städte in vergleichbarer Größe, die sehr stark von Wien profitieren – hier ist kein Theater und kein eigenes Fußball-Stadion notwendig.
Doch wie es derzeit aussieht, wird von den ambitionierten Zielen nicht viel übrig bleiben. Geeinigt hat man sich bisher nur in zwei Punkten: einen Kostendämpfungspfad im sozialen und Krankanstalten-Bereich und mehr Mittel vom Bund für die Kinderbetreuung.